Trinkwasserhygiene

Wenn der Start zum Problemfall wird

Mittwoch, 26.10.2016

Auch sollte einer möglichen Forderung nach mehr Routinemessungen im Bereich der Trinkwasserverteilung in Gebäuden nicht mit Argwohn entgegengetreten werden. In Deutschland werden in jedem Neubau bereits stichprobenartig mikrobiologische Kontrollen vor der Übergabe durchgeführt, aber nicht veröffentlicht. Zwar können solche Kontrollen die Risiken nicht direkt minimieren, sie könnten aber ein gewissenhafteres Vorgehen bei der Installation eines Verteilsystems fördern. Zudem können sich Planer, Installateure und Eigentümer basierend auf der mikrobiologischen Kontrolle im Rahmen der Übergabe besser absichern. Denn werden mikrobiologische Probleme erst nach der Übergabe aufgedeckt, ist es für alle Beteiligten oft schwierig bis unmöglich, herauszufinden, ob der Ursprung des Problems in der Bauphase oder an einem ungenügenden Routinebetrieb lag. Zusätzlich würden solche Datenerhebungen das Wissen im Bereich der Trinkwassermikrobiologie erweitern und Erkenntnisse liefern, die wiederum zur Optimierung genutzt werden könnten. Eine flächendeckende Kontrolle jeder Zapfstelle in einem Gebäude wäre aber nicht sinnvoll und für die Routinelabors nicht zu bewältigen.

Zudem sollte in diesem Zusammenhang die Entwicklung von neuen mikrobiologischen Analysemethoden sowie deren Akzeptanz kontinuierlich vorangetrieben werden. Die heutigen Analysemethoden beruhen auf Kultivierungsverfahren, die nur einen sehr kleinen Teil der Bakterien erfassen und zeitaufwendig sind. Gerade im Bereich der spezifischen Plattierung von Krankheitserregern können die Resultate je nach Lage drastische Maßnahmen zur Folge haben [8]. Verbesserte und schnellere Analysemethoden, wie zum Beispiel die Durchflusszytometrie oder molekularbiologische Methoden, können akkuratere Aussagen liefern, die Routinekontrollen erleichtern und mehr Sicherheit bieten. Mit dem Einsatz neuer Analyseverfahren müsste auch die Probennahme optimiert werden, was ebenfalls ein Forschungsschwerpunkt im aktuellen KTI-Projekt ist.

Empfehlung

Zusammenfassend würde sich eine optimale Inbetriebnahme aus Sicht der Autoren wie folgt gestalten:

• Dichtheitsprüfung mit inertem Gas (trocken),

• innerhalb von 48 Stunden: Erstbefüllung mit Hygienefilter einhergehend mit Festigkeitsprüfung (nass), Systemdesinfektion, direkter Anschluss an die Trinkwasserversorgung mit anschließender Kaltwasserspülung.

• Vermeidung längerer Stagnationszeiten bis zur Übergabe (Spülung alle 3 bis 7 Tage manuell oder automatisiert, festzulegen in den Planungsunterlagen),

• stichpunktartige Probennahme kurz vor Übergabe.

Die Diskussion zu möglichen Verbesserungen und Maßnahmen sollte sich aber in einem realistischen Bereich bewegen, sodass die Installationsarbeiten letztlich noch durchführbar sind. Wie in diesem Artikel aufgezeigt wurde, können mikrobiologische Kontaminations­risiken bereits mit einfachen Mitteln und einem überschaubaren Aufwand reduziert werden. Auch wenn auf einer realen Baustelle der Zeitdruck groß ist, viele Parteien involviert sind und es meist anders zu- und hergeht als geplant, sollte im Bereich der Trinkwasser-Installation auf eine sauber durchgeführte Erstbefüllung und Inbetriebnahme geachtet werden. Zeit und Kosten bei der Trinkwasserverteilung einzusparen, kann schnell zu einem Bumerang-Effekt führen.

Architekten, Planer, Installateure sowie der Eigentümer sind gemeinsam verantwortlich für den Bau und die Inbetriebnahme einer hygienisch einwandfreien Trinkwasserverteilung. Der Aufwand ist in jedem Fall gerechtfertigt, sodass unser wichtigstes Lebensmittel, das mit großer Sorgfalt aufbereitet und reingehalten wird, in der gleichen Qualität am Wasserhahn entnommen werden kann, wie es geliefert wird.

Literatur

[1] Hammes, F. et al. (2007): Flow-cytometric total bacterial cell counts as a descriptive microbiological parameter for drinking water treatment processes. Water Res., 42: 269-277

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