Trübung kein Thema
Als Beleg für diese Position hatte die Grefer GmbH erstens Analysen des örtlichen Gesundheitsamts vorgelegt, wonach die Trübung des Wassers in Holsterhausen teilweise den empfohlenen Wert um den Faktor zehn und mehr in der Vergangenheit überstieg, was also auf erhebliche Verunreinigungen zum Zeitpunkt der Schadensauftritte hindeutet. Zum Zweiten präsentierte der Kläger ein Gutachten von Prof. Dr.-Ing. Feser, Geschäftsführer des An-Instituts für Instandhaltung und Korrosionsschutztechnik an der Fachhochschule Südwestfalen. Korrosionsexperte Ralf Feser hatte die halbharten Kupferrohre im Labor unter die Lupe genommen und eine erhebliche Rauigkeit gemessen. Die unterstütze die Anlagerung von Schmutzpartikeln, sodass es zur Bildung von galvanischen Elementen und damit zur Lochfraßkorrosion kommen könne.
Die Rechtsanwälte führten noch weitere Details zugunsten des Handwerkerunternehmens auf, doch zu technischen Diskussionen kam es vor dem OLG nicht. Dafür war den Richtern offensichtlich die Materie auch viel zu fremd. Mitentscheidend für die Zurückweisung der Berufung war die Passage in dem Gutachten Peglow, die sich mit dem Spülen der Rohre befasste. Grefer hatte nach der Installation die Rohre mit Druckluft zur Dichtheitsprüfung abgedrückt. Der Anlagenbauer hielt sich damit an die Vorgaben des ZVSHK-Merkblatts „Dichtheitsprüfungen von Trinkwasser-Installationen mit Druckluft, Inertgas oder Wasser“. Das empfiehlt den Einsatz von Druckluft, „wenn eine längere Stillstandzeit von der Dichtheitsprüfung bis zur Inbetriebnahme bei durchschnittlichen Umgebungstemperaturen zu erwarten ist, um mögliches Bakterienwachstum auszuschließen“. Das heißt, Wassersäcke und Totzonen sind vor allem in den unendlich langen Rohrleitungen in Krankenhäusern, Altenheimen und ähnlichen Institutionen nicht auszuschließen. Deshalb sollten solche Rohrleitungen trocken bleiben.
ZVSHK-Merkblätter uneinheitlich
Demgegenüber sagt eine andere ZVSHK-Arbeitshilfe, nämlich das Merkblatt „Spülen, Desinfizieren und Inbetriebnahme von Trinkwasserinstallationen“: Um die erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung von Verunreinigungen „so gering wie möglich halten zu können, ist es notwendig, bei Installations- und Instandsetzungsarbeiten den Eintrag von Verunreinigungen weitestgehend zu vermeiden. Vorausgesetzt, dass eine saubere Installation durchgeführt wurde, ist ein intensives Spülen der Rohrleitungen mit Wasser in der Regel ausreichend.“ Das heißt also, chemische Verunreinigungen, wie zum Beispiel Lochfraß begünstigende Biofilme, beuge man am besten mit Durchblasen der Leitungen mit trockener Luft vor, mechanische Verunreinigungen spüle man mit Wasser aus. Peglow: „Danach gefragt, ob die Dichtheitsprüfung mittels Druckluft auch der Beseitigung von etwaigen Verunreinigungen in den Leitungen dient, so ist dies zu verneinen. Die Druckluftprüfung dient allein der Prüfung der Dichtigkeit. Die Reinigung erfolgt durch die Spülung mit Wasser.“
Der Anlagenbauer steht damit vor einem Problem. Das erhöht sich noch, wenn man sowohl Dr. Angelika Becker vom IWW-Zentrum Wasser, Mülheim, sowie den Gutachter hört, die beide meinen, dass sich leider bei der Luftspülung unter Umständen Kondenswasser niederschlägt – deshalb sprechen die Regelwerke von trockener Luft – und das Kondenswasser als Stagnationswasser in Leitungen mit Kupfer auch wieder zu korrosiver Elementbildung auf Basis von Mikroorganismen führen kann. Diese widersprüchlichen Empfehlungen und Aussagen verknüpfte Wolfgang Peglow vor dem Oberlandesgericht Hamm zu einem Gordischen Knoten: „Ich empfehle daher, dass kurz nach der Druckprüfung gespült wird. Das war hier nicht der Fall. Der Zeitraum zwischen der Dichtheitskontrolle und dem Spülen beziehungsweise der Inbetriebnahme war hier sehr lang.“