Also: bleibt der Weg über die Systemtemperaturen. Aus gutem Grund aber nur unter bestimmten, klar definierten Rahmenbedingungen, hat seinerzeit schon Viega als „thread opener“ erklärt. Schließlich bestimmen neben der Wassertemperatur genauso der Wasseraustausch, die Durchströmung und der Nährstoffgehalt die Trinkwasserhygiene. Man muss das Ganze unbedingt im Gesamtzusammenhang sehen.
Planer denken ganzheitlich
Dies wohlwissend unterstrich jedoch schon im Rahmen des Viega-Symposiums M. Eng. Michael Krendel aus Sicht eines TGA-Fachplaners (mit besonderer Expertise zur Umsetzung des Passivhauskonzeptes auf Nichtwohngebäude) die dringende Notwendigkeit, die Aufgabenstellungen „Steigerung der Energieeffizienz“ und „Erhalt der Trinkwassergüte“ künftig planerisch stärker miteinander zu verbinden. Krendel ist für das Architektur- und TGA-Planungsbüro Carsten Grobe Passivhaus (passivhaus.de) in Hannover tätig: „Mit unserer eigenen Immobilie als Testobjekt entwickeln wir Lösungen wie beispielsweise unser PVT-System, das als Wärmequelle für eine Wärmepumpe dient. Gegenüber einem konventionellen Gebäude ist der Anteil der Energie zur Warmwasserbereitung im Passivhaus höher als die zum Heizen oder Kühlen benötigte Energie. Hier kann vielleicht der Ansatz der Ultrafiltration dazu beitragen, Warmwassertemperaturen zu senken und so das Wärmepumpensystem noch effizienter machen.“
Das entscheidende Stichwort in diesem Statement lautet dabei „Ultrafiltration“, also der gleichzeitig überprüfte Entzug des Nährstoffangebotes für Legionellen. Anfang 2019 wurde dazu an der Technischen Universität Dresden sogar ein Forschungsprojekt („ULTRA-F – Ultrafiltration als Element der Energieeffizienz in der Trinkwasserhygiene“) gestartet. In dem wird unter Leitung von Dr.-Ing. Karin Rühling unter anderem die hygienische Stabilität einer Trinkwasseranlage bei Absenkung der Systemtemperaturen von Trinkwasser warm auf beispielsweise 48/45 °C untersucht. Die Liste der Verbundprojektpartner unterstreicht die Bedeutung, die das Forschungsvorhaben hat. Mit dabei sind nämlich das Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene (IMMH) an der TU Dresden; das Universität Bonn Universitätsklinikum Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit (IHPH); die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, das Institut für Infektionsmedizin (INF), Medizinaluntersuchungsamt und Hygiene (HYG); das Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasserforschung (IWW) und nicht zuletzt das DVGW Technologiezentrum Wasser Dresden (TZWDD).
Optimale Betriebsbedingungen nötig
Um die ganzheitliche Betrachtung mit dem Ziel der Temperaturabsenkung in der PWH-Installation geht es aktuell auch den Schweizern, den Fachleuten vom Ingenieur- und Architektenverein SIA. Die haben nämlich mit genau diesem Ziel die Normen SIA 385/1 und /2 in Arbeit – und stoßen auf klaren Widerstand des SVGW, des Schweizer Vereins des Gas- und Wasserfachs. Die 55-Grad-Marke haben die Ingenieure zur Disposition gestellt, mit dem Ziel „der Effizienzverbesserung bei Wärmepumpen und Solarkollektoren“, so Dipl.-Ing. Jürg Nipkow als Präsident der Normenkommission SIA 385 (s. Hinweis): „Die noch geltende SIA 385/1:2011 fordert 60 °C am Ausgang des Wassererwärmers, 55 °C in den warmgehaltenen Leitungen und 50 °C an den Entnahmestellen. Wenn Trinkwasser mehr als 24 Stunden zwischen 25 und 50 °C verweilt, muss es vor der Nutzung thermisch desinfiziert, d.h. während 1 Stunde auf 60 °C erwärmt werden (,Legionellenschaltung‘). Diese ,Ausnahmeklausel‘ wurde 2014 vom Bundesamt für Gesundheit als nicht kontrollierbar beanstandet, was die Revision der SIA 385/1 auslöste.