Digitale Trinkwasserhygiene in historischem Plattenbau

Am ehemaligen Leninplatz in Berlin startete das Zirkulationsregelsystem "Hycleen Automation System" seine „Revolution in der Sanitär-Automation".

Als symbolische Fahne und städtebauliche Geste von DDR-Stararchitekt Hermann Henselmann zum 100. Geburtstag von Lenin entworfen, ist das 1970 eingeweihte Plattenhochhaus am Platz der Vereinten Nationen auch heute noch eines der höchsten Wohnhäuser in Berlin. Das denkmalgeschützte, dreistufig abgetreppte „Wohnhochhaus in Großtafelbauweise“ (WHH GT) gilt als international beachtetes Beispiel für die innovative Weiterentwicklung des Plattenbaus. Ein halbes Jahrhundert nach der Fertigstellung fungiert die „historische Platte“ erneut als Innovationstreiber: als erstes Großobjekt für das Zirkulationsregelsystem "Hycleen Automation System" aus dem Hause GF Piping Systems. Am ehemaligen Leninplatz startete der Schweizer Spezialist für Rohrleitungssysteme seine Digitalisierung der Trinkwasserhygiene.

Rund 70.000 Hauptstadtbewohnern aus über 100 Nationen bietet die Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH (WBM), eine der kleineren von insgesamt sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, ein Zuhause. Im geschichtsträchtigen Hochhaus am Platz der Vereinten Nationen 1 und 2 in Berlin-Friedrichshain bewirtschaftet das kommunale Immobilienunternehmen insgesamt 280 bezahlbare Ein-, Zwei- und Dreizimmerwohnungen im heiß gelaufenen Berliner Wohnungsmarkt.

Trotz leichtem Anstieg in den letzten Jahren konnte die WBM ihre Durchschnittskaltmiete Ende 2021 noch bei moderaten 6,38 Euro je Quadratmeter Wohnfläche halten – in der nach München zweitteuersten Stadt Deutschlands kleine Wohn-Oasen der sozialen Mietenpolitik. Vor der Energie-Krise haben die kommunalen Wohnungsbetreiber in Berlin auch die Kosten für Heizung und Warmwasser im Schnitt noch auf 81 Cent je Quadratmeter senken können.

Bei der WBM diente dabei auch das Wohnhochhaus am ehemaligen Leninplatz als Pilot-Projekt für eine energieeffiziente Sanierung des Trinkwassernetzes – und für eine innovative Digitalisierung der Gebäudetechnik. Ökologische, ökonomische, aber vor allem trinkwasserhygienische Gründe haben den Ausschlag für den ersten Großeinsatz des Zirkulationsregelsystems "Hycleen Automation System" (HAS) gegeben.

„Bei größeren Wohnobjekten mit weit verzweigten Leitungen und vielen Zirkulationssträngen spielt ein optimaler hydraulischer Abgleich eine zentrale Rolle, um die Mindesttemperatur von 55 °C in der Warmwasser-Installation zu gewährleisten. Dies ist Voraussetzung zur Vermeidung von Legionellen im Sinne der Trinkwasserverordnung. Außerdem war uns ein automatisiertes, digitales Monitoring der Anlage wichtig, um auf Störungen und Abweichungen vom Normalbetrieb schnell und effizient reagieren zu können“, erläutert Jörg Bittner vom Gebäudemanagement der WBM.

Hydraulische Herausforderung

Herkömmliche thermostatische Regulierventile stoßen bei komplexen Gebäuden mit weitverzweigten Installationen, mehreren Zirkulationssträngen und schwierigen hydraulischen Bedingungen schnell an die Grenzen ihrer Regelfähigkeiten – auch, wenn es noch dazu etwas höher hinausgeht.

