Software & Organisation

Energie.Digital – es geht vorwärts, beim Bauen mit Bits und Bytes

Mittwoch, 20.12.2023

Hierzulande fehlen hunderttausende Wohnungen. Serieller Wohnungsbau soll es richten, unter anderem. Und mehr Digitalisierung.

Das Bild zeigt die Teilnehmer des Viega-Expertenforums „Energie.Digital“.
Quelle: Eckhard Martin
Teilweise richtig schwere Kost, aber für die digitale Zukunft der Baubranche grundlegend: die Inhalte des Viega-Expertenforums „Energie.Digital“.

Viel mehr Digitalisierung. Einen großen (Fort-)Schritt auf diesem Weg hat Viega jetzt mit dem Forschungsprojekt „Energie.Digital“ abgeliefert.

Und das gleich aus zwei Gründen: Das Forschungsprojekt, gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und wissenschaftlich begleitet durch das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE sowie den Lehrstuhl für Energieeffizientes Bauen E3D der RWTH Aachen University, war nicht nur graue Theorie. Sondern ist als interaktives Weiterbildungszentrum „Viega World“ ganz konkret in Glas und Beton gegossen worden. Also ganz handfest, wirklich konkret, mit objektiv messbaren Ergebnissen. Und es hat bei diesem Prozess (vielleicht gerade wegen des Handfesten und dem Konkreten) auch so viel neue Erkenntnisse gegeben, dass viele davon zur Integralen Planung mit der Arbeitsmethodik Building Information Modeling schon in die einschlägigen Regelwerke eingeflossen sind. Das digitale Bauen nimmt damit eine weitere große Hürde aus dem wissenschaftlichen Elfenbeinturm heraus in die gebaute Praxis.

Gründe genug also, im Rahmen eines Expertenforums noch tiefer einzutauchen in das neu gewonnene Wissen, in das Forschungsprojekt und anschließend natürlich – bildlich gesprochen – auch in die „Viega World“, die mittlerweile als Leuchtturmprojekt für digitales Bauen und Nachhaltigkeit in allen neun Leistungsphasen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) gilt. Zudem wird an der „Viega World“ demonstriert, wie gebäudetechnische Informationen – nicht zuletzt: energierelevante Daten – erst in ihrer Komplexität sinnvoll reduziert und dann ganzheitlich in BIM abgebildet sowie mit Hilfe von „Linked Data“ Betriebsdaten des Monitorings aus der Gebäudeautomation am Digitalen Zwilling in Echtzeit visualisiert werden können. Womit mindestens drei weitere Spielfelder der BIM-geprägten Bau-Zukunft klar besetzt wären ...

Das Bild zeigt einen Blick in das Trepppenhaus der Viega World.
Quelle: Eckhard Martin
Das Forschungsprojekt war nicht nur graue Theorie. Sondern ist als interaktives Weiterbildungszentrum „Viega World“ ganz konkret in Glas und Beton gegossen worden.

Effizienz, ganzheitlich gedacht

Warum Viega das Projekt so aufwändig vorangetrieben hat, erklärt sich nicht zuletzt aus Kernkompetenzen des Systemanbieters. Das Produkt- und Serviceangebot dreht sich komplett um die „Lebensadern der Gebäude von Morgen“; vulgo: vor allem Rohrleitungssysteme für Heizung, Klima, Sanitär. Damit also auch um konkrete Bedarfe und deren möglichst punktgenaue Deckung, um keine Energie zu verschwenden und die Trinkwasserhygiene zu erhalten. Das setzt aber voraus, dass Architekten und Fachplaner ganz früh ansetzen mit der bedarfsgerechten Planung – was wiederum nicht ohne entsprechende Daten sowie ein Commitment mit den Investoren geht, weil die ja vorne bezahlen müssen, was in der späteren Betriebsphase (nicht) verbraucht wird. So schließen sich Kreise.

Ohne wird es aber nicht mehr gehen, wenn wir – Achtung: Buzz-Word! – die Wärmewende auch im Objektbau schaffen wollen. Sebastian Herkel, Leiter Geschäftsfeld Energieeffiziente Gebäude vom Fraunhofer ISE, sieht es beispielsweise als durchaus realistisch an, dass nach dem Vorbild der „Viega World“ bereits 2045 die von der Bundesregierung gewollte Klimaneutralität im Gebäudesektor erreicht wird. Voraussetzung dafür seien aber gut koordinierte Maßnahmen, den Wärme- und Strombedarf als solchen zu senken und die Gebäude gleichzeitig aus regenerativen Energien zu versorgen: „Das setzt innovative und hochskalierbare Ansätze im Bereich der Planung, des Baus und des Betriebs von Gebäuden voraus, die durch digitale Verfahren unterstützt werden können – wie es am interaktiven Viega-Weiterbildungszentrum exemplarisch umgesetzt wurde.“

Zu den innovativen Ansätzen gehört nicht zuletzt eine energieeffiziente Bereitung von Trinkwasser warm, um gerade in gut gedämmten Objekten den Wärmebedarf weiter zu senken, verwies Dieter Hellekes (Director Viega Sales Service Deutschland und gesamtverantwortlich für den Seminarbetrieb) auf einen künftig immer wichtiger werdenden Teilaspekt ressourcenschonender Planung: „Am Beispiel ‚Viega World‘ wird besonders deutlich, wie ganzheitlich Gebäude künftig gedacht werden müssen. Denn gerade bei diesem Thema treffen Klima- und Gesundheitsschutz direkt aufeinander, weil wir niedrigere Systemtemperaturen brauchen, um Energie zu sparen. Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass das Trinkwasser trotzdem hygienisch einwandfrei ist. Dafür sind innovative Lösungen gefragt, die in der ,Viega World‘ unter Praxisbedingungen bereits sehr gut funktionieren.“

Das Bild zeigt eine Grafik der
Quelle: Viega
Die „Viega World“ ist zumindest rechnerisch klimaneutral unterwegs, erzeugt unter anderem über PV mehr Energie als im Betrieb benötigt.

