Bad

Im Interview: Jens J. Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft

Donnerstag, 20.10.2022

Woran denken Sie da? „Wir müssen uns von der Vorstellung freimachen, dass jedes barrierefreie Bad zwingend mit dem Einbau eines mit Rollstuhl unterfahrbaren Waschtisches verknüpft ist. In der Breite viel sinnvoller sind modulare Badplanungen, die mit zunehmendem Alter eine Anpassung des Badezimmers an die unterschiedlichen Lebensphasen ermöglichen. Wer mit 65 Jahren zum Badplaner oder zur Badplanerin kommt, wird bei der Gestaltung seines vielleicht letzten Badezimmers bewusst auf besonderen Komfort achten. Dabei muss er aber nicht auf attraktive Lifestyle-Elemente verzichten: Eine intelligente Planung hält genügend Optionen offen, um ein Bad nach den Bedürfnissen der Bewohner zu verändern. Ziel sollte immer die möglichst lange Selbstständigkeit im Badezimmer sein. Das gilt für alle Bäder – für neue wie für solche im Bestand.“

Derzeit scheint das Badezimmer allerdings beim Handwerk nicht hoch im Kurs zu stehen; schließlich ist die Heizungssanierung oder die Neuausstattung mit Wärmepumpen einfacher zu skalieren und verspricht aktuell einen höheren Deckungsbeitrag. „So einfach ist die Rechnung nicht, fürchte ich. Ich habe großen Respekt vor dem Fachwissen, das zu einer Heizungssanierung gehört. Und natürlich muss hier Dampf gemacht werden, und eine Info-Veranstaltung für 20 an Wärmepumpentechnik interessierte potenzielle Kunden ist effizienter als eine Kundenberatung für eine individuelle Badplanung. Und es stimmt auch: Die ohnehin begrenzten Personalressourcen in der SHK-Branche werden gerade zugunsten von Heizungssanierungen verlagert. Diese Schieflage wird uns aber in vielen Bereichen irgendwann einholen. Der Sanierungsstau bei den Badezimmern wird sich weiter vergrößern – und wir sprechen von einem Wachstumsmarkt! Denn nur 1,5 Prozent der Wohnungen in Deutschland sind altersgerecht. Bis 2035 werden einer von der KfW in Auftrag gegebenen Studie des Instituts für Wohnen und Umwelt (IWU)zufolge rund zwei Millionen altersgerechte Wohnungen fehlen. Dem KfW-Programm 455-B ‚Altersgerecht Umbauen‘ attestierte sie hohe Nachfragen und Verbesserungen im Wohnungsbestand. Ich sehe beim SHK-Handwerk definitiv die Kernkompetenz, diesen Umsatz zu realisieren – und nicht bei anderen Anbietern. Hier ist Kontinuität gefragt, schon aus Gründen der Nachwuchsförderung. Sonst schlägt die Goldgräberstimmung schnell in ein Goldfieber um, das manche nicht überleben könnten.“

Wie sieht es bei den Sanitärunternehmen denn mit den Lieferzeiten aus? Muss man hier, wie etwa bei den Wärmepumpen, auch mit bis zu acht Monaten rechnen? „Nein, meiner Einschätzung nach ist die Liefersituation für Badezimmerprodukte vor der Wand durch aktuelle Krisen nur wenig eingeschränkt. Die Situation ist mit den Lieferengpässen im Heizungsbereich nicht zu vergleichen. ... Auch wenn dieses Tempo (Anm. d. Red.: von drei bis vier Tagen) für die vielen Tausend Produkte, die die deutsche Sanitärindustrie anbietet, kaum durchgehend machbar ist, belegt das Beispiel doch, dass Logistik und Schnelligkeit Kernkompetenzen unseres Vertriebsweges sind. In den acht Monaten, die Bauleute auf eine Wärmepumpe warten müssen, können die SHK-Betriebe viele Bäder planen und realisieren.“

Am Ende hängt eine Fertigstellung aber von jedem kleinen Teil ab. Und wenn nur eines fehlt? „Ein Großteil des Sortiments, zum Beispiel Badmöbel, wird heute auftragsbezogen gefertigt. Dazu gibt es also klare Commitments hinsichtlich der Lieferbarkeit. Sanitärunternehmen unterscheiden hier zudem zwischen Schnellliefer-Sortimenten und ‚normalen‘ Sortimenten mit branchenüblichen Lieferzeiten. Großhandel und Handwerk wissen um diese Differenzierung und können die Badplanung individuell einschätzen: Auf welcher Baustelle muss es schnell gehen, und wo wird eine ganz bestimmte Kollektion, Vorwandinstallation, Armatur oder individuelle Sonderanfertigung benötigt, deren Lieferung vielleicht mehr Zeit braucht?“

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