Trinkwasserhygiene

Kalkschutz mit neuer TrinkwV

Gezielter, präventiver und sicherer

Mittwoch, 22.11.2023

Kalkschutzmaßnahmen in der Trinkwasserinstallation sind mit Sorgfalt auszuwählen, gerade im Hinblick auf die Trinkwasserhygiene.

Das Bild zeigt ein Mädchen, das Wasser aus einer Armatur trinkt.
Quelle: Adobe Stock

Die Sachverständigenpraxis zeigt: Oft führen mangelnde Kenntnis zum hygienisch einwandfreien Betrieb von Wasserbehandlungsanlagen zu vermeidbaren Risiken für Nutzer. Betreiber von Wasserversorgungsanlagen können sich viel Zeit, Aufwand und Kosten sparen, wenn bereits bei der Planung vom ausführenden Installationsbetrieb die richtigen Fragen gestellt werden. Als Leitfaden bietet die neue Trinkwasserverordnung (TrinkwV) neben dem DVGW Arbeitsblatt 551 und der VDI Richtlinie 6023 hier eine aussagekräftige Orientierungshilfe.

Deutlich präziser als in der Vorgängerversion werden jetzt verpflichtende Regelungen vom Rohwasser bis zur Entnahmestelle definiert, auch den Gesundheitsschutz der Verbraucher nimmt die neue TrinkwV 2023 mehr in den Blick. Betreiber von Wasserversorgungsanlagen, die Kalkschutztechnik installieren, unterliegen bei manchen Verfahren noch restriktiveren Bestimmungen im Bereich Informationspflichten und hygienische Anforderungen an Materialien und Werkstoffe als bisher. Grund genug also, die gängigsten Verfahren am Markt hinsichtlich Wirksamkeit, Anwendungsbereiche und Risiken kritisch auf die Probe zu stellen.

Ionentauscher und chemiefreie Kalkschutzverfahren wie Impfkristallbildung (zum Beispiel Biomineralisierung oder elektronisch-physikalische Prinzipien) bieten bewährte Techniklösungen und zertifizierte Kalkschutzwirksamkeit für Trinkwasserinstallationen, je nach Einsatzzweck jedoch spezifische Vor- und Nachteile. Vor der Entscheidung für ein wirksames Kalkschutzverfahren (DVGW W510 und W512 als Prüfgrundlage zur Verminderung von Steinbildung) sollte deshalb immer zunächst geklärt werden, ob die Notwendigkeit technisch ausreichend begründet ist. Die DIN 1988-200 ist für Fachplaner und Installateure die erste zen­trale Planungs- und Entscheidungsgrundlage.

Unter Punkt 12.1 gibt die Richtlinie vor, dass eine Behandlung von Trinkwasser aus der öffentlichen Wasserversorgung mit Ausnahme mechanischer Filter am Hausanschluss zum Schutz vor Partikeln nur in begründeten Fällen erfolgen darf. Enthärten als Präventivmaßnahme ist selten ratsam, da immer das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht verändert wird. Die Korrosivität des Wassers kann sich dabei erhöhen, wenn die Mineralien im Wasser nicht mehr ausreichen, um die Kohlensäure zu binden.

§ 8 (3) TrinkwV 2023 besagt, dass Trinkwasser nicht korrosiv wirken darf. Kommen dann etwa noch Dosiermittel zum Einsatz, um diesem chemischen Prozess entgegenzuwirken, kollidiert die Behandlung des Wassers schnell mit einem grundlegenden Schutzziel der TrinkwV 2023: Das sogenannte Minimierungsgebot § 7 (4) verpflichtet Betreiber, die Konzentration von chemischen Stoffen unter Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) so niedrig zu halten, wie dies mit vertretbarem Aufwand möglich ist. Ergo: Die Wasserbehandlung mit chemischen Stoffen sollte immer nur eine zeitlich begrenzte Übergangslösung sein, um das Risiko vor Verkeimung so niedrig wie möglich zu halten.

Das Bild zeigt Biocat-Anlagen.
Quelle: WATERCryst Wassertechnik GmbH
Chemiefreie Kalkschutzanlagen verändern die Trinkwasserzusammen­setzung nicht. Die Kalkschutzwirksamkeit wird ohne Zugabe von Betriebs­mitteln wie etwa Salz erzielt. Daraus ergibt sich ein enormes Kosteneinsparpotential (Personalressourcen, Betriebskosten, Wasserverbrauch)

Bereits an dieser Stelle wird deutlich, was zu bedenken ist: Enthärten, Dosieren, Desinfizieren – was übliche Sanitärpraxis ist, wird jetzt schärfer reguliert. Neu und durchaus ambitioniert weist § 11 Betreiber von Wasserversorgungsanlagen an, betriebstechnische Änderungen dem Gesundheitsamt zu melden (Fristen beachten!). Weitaus umfangreicher beschreibt der neue Abschnitt 5 mit den §§ 18 bis 26 zugelassene Aufbereitungszwecke und -stoffe. Von Bedeutung ist hier § 20, weil sich dort der so wichtige Verweis auf die vom Umweltbundesamt (UBA) geführte „Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren“ findet. Die UBA-Bewertungsgrundlagen sind gesetzlich verpflichtend. Und schlussendlich regeln § 25 die Dokumentationspflicht, § 26 die Aufzeichnungspflicht sowie § 45 die Informationspflicht der Betreiber gegenüber den Verbrauchern. Diese Paragraphen greifen sowohl bei Nutzung eines Ionentauschverfahrens als auch mit anschließender Zugabe von Dosiermitteln. Deshalb gilt: Welche Maßnahme sich tatsächlich ab welchem Härtegrad empfiehlt, sollte der DIN 1988-200 entnommen werden. Nicht nur aus Sicht der Verbraucher, auch aus Sicht des Sachverständigen, ist die Empfehlung hier eindeutig: Jeder Eingriff in die natürliche Zusammensetzung der Trinkwasserqualität des Wasserversorgers ist im Hinblick auf Trinkwassergüte und Trinkwasserqualität kritisch zu hinterfragen.

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