Trinkwasserhygiene

Wenn der Start zum Problemfall wird

Mittwoch, 26.10.2016

In 13 Prozent der Proben wurde der technische Maßnahmewert für Legio­nellen (1.000 KBE/l) überschritten und in 3 Prozent der Proben wurden Pseudomonaden nachgewiesen [9]. Im Jahr 2013 analysierte das Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen des Kantons St. Gallen 49 Wasserproben aus unterschiedlichen Hotels. Davon wurden 14 Proben in Bezug auf Legionellen beanstandet, was einem Anteil von 28 Prozent entspricht [12].

Information über Krankheitserreger im Leitungsnetz.
Quelle: Kötzsch

Immer wieder auftretende Problemfälle in Neubauten haben dazu geführt, dass auch die Erstbefüllung einer Trinkwasser-Installation sowie die Situation bis zur regelmäßigen Nutzung vermehrt in den Fokus gerückt sind. Genaue Zahlen zu Problemfällen, die durch eine mangelnde Erstbefüllung und Inbetrieb-nahme generiert wurden, existieren jedoch nicht, da solche Fälle meist nicht veröffentlicht werden. Des Weiteren fehlen repräsentative Daten zu Routinekontrollen vor der Übergabe von neuen Verteilsystemen. Fest steht aber, dass die Beseitigung eines mikrobiologischen Problems – wenn es überhaupt entdeckt wird – meist viel Zeit in Anspruch nimmt und hohe Kosten nach sich zieht. Im Extremfall ist die Stilllegung einer neuen Installation und der Austausch einzelner oder aller Komponenten unumgänglich [9, 13].

Die Prävention bietet in diesem Zusammenhang das größte Vermeidungspotenzial mit Bezug auf mikrobiologische Probleme. Sie umfasst das Einbringen neuer Erkenntnisse in den Ausbildungs- und Weiterbildungsbereich, die Verwendung zertifizierter Materialien, eine geordnete Planung sowie Organisation des Bauablaufes, die Erstbefüllung des Systems mit hygienisch einwandfreiem Wasser, die Regelung der Situation zwischen Erstbefüllung und Übergabe sowie ein optimales Systemmanagement während des Betriebs durch den Eigentümer [9].

Im Folgenden wird aufgezeigt, dass bereits effektive Lösungen im Rahmen der Erstbefüllung existieren. Diese sollten fester Bestandteil der Routineanwendung werden, um das Risiko einer mikrobiologischen Kontamination bei der Erstbefüllung ohne größeren Aufwand zu reduzieren.

Darstellung zum Aufbau der Testsysteme.
Quelle: Kötzsch
Schematische Darstellung zum Aufbau der Testsysteme sowie dem Vorgehen bei deren Erstbefüllung (M = Material, TW = Trinkwasser).

Verringerung von Risiken durch Prävention

Sobald ein neues Rohrleitungssystem mit Wasser gefüllt wird, kommt es zur Erstbesiedelung der Rohrinnenoberflächen durch die im Trinkwasser lebenden Mikroorganismen. Die biologische Stabilität eines Trinkwassers in neuen Gebäudeverteilsystemen wird während der ersten Wochen bis Monate durch neue Leitungs- und Dichtungsmaterialien generell beeinträchtigt [14]. Kommen noch bauliche Verunreinigungen und lange Stagnationszeiten hinzu, führt dies zu einem zusätzlichen Nährstoffeintrag und in der Folge zu einem chaotischen und unkontrollierbaren mikrobiellen Aufwuchs (Abb. 2).

Werden für die Erstbefüllung des Verteilsystems verkeimte Gerätschaften wie zum Beispiel Schläuche und Pumpen oder nicht hygienisch einwandfreies Wasser verwendet, nehmen unerwünschte Mikroorganismen aus den Biofilmen der Gerätschaften oder dem verunreinigten Wasser am Besiedlungswettkampf im Neuverteilsystem teil (Abb. 1). Dies gilt auch für zertifizierte Schlauchprodukte und Gerätschaften, die mehrfach mit einwandfreiem Wasser verwendet und nicht nach jeder Verwendung ausreichend desinfiziert werden.

Um das Risiko einer mikrobiologischen Kontamination durch bauliche Verunreinigungen sowie verminderter Wasserqualität bei der Erstbefüllung zu reduzieren, wurde an der Eawag im Rahmen des KTI-Projektes „Materialien“ in Kontakt mit Trinkwasser die Effektivität von zwei möglichen Präventivmaßnahmen an zwei automatisierten Testsystemen untersucht.

Aufbau und Betrieb der Testsysteme

Der Aufbau der Testsysteme erfolgte durch die Projektpartner Geberit International AG und GF JRG AG. Jedes der beiden Testsysteme bestand aus drei identischen Blöcken, wobei sich jeder Block aus drei unterschiedlichen zerti­fizierten Kunststoffrohren zu je drei Rohrsträngen zusammensetzte. Alle Rohrstränge waren in 30 cm lange Segmente unterteilt und durch Kupplungen des jeweiligen Montagesets verbunden (Abb. 3). Die Segmentierung der Rohrstränge ermöglichte eine regelmäßige Beprobung der Biofilmphase. Für die Analyse der Wasserphase wurde zudem am unteren Ende jedes Rohrstranges ein Entnahmehahn aus Metall angebracht. Die Bau­gleichheit der Testsysteme ermöglichte den direkten Resultatevergleich von zwei Standorten und die Rückführung potenzieller Unterschiede auf die lokalen Trinkwasserbeziehungsweise Umgebungstemperaturen als mögliche Ursachen. Während die Umgebungstemperatur am Standort (A) bei konstanten 21 °C lag, schwankte sie am Standort (B) saisonal mit der Außentemperatur und betrug bei der Inbetriebnahme ca. 12 °C.

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