Trinkwasserhygiene

Wie Planer und Vermieter das Risiko von Legionellenbefall minimieren können

Montag, 09.11.2020

Der Erhalt der Trinkwasser-Hygiene setzt den „bestimmungsgemäßen Betrieb“ einer Trinkwasseranlage voraus. Dieser geht von einem...

...regelmäßigen und vollständigen Wasserwechsel an jeder Entnahmestelle aus. Vielen Mietern ist dieses Erfordernis jedoch nicht bekannt. Vielmehr sind sie stetig bemüht, ihre Betriebskosten zu senken. Dadurch geraten auch vorbildlich geplante und korrekt ausgeführte Trinkwasser-Installationen in Gefahr – und damit die Trinkwassergüte in der Wohnung. Planer und Vermieter müssen das heutige Nutzerverhalten als Ursache von Legionellenbefall in Betracht ziehen. Sie können das Risiko minimieren.

Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) regelt mit einschlägigen Hinweisen den fachgerechten Betrieb von Trinkwasser-Installationen. TGA-Planer und Fachhandwerker berücksichtigen die TrinkwV bei der Planung und Installation, so dass hygienische Risiken für die Nutzer gar nicht erst entstehen dürften. Dieses Wissen zum fachgerechten Betrieb dringt jedoch nur langsam zum Gebäudeeigentümer vor – und noch langsamer bis zum Nutzer. Dadurch können mikrobielle Kontaminationen im Trinkwasser von Nutzungseinheiten und Wohnungen entstehen, die allein auf einen unzureichenden Wasserwechsel zurückzuführen sind. Und das, obwohl die zuführenden Leitungen Wasser von einwandfreier Beschaffenheit liefern.

Das Robert-Koch-Institut konnte einen großen Teil der gemeldeten Legionellenfälle dem häuslichen Umfeld zuordnen – fast 80 Prozent.
Quelle: Robert-Koch-Institut (RKI)
Bild 1: Das Robert-Koch-Institut konnte einen großen Teil der gemeldeten Legionellenfälle dem häuslichen Umfeld zuordnen – fast 80 Prozent.

Die Krux liegt also darin, dass Vermieter und Mieter oftmals ihre Verantwortungsbereiche und die Konsequenzen aus einem unzureichenden oder zu seltenen Wasserwechsel nicht kennen: Für die hygienisch einwandfreie Trinkwassergüte in den zuführenden Leitungen bis zu den Wohnungen steht allein der Hauseigentümer in der Pflicht. Ist dort die Qualität in Ordnung, nicht aber an den Entnahmestellen innerhalb einer Wohnung, liegt dies im alleinigen Verantwortungsbereich des Mieters, soweit die Installation auch dort den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T.) entspricht.

Trinkwasser muss regelmäßig untersucht werden. Die Pflicht zur Prüfung des Trinkwassers auf Legionellen in Großanlagen in Wohnbauten besteht seit 2011. Eine aktuelle Auswertung des Robert-Koch-Institutes (RKI) zeigt, dass fast 80 Prozent der gemeldeten und einem Entstehungsort zuordenbaren Legionelleninfektionen in Deutschland im häuslichen Umfeld entstehen (Bild 1). Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass bei Verstößen gegen die Untersuchungspflicht nicht nur ein Bußgeld, sondern unter Umständen auch erhebliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche für die betroffenen Mieter beziehungsweise deren Erben drohen.

Zusätzlich senkte der Bundesgerichtshof (BGH) 2015 die rechtlichen Voraussetzungen zur Beweisführung durch den geschädigten Mieter und erweiterte den Zeitraum für mögliche Schadensersatzansprüche auf die Zeit vor Ende 2011 und damit vor dem Inkrafttreten der eigentlichen Untersuchungspflicht (BGH, 06.05.2015 – VIII ZR 161/14). Weiterhin ist nach Ansicht von Richtern ein Mietobjekt schon dann mangelhaft, wenn es nur in der Befürchtung einer Gefahrverwirklichung genutzt werden kann (AG Dresden, Urteil vom 11. November 2013 – 148 C 5353/13 –).

Tabelle 1: Hygienisch akzeptable Stagnationszeiten und daraus abzuleitende Maßnahmen gemäß Regelwerk.
Quelle: Umweltbundesamt (UBA)
Tabelle 1: Hygienisch akzeptable Stagnationszeiten und daraus abzuleitende Maßnahmen gemäß Regelwerk.

Was ist eine Betriebsunterbrechung?

Im Regelwerk festgelegt sind Zeiträume für einen bestimmungsgemäßen Betrieb von Trinkwasser-Installationen (Tabelle 1). Sie zeigt zudem auf, was bei Betriebsunterbrechungen zu tun ist. Schon nach maximal drei Tagen liegt gemäß VDI 6023 eine Betriebsunterbrechung vor, der mit Gegenmaßnahmen begegnet werden muss. Allerdings kann dieser Zeitraum auch auf die maximal sieben Tage der DIN EN 806-5 ausgedehnt werden, wenn die Sicherheit dieser Fristverlängerung durch hygienische Untersuchungen belegt werden kann – wobei solche hinsichtlich ihrer Kosten-Nutzen-Relation kaum sinnvoll sein können.

Bei den genannten Zeitspannen handelt es sich um reine Erfahrungswerte und nicht um wissenschaftlich belegbare Fristen. Daher können sie je nach Gegebenheiten nach oben oder auch nach unten abweichen. Denn ein übermäßiges Bakterienwachstum hängt immer von mehreren Faktoren gleichzeitig ab, so dass man auch in Zukunft keine exakteren Stagnationszeiten erwarten darf. Aus Erfahrung weiß man jedoch, dass die aktuellen Erfahrungswerte ausreichend sicher sind.

Von Peter Arens
Leiter Produktmanagement, Schell GmbH & Co.KG
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