Trinkwasserhygiene

Sauberes Trinkwasser dank Spülplan und „Impfung“

Freitag, 21.07.2023

1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiteten auf 18 Etagen im Postbank-Turm im Essener Südviertel tagtäglich, bevor Corona dem regen Treiben in dem altehrwürdigen Bau ein Ende setzte. In den Jahren 1963 bis 1967 errichtet, steht das mit über 91 Metern lange Zeit höchste Gebäude der Stadt seit 2010 unter Denkmalschutz.

Quelle: Georg Fischer GmbH
Der Postbank-Turm in Essen wurde in den 1960er-Jahren errichtet und zeichnet sich aufgrund seiner Höhe von 91 Metern durch ein weit verzweigtes Rohrleitungssystem aus. Zwar wurden große Teile des Rohrleitungssystems erst vor wenigen Jahren modernisiert, doch ein deutlich reduziertes Personalaufkommen im Gebäude nach dem Lockdown begünstigte Keim- und Legionellenbildung. Mittlerweile ist das Personal wieder in großen Teilen zurück in der Präsenzarbeit.

Der Koloss in der Kruppstraße zeichnet sich durch ein entsprechend weit verzweigtes Rohrleitungssystem aus. Legionellen und Bakterien haben grundsätzlich gute Chancen, sich in unzureichend durchflossenen Bereichen zu vermehren. Damit die Gesundheit der Angestellten nicht gefährdet wird, entschied man sich für einen dreiteiligen Maßnahmenkatalog inklusive dem zeitlich begrenzten Einsatz einer mobilen Vor-Ort-Desinfektionsanlage. Das System „Hycleen Des 30“ spülte Biofilmablagerungen und Legionellen nachhaltig aus.

Die Verantwortlichen hatten vorgebaut und präventive Maßnahmen ergriffen: Im Postbank-Gebäude war das in die Jahre gekommene Trinkwasserrohrnetz in den Jahren 2014 bis 2017 saniert und ein Großteil der alternden Kupferbestände ersetzt worden. Dennoch ergab eine Wasserprobe bei den jährlich durchzuführenden Trinkwasseranalysen an einer Zapfstelle einen Legionellenwert über der Toleranzgrenze. Auf Anweisung des Gesundheitsamtes führte ein Sachverständiger eine Gefährdungsanalyse durch, bei der weitere Mängel am Trinkwasserrohrnetz festgestellt wurden. Zudem betrug die Wassertemperatur während der Sommermonate – besonders in den oberen Etagen – um die 25 °C in vereinzelten Kaltwasserleitungen.

Keime und Legionellen finden so hervorragenden Nährboden und können sich vermehren. Aufgrund der Coronapandemie änderten sich die Arbeitsbedingungen vor Ort dann maßgeblich: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zogen verstärkt ins Home-office. Nun befanden sich werktags oft nur noch rund 250 Personen im Haus, nicht mal mehr ein Drittel der zuvor üblichen Auslastung war gegeben. Die schnelle und löbliche Schutzmaßnahme hatte wiederum Konsequenzen für die Trinkwasserversorgung. Viele der Entnahmestellen, beispielsweise Wasserhähne und Spülbecken in den Putzräumen, blieben unbenutzt und Trinkwasser stagnierte in vielen Leitungen.

Quelle: Georg Fischer GmbH
Neben den Behältern sind der Steuerschrank, der Prozessschrank sowie die Dosierpumpe wesentliche Bestandteile von „Hycleen Des 30“.

Umfangreicher Spülplan für wenig frequentierte Bereiche

Nach enger Abstimmung mit dem Sachverständigen und dem Gesundheitsamt begann man mit dem vollständigen Rückbau der Totleitungen – ein erster, wichtiger Baustein bei der Mängelbeseitigung. „Parallel dazu wurde ein umfangreicher Spülplan erstellt und von da an zuverlässig umgesetzt“, erinnert sich der zuständige Objektleiter Klaus Ulbrich. „Wasser soll nicht länger als 72 Stunden stagnieren. Um einen längeren, unzulässigen Stillstand zu verhindern, ließen wir wenig frequentierte Entnahmestellen im 48-Stunden-Takt betätigen“, führt er zu den konkreten Maßnahmen aus, die mithilfe der Hausverwaltung forciert wurden. In den Techniketagen und nicht zugänglichen Bereichen des Gebäudes – zwei Etagen sind beispielsweise fremdvermietet – erfolgte die Spülung voll automatisiert. Die Grundvoraussetzungen für nachhaltig sauberes Trinkwasser waren durch die beiden Maßnahmen geschaffen.

Desinfektionslösung automatisch richtig dosiert

Im dritten Schritt ging es darum, den Biofilm aus den Rohrleitungen zu entfernen und die Legionellenkontamination zu beseitigen. Dafür kam „Hycleen Des 30“ ins Spiel, welches im Wesentlichen aus drei Komponenten besteht und im Idealfall in der Nähe des Hausanschlusses temporär in die Trinkwasserinstallation eingebunden wird. Im konkreten Fall mietete der Betreiber die Anlage für ein halbes Jahr. Die zentrale Steuerung erfolgt automatisch, genauso wie die periodische Reinigung des Reaktors. Dafür sorgt die Komponente Calzid-Ex. Eine weitere Komponente ist die hochreine Salzsole und im dritten Behälter lagert die elektroaktivierte Desinfektionslösung „Anolyte Neutral“ mit der Chlorbleichlauge Natriumhypochlorit. Diese wird auf Basis von hochreinem Salz, enthärtetem Wasser und Strom vor Ort hergestellt. Das Gerät produziert „Anolyte Neutral“ bedarfsgerecht, ohne gefährliche oder ätzende Chemie, also frei von Gefahrenstoffen.

Der Vorteil: Es müssen keine erhöhten Sicherheitsauflagen erfüllt werden. Durch eine exakt arbeitende Dosierpumpe wird dem System die Desinfektionslösung zugeführt. Die Zuführung der benötigten Menge in die Trinkwasserinstallation geschieht anhand voreingestellter Werte. Eine Dosierlanze verhindert den Rückfluss in der Dosierleitung und Ablagerungen an der Dosierstelle. „Wir impfen das Natriumhypochlorit während des Betriebes im Gebäude ins Trinkwassernetz ein. Je mehr Trinkwasser entnommen wird, desto mehr Desinfektionslösung wird mithilfe der Dosierpumpe eingebracht“, beschreibt Christian Görsdorf, zuständiger Außendienstmitarbeiter der Georg Fischer GmbH, den Prozess. Heißt selbstverständlich: Eine Durchströmung aller Leitungsteile, durch Entnahmen der Benutzer oder Spülung nach Spülplan muss sichergestellt werden.

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