Nationale und europäische Regelwerke in der Trinkwasser-Installation

Trinkwasser-Installationen müssen die Genusstauglichkeit und Reinheit ihres abgegebenen Wassers gewährleisten. Das wird im Besonderen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik gefordert. Um diese Ansprüche auch in Zukunft sicherstellen zu können, ist ein Kompendium für die Trinkwasser-Installation (TRWI) wünschenswert und erforderlich. Es fasst das nationale sowie europäische Regelwerk der Trinkwasser-Installation verständlich zusammen. Außerdem muss es durch ein aktives Monitoring-System in Gebäuden begleitet werden.

Ziel einer Trinkwasser-Installation (TRWI) ist immer, Grundlagen für eine zuverlässige, technisch einwandfreie und sichere Trinkwasserversorgung zu schaffen.

Bei Planung, Bau und Betrieb wird grundsätzlich die Installation nach „Typ A: Geschlossenes System“ angewendet, wie sie in den fünf Teilen der europäischen Norm DIN EN 806 geregelt ist.

Für die Themen „Druckerhöhung“ und „Feuerlöschanlagen“ gibt es bislang nur nationale Normen (DIN 1988-500, DIN 1988-600). Der Bereich „Schutz des Trinkwassers“ wird durch die DIN EN 1717 geregelt.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Ergänzungsregelwerke, beispielsweise die DVGW W 551 und die VDI/DVGW 6023, alleine für den Teilbereich der Planung (DIN EN 806 - 2). Für diese zeichnen sich technisch-wissenschaftliche Institutionen – der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) und der Deutsche Verein des Gas- und Wasser­faches (DVGW) – verantwortlich. Zudem ist bei der Planung die DIN 1988-200 des Normenausschusses Wasserwesen (NAW) zu berücksichtigen.

Daraus ist ersichtlich, dass Planer in ihrem Berufsalltag ein komplexes Regelwerk zu beachten haben. Auch müssen sie ihre Leistungen unter wachsendem Budget- und Termindruck erbringen. ­Damit dies nicht zu Qualitätseinbußen führt, wäre für die Praxis ein einziges TRWI-Kompendium sinnvoll. Es sollte die relevanten Richtlinien und Normen übersichtlich zusammenfassen.

Ziel ist, so einen nützlichen Handlungsleitfaden für die Planung, Ausführung und den Betrieb von Trinkwasser-Installationen zu erstellen, um leichter die sich stetig wandelnden Ansprüche erfüllen zu können: Galten diese früher hauptsächlich der technischen Ausführung und Veränderung von Leitungsanlagen, stehen heutzutage Komfortansprüche an Geräte, Wasserqualität und Hygiene im Mittelpunkt.

Hier vertritt die Weltgesundheits­organisation (WHO) die Auffassung, dass zur Sicherung der Trinkwasserqualität neben der bewährten Endkontrolle weitere Elemente für eine vorbeugende Qualitätssicherung notwendig sind. In diesem Sinne fordert die EU-Kommission in ihrer Richtlinie 2015/1787 in Punkt 4, dass der Anhang II der Richtlinie 98/83/EG an die neuesten Aktualisierungen der WHO-Grundsätze angepasst werden soll und definiert in Teil D des Anhangs die Proben zur Kontrolle der Einhaltung bestimmter chemischer (vor allem Kupfer, Blei, Nickel) und mikrobiologischer Parameter.

Diese Maßnahmen beziehen sich auf das Konzept der „Water Safety Plans“ (Wassersicherheitspläne), das die WHO seit 2004 erarbeitete.

Ihm liegen die Prinzipien von Risikobewertung und -management zu Grunde. Die WHO-Leitlinien und die Norm EN 15975-2 über die Sicherheit der Trinkwasserversorgung sind international anerkannte Regeln zur Gewinnung, Verteilung, Überwachung und der Parameteranalyse von Trinkwasser. Denn die WHO sieht in den Wassersicherheitsplänen ein ganzheitliches Konzept, das alle an der Prozesskette Beteiligten einbinden will.

Integration eines „Water-Safety-Plan“ (WSP)

Folgerichtig muss ein aktuelles TRWI-Kompendium auch ein vorbeugendes System enthalten, das eine hohe Qualität des Wassers und damit die Sicherheit des Verbrauchers gewährleistet.

Ein solches stellt das in der Lebensmittelindustrie eingeführte „Hazard Analysis and Critical Control Points“-Konzept dar. Es dient der Risikoanalyse. Auf die Gebäudeebene übertragen sieht es an kritischen Stellen der In­stallation Kontrollpunkte vor.

