„Pseudomonas aeruginosa“ ist ein Pionier im Besiedeln von neuen Oberflächen. Das Bakterium kann effizient Biofilme ausbilden und stellt dabei geringe Ansprüche an die Umweltbedingungen. Der Temperaturbereich, in dem sich „P. aeruginosa“ vermehren kann, reicht von 9 bis 42 °C, weshalb der Stamm besonders für den Kaltwasserbereich relevant ist. Auch in Systemen mit bereits etablierten Biofilmen kann sich „P. aeruginosa“ trotz des dort herrschenden Konkurrenzkampfes einnisten [7].
Legionellen hingegen sind anspruchsvoller. Bei der Erstbesiedlung von Oberflächen haben Legionellen keine Relevanz, da sie sich bevorzugt in bereits existierende Biofilme einnisten. Hinzu kommt die Fähigkeit von Legionellen, sich in Amöben zu vermehren, die ein fester Bestandteil in wasserführenden Systemen mit etablierten Biofilmen sind und die sich von den im Biofilm lebenden Bakterien ernähren. Nehmen Amöben beim „Abgrasen“ des Biofilms Legionellen auf, können sie diese nicht verdauen. Die Legionellen vermehren sich stattdessen in der Amöbe weiter und ernähren sich von deren Stoffwechselprodukten.
Am Ende des Zyklus platzt beziehungsweise lysiert die Amöbe, und die so freigesetzten Legionellen haben für mehrere Tage eine gesteigerte Infektiosität. Legionellen vermehren sich in einem Temperaturbereich von 25 bis 55 °C. Sie bevorzugen vornehmlich Warmwassersysteme, können sich aber auch in Kaltwasserleitungen mit moderaten Temperaturen etablieren und aufwachsen [8].
Vieles hat sich verändert
Im Verlauf der letzten 50 Jahre hat die Trinkwasserverteilung in Gebäuden starke Veränderungen erfahren. So haben sich die Entnahmestellen vervielfacht und mit ihnen die Strecke des Leitungsnetzes. Hinzu kommt die standardisierte Bereitstellung von Warmwasser, wodurch sich die Größe des Verteilnetzes im Gebäude nochmals verdoppelt. Ebenfalls vielfältig gestaltet sich heutzutage die Material- und Produktsituation sowie die unterschiedlichen Ansätze der Leitungsführung [9].
Diese Entwicklung führt zu beeindruckenden Zahlenverhältnissen. Laut einer Studie aus Columbia, Missouri, macht die Gesamtlänge der Rohrleitungen in Gebäudeinstallationen heute im Schnitt 82 Prozent der Rohrlänge des gesamten Versorgungssystems aus. Außerdem befinden sich 24 Prozent der Rohroberflächen des Gesamtversorgungssystems innerhalb von Gebäuden, wobei das Wasservolumen in Gebäudeinstallationen gerade mal 1,6 Prozent des Volumens eines Versorgungsnetzes ausmacht [11].
Doch nicht nur die Trinkwasserverteilung in Gebäuden hat sich verändert. Auch der Endverbraucher erfährt einen Wandel, den Kistemann et al. [9] wie folgt zusammenfasst: „... Schließlich ist zu erwähnen, dass sich nicht nur die Nutzungen, sondern auch die Nutzer verändert haben. Der Anteil alter, pflegebedürftiger oder immungeschwächter Menschen im häuslichen Umfeld nimmt aufgrund der demographischen Alterungsentwicklung, des medizinischen Fortschritts und der Verlagerung der Patientenpflege in das häusliche Umfeld ständig zu. Zusammengefasst bedeutet dies, dass moderne Trinkwasser-Installationen höchst komplexe Konstruktionen sind, die Wasser für unterschiedlichste Nutzungen bereitstellen, welches von Menschen genutzt wird, die in zunehmender Zahl eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber umweltbedingten Infektionen aufweisen.“
In der Sanitärbranche hat sich das Bewusstsein für die hygienische Situation der Trinkwasserverteilung in den letzten Jahren weiterentwickelt und zunehmend an Wichtigkeit gewonnen. Die Bedeutung des Faktors Hygiene wird unterstrichen durch eine umfangreiche Erhebung von deutschen Gesundheitsbehörden aus dem Zeitraum 2003 bis 2009, die zeigte, dass gesundheitsrelevante mikrobielle Kontaminationen in Trinkwasser-Installationssystemen durchaus Realität sind. So wurden die Resultate von rund 30.000 Wasserproben aus über 4.400 öffentlichen Gebäuden zusammengefasst.