SHK-Systemtechnik

Einfluss der Strömungsverhältnisse auf die hygienische Qualität des Trinkwassers

Donnerstag, 27.10.2022

Aufbau und Bemessung der Rohrnetze

Die Grafik zeigt horizontal bzw. vertikal ausgerichtete Erschließungskonzepte für Wohn- und Zweckgebäude.
Quelle: Gebr. Kemper GmbH + Co. KG
Bild 2: horizontal bzw. vertikal ausgerichtete Erschließungskonzepte für Wohn- und Zweckgebäude (hydraulisch ungünstigster Fließweg grün markiert)

Damit die Forderung der Trinkwasserhygiene nach einem Rohrleitungssystem mit geringem Wasserinhalt, geringer innerer Rohroberfläche und schnellem Wasseraustausch bei überwiegend turbulenter Durchströmung erfüllt werden kann, muss auf Grundlage der normativen Regelungen in DIN 1988-300 die Bedarfsdeckung mit möglichst geringen Leitungsdurchmessern rechnerisch nachgewiesen werden [3]. Vergleichende Modellberechnungen für eine Trinkwasserinstallation (Krankenhaus mit 200 Nasszellen) auf dieser Grundlage zeigen, dass der Wasserinhalt, der Wasserwechsel und die Qualität der Durchströmung maßgeblich von folgenden Faktoren abhängig sind:

▪ vom Verteilungsprinzip (horizontal oder vertikal ausgerichtet), ▪ vom Einspeisepunkt in die Rohrnetzstruktur (unsymmetrisch/symmetrisch), ▪ vom Aufbau der Stockwerksinstallationen (Stich-, Reihen-, Ringleitungen, Ringleitungen mit Strömungsteilern), und ▪ von der Berechnung des Spitzendurchflusses (Referenzwerte oder Herstellerdaten) [4].

Das Bild zeigt den relativen Wasserinhalt (%) einer Trinkwasserinstallation.
Quelle: Gebr. Kemper GmbH + Co. KG
Bild 3: relativer Wasserinhalt (%) einer Trinkwasserinstallation in Abhängigkeit vom Verteilungsprinzip und dem Einspeisepunkt in die Rohrnetzstruktur und der Berechnungsmethodik

So liefert eine vertikale Erschließung eines Gebäudes über Steigleitungen mit einer näherungsweise symmetrischen (mittigen) Einspeisung in die Rohrnetzstruktur für alle trinkwasserhygienisch relevanten Rohrnetzparameter die besten Ergebnisse (Bild 2 und Bild 3, System 4). Die ungünstigsten Ergebnisse bringt im Vergleich dazu eine horizontal ausgerichtete Rohrnetzstruktur mit einer unsymmetrischen Einspeisung. Dieses Ergebnis ist allein schon dadurch bedenkenswert, weil die aktuell realisierten Rohrleitungssysteme für „Risikoinstallationen“ in Gebäuden des Gesundheitswesens überwiegend dieser aus trinkwasserhygienischer Sicht ungünstigen Netzstruktur folgen (Bild 2 und Bild 3, System 1) [5].

Mikrobiologische Auffälligkeiten des Trinkwassers konzentrieren sich häufig auf Wasserproben, die aus Leitungen kurz vor den Entnahmestellen, den sogenannten Stockwerks- und Einzelzuleitungen, oder auch aus den Entnahmestellen selbst gezogen wurden. Die Häufung auffälliger Ergebnisse aus diesen Leitungsbereichen kann in den meisten Fällen auf einen fehlerhaften Aufbau der Stockwerksinstallation in Verbindung mit einer unzureichenden Nutzung der Entnahmearmaturen zurückgeführt werden. Da in den zugehörigen Installationsräumen zusätzlich noch hohe Umgebungslufttemperaturen vorherrschen, kann es hier – trotz gegebenenfalls hochwertiger Dämmung der Rohrleitungen – zu einer kritischen Erwärmung des Wasserinhalts von Kaltwasserleitungen kommen.

Treffen mit Stagnation bzw. träger Durchströmung und zu niedriger Warmwasser- bzw. zu hoher Kaltwassertemperatur Negativfaktoren aufeinander, kann ein Biofilm mit geringer mechanischer Stabilität an den Rohrwandungen nahezu ungestört aufwachsen. Neben Ausrichtung und Bemessung der Haupt-Verteilungsleitungen hat daher auch der konstruktive Aufbau der Stockwerksinstallation maßgeblichen Einfluss auf die hygienische Qualität des Trinkwassers an der Entnahmearmatur [6]. Stockwerksinstallationen müssen mit der Zielsetzung konstruiert werden, dass sich spätestens mit der Nutzung der angeschlossenen Entnahmearmaturen näherungsweise gleichmäßig über den Tag verteilte vollturbulente Fließvorgänge in allen Teilstrecken einstellen.

Aus trinkwasserhygienischer Sicht ergeben sich in Stockwerksinstallationen die besten Betriebsbedingungen, wenn alle Stockwerksleitungen ohne Unterbrechung gleichmäßig durchströmt werden. Das ist idealerweise der Fall, wenn alle Stockwerksleitungen in eine Warmwasser- bzw. in eine Kaltwasserzirkulation eingebunden sind [7]. Die geforderten Warm- bzw. Kaltwassertemperaturen und die Aufrechterhaltung von konstanten Scherkräften an den Rohrwandungen können dadurch, unabhängig vom Nutzerverhalten, dauerhaft sichergestellt werden. Bei hohen konstanten Scherkräften wird der Biofilm in seiner Mächtigkeit begrenzt und wächst sehr kompakt und fest auf den Grenzflächen, was ein Abreißen stark erschwert. Ohne Zirkulation kann die Durchströmung der Stockwerksleitungen nur durch Wasserentnahmen erreicht werden. Die vorgenannten trinkwasserhygienisch relevanten Parameter sind dann sowohl vom konstruktiven Aufbau der Stockwerksinstallation als auch vom Nutzerverhalten abhängig; Scherkräfte greifen nicht mehr konstant an!

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