Dort wird beispielsweise die Trinkwassertemperatur überprüft, so dass unterschiedliche Ansprüche miteinander in Einklang gebracht werden können: Einerseits soll aus energetischen Gründen der Wärmebedarf eines Hauses für Heizung und erwärmtes Trinkwasser gesenkt werden.

Andererseits soll Trinkwasser möglichst keine gesundheitsschädlichen Keime oder Bakterien enthalten. Legionellen sind jedoch als natürlicher Bestandteil in geringer Konzentration in kaltem Trinkwasser vorhanden. Bei Temperaturen zwischen 30 und 45 °C vermehren sie sich stark. Oberhalb von 55 °C werden sie abgetötet; ab 70 °C spricht man von einer thermischen ­Desinfektion.

Zentrale Trinkwassererwärmungsanlagen müssen deshalb aus hygienischen Gründen grundsätzlich seit den 1990er- Jahren bei 60 °C betrieben werden.

Trinkwassererwärmungsanlagen in Ein- und Zweifamilienhäusern können aber wegen der höheren Trinkwasseraustauschquote vom starren Temperaturregime abweichen. Eine Mindest-Warmwassertemperatur von 50 °C wird hier allerdings gefordert, höhere Betriebstemperaturen werden dringend empfohlen.

Im Zuge der Erarbeitung der europäischen Normen für die TRWI wurden Teile der DIN 1988 neu erstellt. Seit Februar 2012 gibt es den Teil 300, der aus hygienischen Gründen empfiehlt, Rohrleitungen in ihrer Dimensionierung so gering wie nötig auszuführen. Neue Installationstechniken (wie zum Beispiel Ringleitungen) unterstützen das Verhindern von stagnierendem Trinkwasser in den jeweiligen Installationen.

Ein qualifiziertes Monitoring zeigt nun, ob die über die Gesetze theoretisch festgelegten oder durch die Standards errechneten Werte auch in der Praxis eingehalten werden. Ein umfassender Ansatz für komplexe Trinkwasser-Installationen würde einen „Water-Safety-Plan“ (WSP) mit sich bringen, in den ein Management samt Dokumentation einfließt: Für die ordnungsgemäße Funktion der Trinkwasserbereitstellung übernimmt es die Planung, Organisation, Durchsetzung und Kon­trolle dieses Prozesses. Dazu dienen entsprechende Ziele als Wegweiser und Instrumente der Aufgabenerfüllung.

Wie kann das in der Praxis aussehen?

Dafür sollte zuerst ein Team für den WSP gebildet werden. Es beschreibt und bewertet das avisierte oder bereits vorhandene System für die Gewährleistung der Trinkwasserqualität. Darin fließen eine Analyse zu Schwachstellen und eine Risikoabschätzung ein.

Anschließend werden Maßnahmen festgelegt, überwacht, gegebenenfalls korrigiert und validiert. Dies führt wiederum zur Verifizierung des gewählten Gesamtsystems und seiner kontinuierlichen/periodischen Revision plus einer Dokumentation. Nur wer weiß, wo er optimieren muss und kann, wird vorhandene ­Potenziale auch realisieren können.

Der Erfolg stellt sich dabei aber nicht automatisch durch die Verbesserung von einzelnen Bauteilen oder durch den Austausch oder die Ergänzung von Anlagenteilen ein. Vielmehr zählt die Abstimmung aufeinander im Gesamtsystem „Gebäude“, was alle Beteiligten von Anfang an konsequent beachten müssen.

Ein solch groß angelegtes Monitoring ist bei Ein- und Zweifamilienhäusern nicht notwendig. Hier genügt das Einrichten von drei Kontrollpunkten an den entscheidenden Stellen. Dafür sollte je ein Check hinter der Hauptabsperreinrichtung, an der Entnahmestelle in der Küche und in der Dusche stattfinden. So wird die Eingangsqualität des Trinkwassers ebenso geprüft wie die an den Orten mit dem größten Bedarf an kaltem und warmem Trinkwasser.

Im Vergleich zu einem bisherigen Bau bringt einer mit Monitoring-System – je nach dessen Umfang – Mehrkosten von rund zwei Prozent der Baukosten mit sich und benötigt etwa ein Prozent des Haushaltstroms. Für ein aktives Monitoring bei der TRWI sprechen dabei vor allem:

· die Sicherheit für den Verbraucher, das Trinkwasser einwandfrei an der Entnahmestelle konsumieren zu können.

