Die präventive Desinfektionsspülung in Block 3 wirkte sich ebenfalls positiv auf eine übermäßige Einnistung des Indikatorstamms aus. An beiden Standorten war die Zahl der KBE von „Pseudomonas spp.“ niedriger als in Block 1 ohne Präventivmaßnahmen. Während „Pseudomonas spp.“ am Standort (B) nur noch vereinzelt und in sehr niedriger Zahl nachweisbar war, zeigte sich dieser Effekt nicht ganz so deutlich am Standort (A). Wie auch bei der TZZ, könnten die unterschiedlichen Temperaturen der Grund hierfür sein (Abb. 6).
Um die Reaktion der Mikrobiologie auf die eingesetzten Rohrmaterialien abzubilden, wurden alle Analyseresultate der beiden Testsysteme auf das jeweilige Material gemittelt. In Abbildung 7 wird deutlich, dass die TZZ der drei verwendeten Rohrprodukte einem klaren Trend folgten. So lieferte Material 1 das höchste Aufwuchspotenzial, gefolgt von Material 2 und Material 3. Dieselbe Reihenfolge konnte auch mit dem Materialtest „BioMig“ unter Laborbedingungen vorausgesagt werden, einem Methodenpaket, das zur Ermittlung des maximalen Einflusspotenzials von Materialien in Kontakt mit Wasser dient (Abb. 8) [16].
Auch die Werte zur Plattierung von „Pseudomonas spp.“ lieferten interessante Resultate mit Bezug auf die unterschiedlichen Materialien. So lagen die KBE-Werte für Material 1 am tiefsten, obwohl dieses Material die höchsten TZZ und somit das höchste Aufwuchspotenzial lieferte. Die Materialien 2 und 3 wiesen hingegen höhere KBE-Werte auf (Abb. 7). In vorangegangenen Labortests konnte gezeigt werden, dass unterschiedliche Bakterienarten gewisse Rohrmaterialien bzw. deren Migrationsstoffe bevorzugen [16].
Fazit: verbessern, aber nicht übertreiben
Die Resultatlage der Versuche an den Testsystemen verdeutlicht, dass das Potenzial einer Kontamination bei der Erstbefüllung von neuen Leitungssystemen real ist und weitreichende Konsequenzen für den späteren Betrieb haben kann. Trotz optimaler Spülzeiten im Anschluss an die 24-stündige Kurzstagnation nach Erstbefüllung setzten sich die Indikatororganismen ohne Präventivmaßnahmen im Block 1 der beiden Testsysteme über die gesamte Experimentdauer hinweg fest. Mit der Verwendung des Hygienefilters am Block 2 der Testsysteme konnte das Kontaminationsrisiko deutlich minimiert werden.
Auch die 30-minütige Desinfektion am Block 3 zur Eliminierung von möglichen baulich bedingten mikrobiologischen Kontaminationen hatte einen reduzierenden Einfluss auf die Ansiedlung der Indikatororganismen. Eine solche Desinfektionsspülung wurde bereits 2009 vom Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) für die Erstbefüllung von Verteilsystemen empfohlen [17]. In öffentlichen Neuinstallationen des Hauptverteilnetzes sind solche Desinfektionsspülungen fester Bestandteil des Bauablaufes und sollten es auch im Bereich der Gebäudeinstallationen werden.
In der Realität erfahren neue Verteilsysteme in Gebäuden meist noch erhebliche Stagnationszeiten von mehreren Wochen bis Monaten während und nach der Bauphase. Dadurch nimmt das Risiko eines unkontrollierten mikrobiologischen Aufwuchses zu. Die Folge ist ein möglicher Befall durch Legionellen, die bei einer Erstbefüllung normalerweise keine Rolle spielen.
Liegt erst einmal eine Kontamination durch problematische Mikroorganismen vor, können betroffene Systeme meist nur mit einem hohen Aufwand nachhaltig dekontaminiert werden [9, 13].
Lange Stagnationszeiten sollten verhindert werden, indem Neuinstallationen zunächst nur mit inerten Gasen auf ihre Dichtheit geprüft werden und die Festigkeitsprüfung mittels Wasser kurz vor der eigentlichen Inbetriebnahme der Installation erfolgt. Können längere Stagnationszeiten nach Anschluss an den Trinkwasseranschluss nicht vermieden werden, bieten sich wiederholte manuelle oder automatisierte Spülungen in kurzen Zeitintervallen an. Eine Spülung sollte mindestens alle sieben Tage erfolgen, optimal wäre eine Spülung alle drei Tage. Es empfiehlt sich, das regelmäßige Spülen einer Neuinstallation während der Bauphase bis zur Übergabe an den Eigentümer auch in den Planungsunterlagen aufzuführen.