Bad

Die Zukunftsstadt und ihre Haustechnik

Donnerstag, 20.08.2015

Als weiteres Beispiel verwies Johanna Wanka auf das BMBF-Programm „Energieeffiziente Stadt“, und zwar konkret auf die energieeffiziente Stadt Delitzsch bei Leipzig. „Die Aufgabe in diesem Programm besteht darin, passgenau für die wirtschaft­lichen und sozialen Möglichkeiten der Einwohner einzelner Städte Konzepte zum Energiesparen zu modellieren, um Reduktionen der Emissionen zu erreichen. Die Stadt Delitzsch belegt, dass man klimaschäd­liche Gase in den Städten deutlich reduzieren kann.“

Für Deutschland und die ganze Welt

„Ich bin überzeugt, dass das Wissen und die Erfahrung auch ausstrahlen können auf andere Städte, wobei diese Transformation bei uns in Deutschland natürlich die typische europäische Stadt betrifft. Wir sind aber, was Klimaschutz, Mobilität, Energieversorgung und viele andere Themen angeht, ein Land, dessen grundlegende Forschung der Entwicklung ebenfalls großen Megastädten, zum Beispiel in Afrika, dient. Dort ist ja allein die Versorgung mit Nahrung ein Problem. Wir sind, weil Stadtentwicklung so wichtig ist, in diesem Wissenschaftsjahr erstmals eine internationale Partnerschaft eingegangen, nämlich mit China. China hat etwa 65 Städte mit mehr als 4 Millionen Einwohnern und rund 20 Städte mit Einwohnerzahlen zwischen 2 Millionen und 4 Millionen.“

Es existierten vielfältige Forschungskooperationen mit dem Reich der Mitte. „Im Mittelpunkt dieser internationalen Kooperation stehen natürlich auch Fragen zur Wasserversorgung. In Wassertechnologie ist ja Deutschland mit ein Spitzenreiter. Auf einer Konferenz im Mai in Shanghai zur Nachhal­tigen Urbanisierung steht sie mit auf dem Programm.“

Symphonie der Stadt

„Das Wissenschaftsjahr ist ein Format, das viele erreichen will. Es oder wir wollen zum Mitmachen anregen. So werden wir mit Hilfe der Handys eine Aktion bundesweit zum Thema ‚Lärm in Städten’ und an unterschiedlichsten Orten anregen, um für diese Stadt ein Tableau zu erfassen, wo es besonders laut und leise ist. Eine solche Aktion wird uns Aufnahmen von Klängen einer Stadt liefern, uns eine individuelle Stadtsymphonie komponieren: Wie klingt eine Stadt?“

Haustechnik – das Strategische Leitthema 5

Die Experten der Nationalen Plattform Zukunftsstadt haben neun strategische Leitthemen (SLT) erarbeitet und geben jeweils zu diesen Leitthemen Forschungsempfehlungen. Diese Leitthemen befassen sich mit der soziokulturellen Qualität und urbanen Gemeinschaften, mit der Optimierung der Verwaltungsorganisation, mit der Erweiterung und dem Rückbau von Siedlungsräumen, mit Mobilität und Warenströmen in der Zukunftsstadt.

Strategisches Leitthema 9 „Daten, Informationsgrundlagen und Wissensvermittlung“ geht im Prinzip auf die Bereitschaft der Bevölkerung ein, den Umbau zu einer Zukunftsstadt zu akzeptieren und mitzugestalten. Zu den empfohlenen Forschungsarbeiten gehört die Analyse von Hemmnissen und Umsetzungsbarrieren bei der Einführung technischer Innovationen, Weiterbildungsangebote für Planer und Handwerker entsprechend den neuen Anforderungen, die Klärung dieser Eigentumsfrage: Wem gehören überhaupt die Daten und wer darf sie in welcher Form verwenden?

Das Strategische Leitthema 5 befasst sich konkret mit „Energie, Ressourcen und Infrastruktursysteme“. Dieser Punkt betrachtet auf allen Ebenen der räumlichen Stadtentwicklung – vom Gebäude über das Quartier und den Stadtteil bis hin zur Gesamtstadt – sämtliche Infrastruktursysteme, wie etwa Energieversorgung, Siedlungswasserwirtschaft, Informations- und Kommunikationssysteme. Mit SLT 5 ist also in großem Maße die Energie-, Versorgungs- und Gebäudetechnik angesprochen.