· Die Sicherheit für den Fachplaner und Installateur von Sanitär, Heizung, Klima, das seine Installation den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entspricht, was er ja im Werkvertrag garantiert.

· Die Sicherheit für die Produkthersteller, die damit nachweisen können, dass ihre Produkte auch hygienisch funktionieren.

· Der Verbraucher wird verpflichtet, einen „bestimmungsgemäßen Betrieb“ der Installation sicherzustellen. Denn oft werden die theoretisch bilanzierten Werte nicht erreicht, weil der Nutzer die Konsequenzen seines Handelns nicht kennt.

Neben des Verifizierens der Trinkwasserqualität können die Kontrolle des Betriebs, das Identifizieren von Optimierungspotenzialen sowie das Weiterentwickeln des vorhandenen Standards Ziele des Monitorings sein. Dabei ist zu beachten, dass in der Regel auch ein Monitoringsystem einer Einregulierungsphase und der Korrektur von Zählern bedarf, um relevante Daten liefern zu können.

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Wissenstransfer durch neue Medien

Die zahlreichen gesetzlichen und technischen Regelungen, Informationen und Hinweise aus unterschiedlichen Quellen für die TRWI, die in den letzten Jahren national und europäisch erarbeitet wurden, stellen Betreiber, Planer und Handwerker vor Anwendungsprobleme.

Der DVGW, die Bundesvereinigung der Firmen im Gas- und Wasserfach e.V. (figawa) und der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) haben diese Situation erkannt. Sie erarbeiten künftig eine gemeinsame anwenderorientierte Lösung des Problems – ein Internet basiertes ­Wissensportal für die TRWI.

Dadurch werden die technischen Regeln und ihre Kommentierung jederzeit auf Smartphone oder Tablet verfügbar. Dieses Portal soll insbesondere dazu dienen, das gemeinsame Verständnis eines ­hohen Schutz- und Qualitätsniveaus in der TRWI zu fördern. Der Internetauftritt startet voraussichtlich im nächsten Jahr.

Das beste Wissen nützt jedoch nichts, wenn es nicht flächendeckend in der Praxis umgesetzt wird. Deshalb sollten besonders Fachplaner sich kontinuierlich weiterbilden. Dabei ist für sie wichtig, Zusammenhänge zu verstehen sowie Stellschrauben erkennen und für sich nutzen zu können.

Denn bei einem modernen Haus muss der gesamte Lebenszyklus einer Immobilie im Auge behalten werden - nicht nur die Kennwerte einzelner Teile. Dies verlangt ein optimales Zusammenspiel von Konstruktion, Anlagentechnik und Ausstattung. Sein volles Potenzial schöpft ein Gebäude aber erst aus, wenn alle Systeme miteinander kommunizieren und interagieren.

Damit dies gelingt, geht der Trend bei der Technik zu einer herstellerübergreifenden Kompatibilität. Moderne Geräte und Systeme nutzen eine universelle Netzwerkarchitektur nach dem IP-Standard (Internet Protocol) zur Kommunikation. Ein solches Zusammenspiel verringert die Komplexität und den Wartungsaufwand der Gebäudetechnik. Auch hier ist jetzt Komfort gefragt: Er bezieht sich auf eine hohe Bedienfreundlichkeit bei gleichzeitig größtmöglichem Datenschutz.

Mit der Hilfe von qualifizierten Planern kann der geschulte Immobilieneigentümer/-nutzer die Vorteile eines Gebäudemanagements ausschöpfen: Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Komfort, Flexibilität und Sicherheit.

Fazit

Die Qualität des Trinkwassers kann für den Konsumenten nur dann garantiert werden, wenn die theoretischen Ansätze der Regelwerke für die Trinkwasser-Installation (Werkstoffe, Produkte, Installationstechniken) mit dem realen Ist-Zustand vor Ort (Trinkwasseranalyse) übereinstimmen.

Die entsprechenden Ansätze dazu sind bestenfalls auf europäischer Ebene zu manifestieren, damit auch in diesem Punkt gemeinsame Standards herrschen. Sollten hier keine weitgehend harmonisierten Vereinbarungen möglich sein, müssten die Nationalstaaten eigene regulatorische Ansätze zum Monitoring treffen.

Die technischen Selbstverwaltungen wie das Europäische Komitee für Normung (Comité Européen de Norma­lisation, CEN) und das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) sind bereit, ihren Beitrag zu leisten und das dazugehörige verständliche technische Regelwerk zu erstellen.

Dienstag, 22.11.2016