„Bei diesem Objekt sprechen wir von einem dreistufigen Hochhaus mit 25, 21 und 17 Etagen und einem weitläufigen Leitungsnetz auf mehreren Ebenen. Aufgrund der Höhe sind hier zwei Druckzonen für Trinkwasser einschließlich zweier separater Warmwasseranlagen nötig, also eine Hoch- und eine Niederdruckseite ab etwa der halben Gebäudehöhe. Gerade für so eine komplexe Ausgangslage ist ein Zirkulationsregelsystem wie das HAS sinnvoll“, so Olaf Schmidt vom projektzuständigen Installationsbetrieb TKS Schmidt GmbH & Co. KG.

Durch den Einbau von 62 "LegioTherm 2T"-Zirkulationsventilen mit integrierten Temperatursensoren wird die Temperatur kontinuierlich erfasst und überwacht. Das System ist durch rund 900 Meter Daten- und Kommunikationskabel mit den beiden Mastern auf der hauseigenen Service- und Installationsebene über dem Erdgeschoss verbunden – ein Master pro Druckzone. Über diese zentralen Benutzeroberflächen werden alle Steuergeräte und Ventile vollautomatisch angesteuert. Je nach gemessener Temperatur wird ein selbständiger hydraulischer Abgleich durchgeführt. Die Leitungen werden bedarfs- und verbrauchsabhängig durchströmt, so dass eine regelmäßige Wasserzirkulation und konstante Temperaturen gewährleistet sind. Das erspart aufwendige manuelle Eingriffe.

„Die Planung und Installation des neuen Systems war für uns kein Problem. In diesen für Berlin typischen Plattenbauten sind die Leitungen meistens leicht zugänglich, darauf wurde damals Wert gelegt. Wir arbeiten auch schon seit über 20 Jahren mit GF Piping Systems zusammen und sind mit den Anwendungen bestens vertraut – dafür setzen wir aber auch auf ständige Fortbildung und Qualifikation unserer Mitarbeiter, das A und O im Handwerk“, betont Olaf Schmidt.

Digitales Monitoring

Über die beiden Master – sie bilden das Herzstück des "Hycleen Automation System" – wird nicht nur ein konstanter hydraulischer Abgleich sichergestellt. Sie protokollieren auch automatisch sämtliche Daten, Statusinformationen und auftretende Störungen und stellen sie auf einem 10-Zoll-Touchscreen benutzerfreundlich dar. Das Monitoring kann auch über eine App und Push-Benachrichtigungen auf dem Smartphone angezeigt werden. Durch die automatisierte Intelligenz dieses Systems wird das Trinkwassernetz digitalisiert und ein Anlagenmonitoring ermöglicht, was auch in die gesetzliche Betreiberverantwortung einzahlt.

„Die Ventile führen außerdem wöchentlich eine vollautomatische Wartung mit Protokollierung durch. Durch diese automatische Regulierung und Kontrolle kann das Zirkulationsnetz optimiert und konstant mit den geforderten Temperaturen betrieben werden“, erläutert Frank Wildgrube, projektzuständiger Vertriebsmitarbeiter von GF Piping Systems, den Mehrwert in Sachen Energieeffizienz.

Das Zirkulationsregelsystem hat sich bei seinem ersten Großprojekt im Wohnhochhaus am Platz der Vereinten Nationen nicht nur bewährt, sondern auch für weitere Einsätze empfohlen. Die WBM hat das "Hycleen Automation System" inzwischen in 15 weiteren Objekten in Berlin installiert.

„Gerade in schwer zugänglichen Anlagen erleichtert es uns das Monitoring und die Störungslokalisierung sowie -behebung. Durch die verbesserte Trinkwasserhygiene sind wir auch vor Legionellen-Problemen und den damit verbundenen Folgekosten bestmöglich geschützt. Aus Vermietersicht ist ebenfalls erfreulich, dass die Mieter durch den optimierten hydraulischen Abgleich kürzere Wartezeiten auf Warmwasser haben. Das verhindert einen erhöhten Warmwasserverbrauch, reduziert die Mängelmeldungen und erspart somit beiden Seiten Kosten und Nerven“, zieht WBM- Gebäudemanager Jörg Bittner ein positives Fazit von der „Revolution der Trinkwasserhygiene“ am ehemaligen Leninplatz.

Mittwoch, 13.03.2024