Wahlfreiheit gefährdet?
Wenn dieser Rückbau oder Ersatz ansteht, werden vielerorten großzügig dimensionierte Verteilnetze aus Guss- oder Eisenrohr gegen erdverlegte Rohrleitungen aus PVC ausgetauscht – und damit die Schutzschicht fördernden Inhibitoren, insbesondere Phosphat für den Schutz des Wasserwerk-eigenen Verteilnetzes, überflüssig. Je nach pH-Wert (>7,4) und TOC-Gehalt (< 1,5 mg/l bei einem pH-Wert 7,0 bis 7,4) des Wassers bleibt das für die Hausinstallation ohne Folgen. Im anderen Fall jedoch sind möglicherweise Probleme mit der Schutzschichtbildung bei Kupferrohren zu erwarten.
In Bestandsanlagen spielt das dadurch erhöhte Korrosionsrisiko zwar angeblich keine nennenswerte Rolle. In Neubauten hingegen würde es aber die Auswahlmöglichkeiten bei den Rohrleitungssystemen für die Häuslebauer einschränken. Insbesondere, wenn diese aus ökologischen, technischen oder auch gesundheitlichen Gründen zudem kein Mehrschichtverbundrohr mit Kunststoff als wasserbenetzter Innenfläche (zumeist PE-Xc) einsetzen wollen. Denn nach wie vor haften solchen Rohrleitungssystemen bekanntlich die schon vor zehn Jahren erhobenen Bedenken an, dass trotz Polymerisation chemische Rohrinhaltsstoffe in nennenswerter Menge in das Trinkwasser migrieren und es entsprechend belasten. Hinzu kommt, dass bei diesen Rohrleitungssystemen im Falle einer thermischen Desinfektion zumindest das Restrisiko einer Schädigung der Rohrinnenoberfläche besteht. In der Folge sind dann sowohl eine verstärkte Chemikalienmigration ins Trinkwasser wie auch eine stärkere Biofilmbildung, als nährstoffreicher Lebensraum beispielsweise für Legionellen, zu erwarten.
Informationsbasis ausreichend?
Fachplaner, Fachhandwerker und ausschreibende Stellen müssten dann also theoretisch in wesentlich stärkerem Maße als bisher die einzusetzenden Rohrleitungsmaterialien auf die anliegenden Wasserqualitäten abstimmen und deren potentiell zu erwartenden Verschiebungen gewissermaßen präventiv berücksichtigen. Inwieweit das auf Basis der aktuell meist nur jährlich veröffentlichten Wasseranalysen der Versorger zu leisten ist, steht zumindest infrage. Dr. Karin Gerhardy vom DVGW – also der Instanz, die Installationskomponenten in Kontakt mit Trinkwasser zertifiziert – kennt diese Problematik natürlich: „Generell gibt es aber bezüglich Auskunftsfreudigkeit bei den Versorgern eine große Offenheit. Tatsache ist aber auch, dass sie sich künftig auf mehr Nachfragen dazu werden einstellen müssen. Vor allem, weil Planer und Fachhandwerker vor der Neuinstallation dann häufiger auf tagesaktuelle Daten zurückgreifen wollen.“ Ob das von diesen in der Praxis tatsächlich zu leisten ist, sei dahingestellt…
Ein weiterer Grund für den Druck auf die Versorger und deren Wasserqualitäten ist die Tatsache, dass die Aufmerksamkeit für gesundes Trinkwasser in der Bevölkerung massiv wächst. Speziell namhafte Anbieter von Tischwasserfiltern oder in der Küche fest installierter Sprudelwasserbereiter haben dazu wesentlich beigetragen. Für diese Endverbraucher muss „das Wasser aus dem Hahn“ nach ihrem Verständnis zwingend gesundheitlich absolut unbedenklich sein – und sie sehen dafür zuvorderst die Versorger in der Pflicht. Ob sie dann mit nur jährlich publizierten Wasseranalysen den Wissensdurst ihrer Kunden zufrie-denstellen können, ist zumindest fraglich.
Zwar wird das Trinkwasser „durch die häufigere Bekanntgabe der Analysewerte auch kein bisschen besser“, wie Professor Dr. Rohns von den Düsseldorfer Stadtwerken es formuliert. Die ohnehin von den meisten Versorgern nahezu täglich durchgeführten Wasseranalysen und die gewissermaßen sekundenaktuellen, internetgestützten Massenmedien aber bieten zweifellos eine mehr als hinreichende Basis, dieses Informationsbedürfnis künftig umfassender zu stillen – und damit die Bedeutung für den Erhalt der Trinkwassergüte auf allen Ebenen der Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung noch stärker als bisher zu unterstreichen.