SLT 5 untergliedert sich in die vier Unterkapitel:

a) Energiebereitstellung

b) Energieverteilung

c) Energiespeicherung

d) Vernetzung und Management energierelevanter Stadtsysteme.

a) Energiebereitstellung

  • Untersuchung, wie sich ein weiterer Ausbau effizienter Energiewandlung (Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung) und der Ausbau von zentralen und dezentralen Wärmenetzen fördern lässt.
  • Weiterentwicklung neuer Kraftwerkstypologien, zum Beispiel Kombikraftwerke (Power-to-Gas-Anlagen).
  • Optimierung und Weiterentwicklung von Technologien zur Nutzung Erneuerbarer Energien (PV, Biomasse etc.) und sektorübergreifender Standards für dezentrale Energie­erzeugungsanlagen.
  • Untersuchung zu Kostensenkungen von Komponenten zur Nutzung Erneuerbarer Energien und von Marktanreizprogrammen zur Verbreitung der Technologieinte­gration, zum Beispiel durch Big-Data-basierte Empfehlungslogiken.
  • Einsatzmöglichkeiten modularer IKT-Management­lösungen und -plattformen zur Kontrolle, Steuerung und Prozessunterstützung weiterentwickeln, beispielsweise M2M-Kommunikation.
  • Analysen von ordnungspolitischen Rahmenbedingungen zur Unterstützung der Integration der Erneuerbaren Energien (zum Beispiel Ausbau Smart Grids, Systemdienstleistungen, Förderung von fassadenintegrierten Solaranlagen).
  • Untersuchung von Fördermöglichkeiten und Hemmnissen bei zivilgesellschaft­lichen Akteuren, insbesondere Energiegenossenschaften.
  • Pilotprojekte für den Ausbau von Erneuerbaren Energien im Stadt­umland inklusive Vernetzung mit städtischem Versorgungssystem fördern.
  • Baukulturelle und ästhetische Integration von Systemen in die Gebäudehülle untersuchen.

b) Energieverteilung

  • Effizienzanalysen der vorhandenen Netze (zum Beispiel Aufzeigen von Energiegewinnen und -verlusten) und Flexibilisierung der Netze hinsichtlich verschiedener Formen der Einspeisung.
  • Strategien und Maßnahmen zur Flexibilisierung der Fernwärme infolge der Einbindung von fluktuierenden Erneuerbaren Energien und Abfall­wärme in die netz­gebundene Versorgung sowie Betreibermodelle (Strom und Wärme/Kälte) entwickeln; Untersuchungen zur Transformation bestehender Hochtemperatur- in eine Niedertemperaturversorgung auf Quartiers-/Stadtebene.
  • Untersuchung und Abbau der Hemmnisse, die dem Ausbau quartiersbezogener Nahwärmenetze und der Anbindung an Fernwärme- und Nahwärmenetze entgegenstehen.
  • Erforschung von Lösungen für eine höhere Energie­effizienz bei der Kälteversorgung durch zentrale und dezentrale Kälteerzeuger (eventuell Einbinden KWK, Adsorptionskälte­maschinen und adiabate Abluft­kühlung, Fern-/Nahkältenetze).
  • Weiterentwicklung eines integrativen Lastmanagements durch Smart Grids, zum Beispiel durch Austausch von Echtzeitinformationen mit modernen IKT-Lösungen.
  • Klärung organisatorischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Fragestellungen beim Aufbau von Smart Grids im Bestand.
  • Klärung des Rechtsrahmens zu einer energieformübergreifenden Vernetzung (Strom, Wärme, Gas, Wasser, Abwasser etc.) im Bereich von Land, Stadt, Quartiers- und Gebäudeebene sowie jeweils über die Bilanzgrenzen einer Ebene hinaus.

c) Energiespeicherung

  • Entwicklung von integrierten Energiespeicher-Managementsystemen unter Beachtung der Versorgungs- und Komfortsicherung; stärkere Integration von Speichertechnologien (Wärme und Strom) und Verknüpfung der Stromerzeugung mit Wärme und Mobilität.
  • Weiterentwicklung dezentraler Speicherkonzepte fördern, Unter­suchungen zur räumlichen Verfügbarkeit der jeweiligen Erzeugungs- und Speichermethoden.
  • Typisierung von Anwendungsfällen beispielhafter Energiespeicher und Energienutzungssysteme in vergleichenden Pilot- beziehungsweise Demonstrations­projekten durch­führen.
  • Integration von Kurz- und Langzeitwärmespeichern im Quartiersmaßstab fördern.
  • Untersuchungen zur Reduzierung der System-, Betriebs- und Lebens­zykluskosten fördern.
  • Entwicklung von Betreibermodellen und inter- wie auch transsektoralen Finanzierungsmethoden.
  • Untersuchung rechtlicher Rahmen­bedingungen für eine Raumplanung im geologischen Untergrund 
auf Landes-, Regions- und Kommunal­ebene zur Sicherung von Speicher­kapazitäten.

d) Vernetzung und Management energierelevanter Stadtsysteme

  • Weiterentwicklung und Erprobung von virtuellen Kraftwerken.
  • Analyse von digitalen Schnittstellen und Entwicklung übergreifender Systemkomponenten zur Steuerung der notwendigen Kommunikationstechnik.
  • Methoden zur anonymisierten und sicheren Daten­erfassung, zum Beispiel für Smart Metering, entwickeln.
  • Kaskadierung und Kopplung von Energieerzeugungs- und An­wendungsprozessen in der Kommune zur maximalen Nutzung möglicher Synergien von Wärme- und Kälte­versorgungsprozessen untersuchen.
  • Entwicklung von sektor- und maßstabsübergreifenden Energie­managementsystemen zur Analyse und Szenarienbildung für die bidirektionale, multimodale und flexible Technologieintegration.
Von Bernd Genath
Düsseldorf
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