Trinkwasserhygiene

Wärmelasten als Herausforderung für die Trinkwasserhygiene

Mittwoch, 28.08.2019

Wärmeaufnahme einer PWC-Leitung in Abhängigkeit von der Übertemperatur.
Quelle: Gebr. Kemper GmbH + Co.KG
Grafik 5: Wärmeaufnahme einer PWC-Leitung in Abhängigkeit von der Übertemperatur.

In den Wintermonaten wird die Auslösetemperatur nur selten erreicht, da die Umgebungslufttemperaturen in den In­stallationsräumen relativ niedrig sind. Das spiegelt sich in den geringen Spülvolumina von ca. 45 l/Tag wider. Sobald sich die Außenlufttemperaturen in den Sommermonaten erhöhen, sorgen die äußeren Wärmelasten für einen deutlichen Anstieg der Temperaturen im Gebäude. Die daraus resultierenden höheren Umgebungslufttemperaturen in den Installationsräumen führen zu einem massiven Anstieg der Spülvolumina bis auf 9.000 l/Tag. Grafik 3 zeigt ein weiteres Spülprotokoll eines KHS-Systems, installiert in einem Krankenhaus in NRW. Die Starttemperatur für die Auslösung einer Spülmaßnahme wurde vom verantwortlichen Krankenhaushygieniker mit 25 °C und die Stopptemperatur mit 20 °C vorgegeben. Bereits in den Wintermonaten reicht der Wasserwechsel durch Wasserentnahme in diesem Objekt nicht aus, um die von den Kaltwasserleitungen aus der Umgebung aufgenommene Wärme insgesamt abzuführen. Dieses Verhalten spricht dafür, dass die thermische Entkopplung der Kaltwasserleitungen von Wärmequellen im vorliegenden Fall nicht optimal gelungen ist. Ohne Spülmaßnahmen würde die Kaltwassertemperatur auch in den Wintermonaten regelmäßig über 25 °C ansteigen. Für eine Temperaturhaltung unter 25 °C müssen daher bereits in den Wintermonaten und in den Übergangszeiten ca. 800 l/Tag Spülvolumen aufgewendet werden. Bei steigenden Außenlufttemperaturen in den Sommermonaten steigt auch hier das zur Temperaturhaltung notwendige Spülvolumen überproportional an und erreicht mit ca. 8.000 l/d ein Maximum.

In nicht klimatisierten Gebäuden kommt es in den Sommermonaten zwangsläufig immer zu länger andauernden Temperaturüberschreitungen des kalten Trinkwassers. Für das vergangene Jahr 2018 überschritt lt. Deutschem Wetterdienst am Flughafen Köln-Bonn die Außenlufttemperatur an fast 150 Tagen 20 °C und an mehr als 90 Tagen 25 °C. Das macht deutlich, dass die Temperaturprobleme für das kalte Trinkwasser, verursacht durch äußere Wärmelasten, über mehrere Monate andauern. Es ist daher nicht zufällig, dass Infektionen mit Legionellen gehäuft in den Sommermonaten auftreten.

Die DVGW-Information Wasser Nr. 90, als Erläuterung zu Anforderungen des DVGW Arbeitsblattes W 551, und auch der Entwurf der VDI/BTGA/ZVSHK – Richtlinie 6023 fordern aber, dass Temperaturen von 25 °C nicht überschritten werden dürfen. Der Hinweis in der vorgenannten DVGW-Information, dass bei Temperaturen des kalten Trinkwassers unter 20 °C nur sehr selten Legionellen nachgewiesen werden, macht zusätzlich deutlich, dass sich ein hygienisch akzeptabler Betriebszustand wohl erst dann einstellt, wenn die Temperaturen des kalten Trinkwassers dauerhaft unter 20 °C gehalten werden.

Damit eine durch die Aufgabenstellung vorgegebene Temperaturgrenze für das kalte Trinkwasser (z. B. 25 oder 20 °C) zu jedem Zeitpunkt vom Betreiber eingehalten werden kann, bedarf es immer eines geeigneten aktiven Prozesses (temperaturgeführtes Spülen oder eine Kühlung des kalten Trinkwassers).

Horizontal ausgerichtete Trinkwasser-Installation mit Stockwerks-Ringleitungen, die mit Strömungsteilern an die Verteilungsleitung angeschlossen sind und einer Kaltwasserzirkulation für das kalte Trinkwasser bis vor die Anschlüsse der Entnahmearmaturen.
Quelle: Gebr. Kemper GmbH + Co.KG
Bild 6: Horizontal ausgerichtete Trinkwasser-Installation mit Stockwerks-Ringleitungen, die mit Strömungsteilern an die Verteilungsleitung angeschlossen sind und einer Kaltwasserzirkulation für das kalte Trinkwasser bis vor die Anschlüsse der Entnahmearmaturen.

Aktive Maßnahmen zur Temperaturhaltung

Vergleichende Simulationsrechnungen zeigen, dass dezentral durchgeführte und kurze, intensive Spülmaßnahmen, die dem reinen Wasseraustausch dienen, zur dauerhaften Absenkung der Temperaturen in Stockwerks-/Ringleitungen weniger geeignet sind, da die Wassertemperatur nach einem Spülvorgang innerhalb von weniger als zwei Stunden wieder auf Umgebungslufttemperatur ansteigt. Idealerweise muss der Spülvolumenstrom bei einer vorgegebenen Sollwerttemperatur für das kalte Trinkwasser genau die Wärmemenge abführen, die über die Oberfläche der Rohrleitung aufgenommen wird. Studien haben gezeigt, dass die Abfuhr der entsprechenden Wärme nur dann effektiv erreicht werden kann, wenn mit geringen Volumenströmen über einen längeren Zeitraum gespült wird. Spülmaßnahmen zur Temperaturhaltung des kalten Trinkwassers sind jedoch nur dann ökologisch und ökonomisch sinnvoll, wenn auch in den Sommermonaten das Trinkwasser vom WVU mit niedrigen Temperaturen (< 15 °C) in das Gebäude eingespeist werden kann. Insbesondere bei oberflächennaher Trinkwassergewinnung ist das in den Sommermonaten allerdings häufig über einen längeren Zeitraum nicht der Fall. Bei solchen Gegebenheiten kann nur noch eine aktive Kühlung des Trinkwassers im Kreislauf die Einhaltung der geforderten Temperaturen zu jedem Zeitpunkt und zu jeder Jahreszeit sicherstellen.

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