Regelungsbedarf besteht allerdings bei dezentralen Lüftungslösungen über Einzelraumlüftungsgeräte aktuell noch in Sachen „Brandschutz“. Denn während beispielsweise die Absicherung von Raumentlüftungssystemen nach DIN 18017, Teil 3, in Verbindung mit Installationsschächten innerhalb eines Gebäudes über die Landesbauordnungen explizit beschrieben und geregelt ist, fehlen für Einzelraumlüftungsgeräte bislang vergleichbare Vorgaben.
Grundlagenarbeit notwendig
Das „Regelungsdefizit“ hängt zwar eng damit zusammen, dass ALD und Einzelraumlüftungsgeräte keine Wanddurchführungen „durch feuerbeständige Wände oder Decken“ (mit F-Klassifizierung) im Sinne ursprünglicher Definition sind. Davon losgelöst zeigt aber gerade die anhaltende Diskussion um die mögliche Brandlast von Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) die enge Wechselbeziehung zwischen Fassadenbränden und Außenwanddurchführungen zum Zwecke der Wohnraumlüftung auf.
„In der Vergangenheit“, erinnert sich Professor Dr.-Ing. Thomas Hartmann, „gab es zwar gewisse Vorgaben zur Verschließbarkeit von ALD, beispielsweise in der EnEV 2002. Aber die waren eben im Hinblick auf Wärmeverluste verfasst, nicht unter dem Aspekt des Brandschutzes.“ Auch nur noch in der Rückschau als Erwähnung: die etwa zehn Jahre alten Merkblätter des ZIV, die auf Risiken durch Abgase abzielten; das Thema Brand- oder zumindest Rauchüberschlag vom WDVS abtropfend in den ALD also ebensowenig zum Gegenstand hatten.
Ob und inwieweit daraus resultierend auf Strecke gesehen ein ähnlicher Regelungskatalog aufgestellt wird (oder werden sollte) wie bei klassischen Wanddurchführungen durch Brandschutzabschnitte, mag Professor Hartmann dabei derzeit ebenso wenig beurteilen wie die Frage, ob an ALD und Einzelraumlüftungsgeräte ähnliche Prüfanforderungen wie beispielsweise an Brandschutzklappen oder Deckenschotts zu stellen wären: „Es gibt sicherlich technische Tendenzen bis hin zu Sensoren für die Raumluftqualität, die bei den dezentralen Wohnraumlüftungssystemen durchaus auch als Notfallschalter im Brandfalle fungieren könnten. Bis das aber in entsprechenden Regelwerken abgebildet ist, muss zuvor noch wesentliche Grundlagenarbeit geleistet werden.“
Schutzeffekt wie Brandriegel
Bis diese Regelwerke erstellt und anerkannt sind, ist also bei der nachträglichen Ausstattung von Geschossbauten mit einem Wärmedämmverbundsystem in Kombination mit einer raumweisen, dezentralen Wohnraumlüftung der Brandschutz bauseits sicherzustellen. Als anerkannter Stand der Technik gelten dafür DIBt-geprüfte Fassadenelemente mit allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung, die in schwer entflammbaren WDVS nach DIN 4102-1/B1 eingesetzt werden dürfen. Diese Fassadenelemente in der Dämmstärke des WDVS bestehen in der Regel aus einer inneren und äußeren mineralischen Kapselung des Dämmkerns (s. Abb. 3). Er kompensiert mit einem Durchgangskoeffizienten von 0,030 W/m²K einerseits die Verringerung der Wärmedämmschicht im Bereich des Lüftungsspaltes. Andererseits aber wirken die Elemente durch die mineralische Kapselung ähnlich wie die Brandriegel, die für Gebäude mittlerer Höhe beziehungsweise für die Gebäudeklassen 4 bis 5 in jedem zweiten Geschoss oberhalb der Fenster als Schutz gegen eine Brandausbreitung/Brandweiterleitung auf Außenwänden mit WDVS vorgeschrieben sind.
Außenluftdurchlässe oder Einzelraumlüftungsgeräte ohne diesen „baulichen Brandschutz“ stellen hingegen nicht nur ein höheres Brandrisiko an sich dar: Da die ALD die als System geprüfte Konstruktion des WDVS durchbricht, erlischt sofort dessen Zulassung nach DIN 4102-1/B1. Die gedämmte Fassade als solche entspricht also nicht mehr den aktuellen Brandschutzvorgaben für Geschossbauten – mit allen daraus möglicherweise resultierenden Haftungsrisiken für die Betreiber.