Mit Reihen- oder Ringleitungen schon bei der Planung Stagnation vermeiden

Reihen- und Ringleitungen sind als Stockwerksleitungen geeignete Installationsvarianten, um das Hygienerisiko durch Stagnation zu verringern. Welche Variante gewählt wird oder wie die Varianten kombiniert werden, muss der Fachplaner sorgfältig in einer Einzelfallbetrachtung abwägen.

Was bei Versorgungsunternehmen bereits gängige Praxis ist, hält nun also auch Einzug in die Haustechnik: In öffentlichen Wasserversorgungsnetzen wird diese Art der Verteilung des Trinkwassers schon lange aus Gründen der Betriebssicherheit durch den Einsatz von Ringnetzen angestrebt. Die Sicherheit der zweiseitigen Versorgung, die Vermeidung von stagnierendem Wasser an den Endpunkten einer Leitung sowie die Verringerung von Investitionskosten durch die Verwendung einer Rohrnennweite stehen hierbei im Fokus. Bei der Planung von Trinkwasser-Installationen in Gebäuden, gerade bei der Stockwerksleitung, hängt die mögliche Installationsvariante oder Kombination, die gewählt wird, dabei aber auch entscheidend von Art und Anzahl der Verbraucher sowie ihrer Nutzung ab.

Differenziert berechnen

„Stagnation gilt als eine wesentliche Ursache für die hygienische Beeinträchtigung der Trinkwassergüte.“ An dieser Einschätzung hat sich seit dem ersten Viega-Fachbuch „Leitungsanlagen in der Gebäudetechnik“ aus dem Jahre 2001 bis heute nichts geändert. Genauso wenig wie an der daraus abgeleiteten Empfehlung, schon in der Planungsphase Stichleitungen möglichst zu vermeiden, stattdessen auf Reihen- oder Ringleitungssysteme (Abbildung 3) zu setzen und häufig benutzte Hauptverbraucher am Ende einer Rohrleitung zu platzieren: So lässt sich auch an selten genutzten Entnahmestellen das Stagnationsrisiko weitestgehend reduzieren, da der Hauptverbraucher (z. B. ein WC) am Ende den regelmäßigen Wasseraustausch der davor liegenden Installation sicherstellt.

Ist in der Stockwerksverteilung ein Ringsystem zu installieren, sollte dann aber bei der Dimensionierung zur Ermittlung der Druckverluste im hydraulisch ungünstigsten Fließweg auf jeden Fall mit dem differenzierten Berechnungsgang nach DIN 1988-300 gerechnet werden. Solche differenzierten Bemessungen kosten den Fachplaner normalerweise aber viel Zeit. Wirtschaftlicher ist es daher, entsprechend geeignete Berechnungssoftware einzusetzen.

Keine Ring- mit „Rest-Stichleitungen“

Voraussetzung dafür ist bei beiden Installationsvarianten allerdings, dass es sich möglichst um „echte“ Reihen- oder Ringleitungssysteme handelt: In der Praxis finden sich so beispielsweise immer wieder Ringleitungen, an die der eigentliche Verbraucher immer noch über eine T-Stück-Installation angebunden ist (Abbildung 1).

Trotz der recht kurzen Strecke stellt diese Anbindeleitung einen nicht regelmäßig durchströmten Rohrleitungsabschnitt mit entsprechend hohem Verkeimungsrisiko dar. Sie sollte also möglichst vermieden werden. Eine Ausnahme stellen die sogenannten Auskühlstrecken dar, um einzelne Entnahmearmaturen vor ungewünschter Erwärmung zu schützen. Der geforderte regelmäßige Wasseraustausch in diesen Stichleitungen ist allerdings davon unberührt.

Hinzu kommen die vermeidbaren Druckverluste, wie sie für verzweigte Rohrleitungsnetze typisch sind: In Stockwerksleitungen kann es dadurch zu Komforteinbußen kommen, wenn beim Duschen gleichzeitig andere Verbraucher genutzt werden, so punktuell massive Druckverluste auftreten – und diese für teilweise abrupte Temperaturwechsel sorgen.

Fachgerecht ausgeführte Reihen- und Ringleitungssysteme zeichnen sich hingegen zum Beispiel durch die Anbindung der Zapfstellen über durchströmte Wandscheiben aus (Abbildung 8).

