Bad

Klimagerechte Stadt gefordert

Donnerstag, 18.12.2014

Die klimagerechte Stadt erfordert vernetztes Denken, um adaptive Systeme zu erzeugen. Hier sind die sozialen Prozesse und Dynamiken auf die ökologischen Grundlagen abzustimmen, so dass neuartige Wirkungen erzielt werden. Graue, grüne und blaue Infrastruktur (technische Leitungen und Trassen, Stadtgrün und Gewässer) sollten nicht länger unabhängig betrachtet werden; sie lassen sich miteinander verbinden und optimieren. In ihrer Synergie werden sie vielfachen sozio-ökonomischen, aber auch ökologischen Funktionen gerecht. So lassen sich die Resilienz und zugleich die Anpassungsfähigkeit der Stadt an Veränderungen erhöhen. Hierbei ist die Unterscheidung verschiedener räumlicher und zeitlicher Skalen von Bedeutung.

Die Kopplung von Wasser, Energie und Ernährung findet außerhalb von internationalen Wettbewerben und Zukunftsvisionen im Kontext „Green City“ in der städteplanerischen Praxis kaum Beachtung. Die Stadt und die dort vorhandenen (Ab-)Wasser- und Energieressourcen als Chance wahrzunehmen, erlaubt es, aktiv zu entscheiden, wo Lebensmittel produziert und konsumiert werden: Wo von außen versorgt und wo autochthon produziert oder beides kombiniert wird. Hier bedarf es sowohl sozialer Aushandlungsprozesse in der Planung und Umsetzung als auch der Umsetzungsforschung, um langfristig funktionierende Handlungsalternativen entwickeln, erproben und (wo sinnvoll) in der Fläche umsetzen zu können.

Marode Infrastrukturen bleiben unter Erhöhung der Betriebskosten ein wachsender Kostenfaktor und führen zu einer Verschlechterung der Leistung sowie hohen Folge­kosten durch Unterbrechungen, Betriebsausfälle etc. Hier ist es vernünftig, Geld nicht nur zum Erhalt der Funktionsfähigkeit zu investieren, sondern dabei Transformationsprozesse zu verfolgen, die die Chance einer Erhöhung der Klimagerechtigkeit ermöglichen.

In vielen Städten und Kommunen bestehen erhebliche Unsicherheiten bezüglich des kommunalen Wertebestandes. Es fehlt vielerorts noch an konsolidierten Bilanzen unter Einbeziehung der Infrastrukturen. Es gibt keinen transparenten Überblick der langfristigen Gesamtkosten­dynamik. Daher ist es den Kommunen nicht ausreichend möglich, Erneuerungsbedarf und Transformationsmöglichkeit ihrer Infrastrukturen ökonomisch zu beurteilen. Wenn die Städte über ihr Vermögen und die Erhaltungskosten besser Bescheid wüssten, wären ein zielgerichtetes Handeln und ein strategisches Investitionsmanagement hin zur Klimagerechtigkeit möglich. Heute koordiniert in die urbanen Infrastrukturen zu investieren, bedeutet nicht nur, Antworten für den Klimaschutz zu finden, sondern gegebenenfalls auf lange Sicht auch Geld zu sparen und sogar Gewinne zu erzielen.

Klimaresilienz, Lebensqualität und Nachhaltigkeit der Stadt stehen mit der Erneuerung und potentiellen Transformation der Infrastruktur in engem Zusammenhang, wenn es zu einer klugen Vernetzung grauer, grüner und blauer Infrastruktur kommt. Das Gestaltungspotential ist immens: Einerseits können zum Beispiel Niederschlags- und adäquat gereinigtes Abwasser für Grünflächen (Parks, Beschattung/Kühlzonen) und offene Wasserläufe zur Nahrungsmittelproduktion (Urban gardening und farming) sowie zur Sicherung von Ökosystemleistungen genutzt werden und andererseits Schutz vor Auswirkungen des Klimawandels (längere Trockenperioden und Hitzewellen, Intensivniederschläge und Überschwemmungen) bieten.

Städte und ihre Quartiere unterliegen einem stetigen Wandel, der sich in teils widersprechenden Entwicklungen ausdrückt. Einige Quartiere, aber auch Freiflächen und Landschaftselemente enthalten Innovationskerne, sogenannte „Climate Improvement Islands“. Wer sein Planungshandeln daran orientiert, hat die Gesamtstadt vor Augen, plant jedoch zunächst von der Mikro- und Mesoseite her.

Eine integrierte Stadtplanung, die mehr Resilienz und Nachhaltigkeit erreichen möchte, sollte zugleich die gesamte Stadtregion unter verschiedenen raumzeitlichen Skalen betrachten: Wo und wie sind die einzelnen Stoff-, Energie-, Informationsströme zu koppeln; wo und wie sozial, aber auch räumlich zu situieren; wo und wie sind hierzu gesellschaftliche Aushandlungsprozesse zu führen? Für diese Planungsprozesse braucht es auf städtischer Seite zusätzliche Kapazitäten in der Umwelt- und Bauleitplanung. Neben der analytisch-planerischen Arbeit ist somit die Beteiligung der Akteure und Bewohner der Stadt für den Austausch und die Erzeugung von besserem Wissen als auch die transparente Entscheidungsfindung und Aushandlung relevant. Die Balance von Bürgerinteressen und Investorenwünschen ist über die Governancestruktur (z.B. städtebauliche Verträge) abzusichern. Urbane Labore, die Stadtplanung im Zusammenwirken vieler Akteure ermöglichen, sind systematisch zu fördern, um über Systeminnovationen zu gesamtstädtisch resilienten Raumstrukturen zu gelangen.

Weiterführende Informationen: http://www.memorandum-klimagerechte-stadt.de

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