SHK-Systemtechnik

Brandschutz für die Wohnraumlüftung: die mineralische Kapselung

Freitag, 22.04.2016

Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) sind für Geschosswohnungsbauten im Bestand unerlässlich, um den Wärmedurchgangskoeffizienten und damit die Verbrauchswerte auf ein zeitgemäßes Maß zu reduzieren. Die dichtere Gebäudehülle zieht für den hinreichenden Luftaustausch aber in aller Regel den Einbau einer dezentralen Wohnraumlüftung nach sich. Brandschutztechnisch lassen sich diese Außenwanddurchlässe über gekapselte Fassadenelemente als integrierter Bestandteil des WDVS absichern.

Dezentrale Lüftungssysteme entsprechen heute dem Niveau zentraler KWL-Anlagen.
Quelle: Lunos
Das Leistungsniveau dezentraler Lüftungssysteme entspricht heute bis hin zum Grad der Wärmerückgewinnung über Keramikmodule durchaus dem Niveau zentraler KWL-Anlagen, so dass auch nachträglich die geforderten Lüftungsstufen bedarfsgerecht zu wirtschaftlichen Konditionen erfüllt werden können.

Die Dämmung der Gebäudehülle gilt als probater erster Schritt, den Wärmebedarf eines Objektes massiv zu verringern. Je nach Ausführung und Rechenweise liegen die berechneten (oder zumindest erwarteten) Einsparungen durch ein WDVS zwischen 40 und 70 Prozent. Vor allem in Geschosswohnungsbauten aus den 60er und 70er Jahren zog das viele Zentimeter starke „Einpacken mit Polystyrol“ aber sofort die nächste Maßnahme nach sich, den Einbau einer dezentralen Wohnraumlüftung. Denn dichte Dämmung war und ist zum einen gleichbedeutend mit deutlich niedrigerem Luftaustausch in den Räumen.

Zum anderen kommt es zu einer Verschiebung des Taupunktes und damit letztlich zum Entstehen von Schimmel, wenn die Nutzer ihr Lüftungsverhalten nicht anpassen. Weil aber das in Gerichtsurteilen (zum Beispiel LG Frankfurt/Main, Urteil vom 7. Februar 2012, Az. 2-17 S 89/11) geforderte „3 bis 4 Mal Stoßlüften pro Tag“ unabhängig von Berufstätigkeit und Schlafenszeiten nicht praktikabel ist, wird der Einbau entsprechender Wohnraumlüftung eigentlich schon allein zum Schutze der Bausubstanz unumgänglich.

Inwieweit hier eine zentrale, wohnungs- oder raumweise Wohnraumlüftung zu bevorzugen ist, hänge dabei immer vom Einzelfall ab, sagt Professor Dr.-Ing. Thomas Hartmann vom Institut für Technische Gebäudeausrüstung (ITG) in Dresden. Er hat als einer der geistigen Väter die Lüftungsnorm DIN 1946-6 „Raumlufttechnik – Lüftung von Wohnungen“, also auch die daraus abgeleitete Forderung nach dem Aufstellen von Lüftungskonzepten entscheidend mit entwickelt und mit verfasst: „Patentrezepte gibt es nicht, es muss im Einzelfall entschieden werden.“

Dezentrale Lüftungssysteme lassen sich wirtschaftlich nachrüsten.
Quelle: Lunos
Die dezentralen Lüftungssysteme lassen sich sehr wirtschaftlich nachrüsten.

Also geht es in die Deklination, was beispielsweise in der und für die Wohnungswirtschaft im Bestand möglich ist:

  • Eine zentrale Zu- und Abluftanlage mag zwar baulich machbar sein. Sie ist aber in aller Regel technisch sehr aufwändig und damit fast nur in Modellversuchen oder Pilotprojekten zu finden. Aber: Diese Variante funktioniert nutzerunabhängig, deckt die vier Lüftungsstufen (siehe Kasten) uneingeschränkt ab und ist energetisch wie brandschutztechnisch vorbildlich.

  • Außenluftdurchlässe in den nicht innenliegenden Räumen und Überströmöffnungen zwischen den Räumen einer Wohnung sowie ein Abluftventilator im innenliegenden Bad nach DIN 18017-3 – das geht eigentlich immer und ist vergleichsweise wirtschaftlich zu realisieren. Aber: Hier erfüllt man nur den Feuchteschutz, und die Küche wird ungewünscht zum Zuluftraum. Dafür gibt es beim Brandschutz über den (Installations)Schacht keine Probleme, weil der in aller Regel ohnehin den F30-/F90-Anforderungen entspricht.

  • Die Querlüftung mit Außenluftdurchlässen (ALD) ist wirtschaftlich zu realisieren, da sie wohnungsweise leicht nachzurüsten ist, also beispielsweise je nach Sanierungsfortschritt und Bedarf. Sie ist als Lüftung zum Feuchteschutz anerkannt.

  • Bei den Einzelraum-Lüftungsgeräten muss grundsätzlich zwischen reinen Außenluftdurchlässen, also passiven Elementen ohne Ventilator, und „dynamischen“ Einzelraumlüftungsgeräten mit aktiver Lüftung über einen Ventilator unterschieden werden (siehe Abb. 1). Bei der Auslegung sind allerdings so genannte Kurzschlüsse, d.h. sich gegenseitig beeinflussende Lüftungsgeräte beispielsweise von übereinanderliegenden Geschossen, zu verhindern, rät Professor Hartmann. Ansonsten, so der Lüftungsspezialist, erfüllen die Einzelraumlüftungsgeräte alle Leistungsanforderungen, die an kontrollierte Lüftungsanlagen zum Feuchteschutz und zum Erhalt der Raumluftqualität gestellt werden (siehe Abb. 2).

Weiterführende Informationen: http://www.wohnungslueftung-ev.de

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