So ist immer ein regelmäßiger Wasseraustausch bis unmittelbar vor der Entnahmestelle gewährleistet. Zudem sind die Druckverluste in strömungsoptimierten Systemen um ein Vielfaches geringer als bei T-Stück- Installationen. Vor allem bei umfangreichen Reihenleitungssystemen können diese reduzierten Druckverluste bei genauer Auslegung zu einer Verringerung der Nennweite führen. Das wiederum trägt zum Erhalt der Trinkwassergüte bei, da das nun geringere Wasservolumen der Stockwerksleitung durch einen ausreichenden Wasserwechsel im regulären Betrieb häufiger ausgetauscht wird.

Wann Reihen-, wann Ringleitungssystem?

Sobald Trinkwasseranlagen etwas komplexer werden, scheiden Stichleitungen, also die direkte Anbindung von Zapfstellen oder ähnliches über Einzelanschlussleitungen als Installationsvariante aus. Ob dann aber eher Reihen- oder doch besser Ringleitungssysteme als Alterna­tive installiert werden – diese Frage ist nicht immer eindeutig zu beantworten. Hier hilft nur die differenzierte Betrachtung jedes Einzelfalls weiter, da ja auch Mischlösungen oder Installationen, zum Beispiel mit ergänzender „Zwangsspülung“, denkbar sind, um den bestimmungsgemäßen Betrieb abzusichern:

Beispiel 1:

Die kleine Nutzereinheit, zum Beispiel in einem Einfamilienhaus mit Dusche und Badewanne, Waschtisch und WC (Abbildung 2).

Was früher noch die typische Stichleitungs-Installation war, wird heute aus hygienischen Gründen wie selbstverständlich mit druckverlust-optimierten Wandscheiben als durchgeschleiftes System ausgeführt. Über diese Installationsvariante sind die Zapfstellen durchweg komfortabel versorgt; die Platzierung des Hauptverbrauchers „WC“ sichert außerdem selbst in der Kaltwasser führenden Leitung den regelmäßigen Wasseraustausch ab.

In der Warmwasserversorgung gilt gleiches durch das ähnlich intensiv genutzte Handwaschbecken. Eine Zirkulationsleitung wäre hier eventuell aus Komfortgründen denkbar, aufgrund der kurzen Rohrleitungswege aber wirtschaftlich nicht wirklich vertretbar.

Beispiel 2:

Die kleine Nutzereinheit mit periodischem Leerstand, zum Beispiel ein Hotelzimmer mit Dusche, Waschtisch und WC (Abbildung 4).

Auf den ersten Blick unterscheidet sich diese Installation kaum beispielsweise von einem privaten Kleinbad – müsste nicht schon in der Planungsphase unter trinkwasser-hygienischen Aspekten der zu erwartende periodische Leerstand berücksichtigt werden. Das kann schon der Fall sein, wenn für ein paar Tage ein Hotelzimmer nicht belegt ist. Da dies den „nicht bestimmungsgemäßen Betrieb“ bedeutet, muss vorbeugend Stagnation verhindert werden. Im Warmwasser-Rohrleitungsnetz kann dies durch elektronisch selbsttätig auslösende Armaturen geschehen.

Für die Kaltwasserinstallation hingegen genügt eine durchgeschleifte Reihenleitung, da der sonst meist frequentierte Verbraucher „WC“ mit der Betätigungsplatte „Visign for care“ mit „Viega Hygiene+“-Funktion für die automatische Auslösung ausgestattet wurde.

Die dahinter steckende Elektronik erkennt eine fehlende „bestimmungsgemäße“ Nutzung und löst die WC-Spülung selbsttätig aus. Dies geschieht aber nicht nur bedarfs-, sondern auch volumengerecht: Es wird nur so viel Wasser ausgetauscht, wie zur Vermeidung von Stagnation im betroffenen Rohrleitungsabschnitt – hier: der Stockwerksleitung – notwendig ist.

Beispiel 3:

Die größere Reihen-Duschan­lage, zum Beispiel in einem Sportstudio (Abbildung 5).

Mit einem Ringleitungssystem für Kalt- und Warmwasser ist hier der regelmäßige Wasseraustausch unabhängig von der Frage, welche Zapfstelle geöffnet wurde, sichergestellt. Im Warmwasserbereich stellt die Ringleitung außerdem einen Komfortgewinn dar, da mit Auslösen der Dusche sofort Warmwasser zur Verfügung steht. Bei der Anbindung der Entnahmearmaturen sind Abkühlstrecken vorzusehen, um ein unzulässiges Erhitzen dieser Armaturen auszuschließen.

