SHK-Systemtechnik

Brandschutz für die Wohnraumlüftung: die mineralische Kapselung

Freitag, 22.04.2016

Regelungsbedarf besteht allerdings bei dezentralen Lüftungslösungen über Einzelraumlüftungsgeräte aktuell noch in Sachen „Brandschutz“. Denn während beispielsweise die Absicherung von Raum­ent­lüftungssystemen nach DIN 18017, Teil 3, in Verbindung mit Installationsschächten innerhalb eines Gebäudes über die Landesbauordnungen explizit beschrieben und geregelt ist, fehlen für Einzelraumlüftungsgeräte bislang vergleichbare Vorgaben.

Grundlagenarbeit notwendig

Das „Regelungsdefizit“ hängt zwar eng damit zusammen, dass ALD und Einzelraumlüftungsgeräte keine Wanddurchführungen „durch feuerbeständige Wände oder Decken“ (mit F-Klassifizierung) im Sinne ursprünglicher Definition sind. Davon losgelöst zeigt aber gerade die anhaltende Diskussion um die mögliche Brandlast von Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) die enge Wechselbeziehung zwischen Fassadenbränden und Außenwanddurchführungen zum Zwecke der Wohnraumlüftung auf.

„In der Vergangenheit“, erinnert sich Professor Dr.-Ing. Thomas Hartmann, „gab es zwar gewisse Vorgaben zur Verschließbarkeit von ALD, beispielsweise in der EnEV 2002. Aber die waren eben im Hinblick auf Wärmeverluste verfasst, nicht unter dem Aspekt des Brandschutzes.“ Auch nur noch in der Rückschau als Erwähnung: die etwa zehn Jahre alten Merkblätter des ZIV, die auf Risiken durch Abgase abzielten; das Thema Brand- oder zumindest Rauch­überschlag vom WDVS abtropfend in den ALD also ebensowenig zum Gegenstand hatten.

Ob und inwieweit daraus resultierend auf Strecke gesehen ein ähnlicher Regelungskatalog aufgestellt wird (oder werden sollte) wie bei klassischen Wanddurchführungen durch Brandschutzab­schnitte, mag Professor Hartmann dabei derzeit ebenso wenig beurteilen wie die Frage, ob an ALD und Einzelraumlüftungsgeräte ähnliche Prüfanforderungen wie beispielsweise an Brandschutzklappen oder Deckenschotts zu stellen wären: „Es gibt sicherlich tech­nische Tendenzen bis hin zu Sensoren für die Raumluft­qualität, die bei den dezen­tralen Wohnraumlüftungssystemen durchaus auch als Notfallschalter im Brandfalle fungieren könnten. Bis das aber in entsprechenden Regelwerken abgebildet ist, muss zuvor noch wesentliche Grund­lagenarbeit geleistet werden.“

Professor Dr.-Ing. Thomas Hartmann vom ITG.
Quelle: Lunos
Professor Dr.-Ing. Thomas Hartmann vom ITG sieht in der brandschutztechnischen Regelung von dezentralen Lüftungssystemen zwar mögliche Tendenzen, erwartet aber zuvor noch viel Grundlagenarbeit.

Schutzeffekt wie Brandriegel

Bis diese Regelwerke erstellt und anerkannt sind, ist also bei der nachträglichen Ausstattung von Geschossbauten mit einem Wärmedämmverbundsystem in Kom­bination mit einer raumweisen, de­zen­t­ralen Wohnraumlüftung der Brand­schutz bauseits sicherzustellen. Als anerkannter Stand der Technik gelten dafür DIBt-geprüfte Fassadenelemente mit allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung, die in schwer entflammbaren WDVS nach DIN 4102-1/B1 eingesetzt werden dürfen. Diese Fas­sadenelemente in der Dämmstärke des WDVS bestehen in der Regel aus einer inneren und äußeren mineralischen Kap­selung des Dämmkerns (s. Abb. 3). Er kompensiert mit einem Durchgangskoeffi­zien­ten von 0,030 W/m²K einerseits die Verringerung der Wärmedämmschicht im Bereich des Lüftungsspaltes. Andererseits aber wirken die Elemente durch die mineralische Kapselung ähnlich wie die Brandriegel, die für Gebäude mittlerer Höhe beziehungsweise für die Gebäudeklassen 4 bis 5 in jedem zweiten Geschoss oberhalb der Fenster als Schutz gegen eine Brandausbreitung/Brandweiterleitung auf Außenwänden mit WDVS vorgeschrieben sind.

Außenluftdurchlässe oder Einzelraumlüftungsgeräte ohne diesen „baulichen Brandschutz“ stellen hingegen nicht nur ein höheres Brandrisiko an sich dar: Da die ALD die als System geprüfte Kon­struktion des WDVS durchbricht, erlischt sofort dessen Zulassung nach DIN 4102-1/B1. Die gedämmte Fassade als solche entspricht also nicht mehr den aktuellen Brandschutzvorgaben für Geschossbauten – mit allen daraus möglicherweise resultierenden Haftungsrisiken für die Betreiber.

Weiterführende Informationen: http://www.wohnungslueftung-ev.de

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