In aller Regel ist davon auszugehen, dass solche Anlagen durchgängig genutzt werden, also der vom Planer bei der Auslegung angenommene „bestimmungsgemäße Gebrauch“ gegeben ist. Sind allerdings längere Nutzungsunterbrechungen zu erwarten, sollten unabhängig vom Ringleitungssystem automatische Sanitärarmaturen (beispielsweise bei den Duschköpfen) vorgesehen werden.

Beispiel 4:

Die größere Reihen-Duschanlage mit angrenzendem Schiedsrichter-Umkleideraum, zum Beispiel in einer Sporthalle (Abbildung 6).

Bei diesen häufig in Sporthallen zu findenden Installationen ist davon auszugehen, dass der bestimmungsgemäße Gebrauch aufgrund der Entnahmestellen im nur „angehängten“ Schiedsrichter-Umkleideraum nicht zuverlässig gewährleistet ist. Um Stagnation zu vermeiden, ist die Kaltwasserleitung komplett durchgeschleift als Reiheninstallation bis zum WC als signifikanter Entnahmestelle geführt. Dort sorgt eine Betätigungsplatte „Visign for care“ mit „Viega Hygiene+“-Funktion dafür, dass bei nicht vorgesehener Nutzungsunterbrechung das Wasser in diesem Rohrleitungsabschnitt trotzdem bedarfs- und volumengerecht automatisch ausgetauscht wird.

In der Warmwasser-Installation kann die für den Hygieneerhalt notwendige Nutzung durch einen ebenfalls in Intervallen automatisch auslösenden Duschkopf unterstützt werden.

Beispiel 5:

Die Kombination zweier Nutzereinheiten, zum Beispiel in einem Einfamilienhaus mit Dusche und Badewanne, Waschtisch und WC auf der rechten und einer Küche mit zusätzlichem Außenwasseranschluss auf der linken Seite (Abbildung 7).

Hier treffen in Bezug auf Komfort, Hygiene und Installationsaufwand unter Berücksichtigung des Nutzerverhaltens viele unterschiedliche Anforderungen aufeinander. Entsprechend breit ist die Installation aufgestellt: In das Badezimmer führt eine durchgeschleifte Reihenleitung für Kaltwasser. Von dieser Rohrleitung geht ebenfalls eine über die Außenzapfstelle durchgeschleifte Stichleitung für Kaltwasser in die Küche ab. Mit dem WC als Hauptverbraucher im Bad beziehungsweise der Spüle und dem Geschirrspüler in der Küche sind Hauptverbraucher am Ende platziert, der für den Hygieneerhalt notwendige Wasseraustausch ist damit gewährleistet.

Ähnlich stellt sich die Situation bei der Warmwasserversorgung mit den Hauptverbrauchern Waschbecken und Küchenspüle dar.

Fazit

Diese Gegenüberstellung unterschiedlicher Installationsaufgaben von Trinkwasseranlagen zeigt mehr als deutlich, dass es definitiv keine universelle Antwort auf die Frage „Reihen- oder Ringleitungssystem?“ geben kann. Stattdessen ist die Betrachtung jedes Einzelfalls mit planerischem Sachverstand notwendig: Wie sieht der bestimmungsgemäße Betrieb der Anlage aus, wo könnten sich Nutzungsunterbrechungen mit Gefährdung der Trinkwasserhygiene durch Stagnation ergeben und mit welchen Maßnahmen lässt sich das effi­zient und wirtschaftlich verhindern, sind einige der Gesichtspunkte, die in diese Betrachtung einfließen müssen.

Für die tägliche Arbeit des Fachplaners empfehlen sich daher entsprechend ausgestattete Softwarepakete, die einen direkten Vergleich der unterschiedli-chen Installationsvarianten ermöglichen. Systemanbieter Viega hat dafür beispielsweise in das Softwarepaket „Viptool“ einen speziellen Rechenalgorithmus integriert, der selbst die komplexe Auslegung von Ringleitungen ermöglicht. Das Modul „Hygiene+“ unterstützt dabei die druckverlustarme, „schlanke“ Planung durch verbesserte Visualisierung aller wichtigen hydraulischen Aspekte im Rohrnetz, wie zum Beispiel eine Spülsimulation.

Donnerstag, 15.12.2016