Gewerbeübergreifender Dialog gefordert

Für Prof. Dr.-Ing. habil. Christoph van Treeck, RWTH Aachen University, Lehrstuhl für Energieeffizientes Bauen E3D, ist die Aufgabenstellung damit gewissermaßen prototypisch für den grundlegenden gedanklichen Ansatz, warum solche Objekte künftig integral mit der Arbeitsmethodik Building Information Modeling (BIM) geplant werden müssen: „Angefangen mit einer fundierten Bedarfsplanung, mit der detaillierten Dokumentation der Nutzungsprozesse des Bauherrn wurde eine komplett neue, konzept- und prozessorientierte Herangehensweise entwickelt, die als ,Planungsphase 0‘ bereits in der frühen Projektphase einen gewerkeübergreifenden Dialog einfordert. Sie führte dazu, dass die Technische Gebäudeausrüstung aufgrund ihrer Komplexität als wichtigster Strukturgeber für das Planen und Bauen identifiziert wurde.“

Dank des Forschungsprojektes „Energie.Digital“ seien in diesem Kontext wichtige Grundlagen erarbeitet worden, um die daraus resultierenden ebenso komplexen BIM-Modelle zu reduzieren und beherrschbar zu machen. Ein entscheidender Aspekt für die künftige Umsetzung dieser Planungsmethodik in anderen Bauvorhaben.

Über die Arbeitsmethodik BIM haben die Forscher von „Energie.Digital“ nämlich eine durchgängige und systematische Methode zur Verknüpfung und Integration von TGA, Gebäudeautomation (GA) und Gebäudebetrieb entwickelt, die „es über die Nutzung digitaler Gebäudemodelle ermöglicht, neue energetische Potentiale bei der Inbetriebnahme und in der Optimierung von Gebäuden zu erschließen“, so Projektleiter Dipl.-Ing. Nicolas Réhault vom Fraunhofer ISE: „Dazu wurde eine konsistente Repräsentation der energierelevanten Eigenschaften der TGA erarbeitet und in ein digitales Abbild überführt. Im Rahmen eines wissenschaftlichen Monitorings ist es so möglich, bisher schwer zugängliche Energieeffizienzpotentiale im Gebäudebetrieb einfacher zu erschließen.“

Perspektivisch wird dieser Aspekt der Nachhaltigkeit immer entscheidender, da die Möglichkeiten energiesparenden Bauens mittlerweile an ihre Grenzen stoßen, der Betrieb aber etwa 80 Prozent der Lebenszykluskosten eines Bürogebäudes ausmacht; ca. 40 Prozent davon in Form von Energie. Um diesen Anteil zu senken, wird es zwingend notwendig, die unterschiedlichsten Datenquellen im Gebäudebetrieb anzuzapfen, unterstrich im Rahmen des Expertenforums Dominik Schlütter von der RWTH Aachen University: „Die Herausforderung besteht darin, die Menge und Komplexität der Daten adaptiv zu reduzieren und diese dann miteinander in Beziehung zu setzen.“

Das Bild zeigt die Bildschirme in der Technikzentrale.
Quelle: Eckhard Martin
Absolut aktuelle Betriebsdaten, beispielsweise Energieeinträge und -verbräuche, werden auf großen Bildschirmen in der Technikzentrale dargestellt.

Theorie und Praxis nachvollziehen

Wie weit diese gesammelten Erkenntnisse tatsächlich tragen, lässt sich von den Besucherinnen und Besuchern der „Viega World“ konkret nachvollziehen, so Maximilian Zbocna, Viega Engineering Consultant: „Unser interaktives Weiterbildungszentrum ist so transparent gebaut, dass wesentliche Betriebs- und Leistungsdaten an Monitoren in Echtzeit dargestellt werden. Damit beweisen wir nicht nur, wie praxistauglich die theoretischen Forschungsergebnisse sind.

Durch das umfangreiche wissenschaftliche Monitoring haben wir die Möglichkeit, die Annahmen und Auslegungen aus der Planung zu validieren oder anhand der realen tatsächlichen Betriebsdaten, die sich durch die tatsächliche Nutzung und den tatsächlichen Bedarf ergeben, zu justieren und zu optimieren.“

Die anschließende Diskussion unterstrich im Übrigen die Richtigkeit des Konzeptes, das Weiterbildungszentrum selbst zu einem Ort für die Zukunft des Kompetenzfeldes „Digitales Bauen“ zu machen, so Dieter Hellekes: „Die Welt des Bauens befindet sich in einer fundamentalen Umbruchphase, in der wir Investoren und Betreiber, Fachplaner und Bauausführende gleichermaßen mitnehmen müssen. Mit der ,Viega World‘ haben wir den Beweis angetreten, dass und wie das gehen kann. Jetzt ist es an uns allen, beispielsweise über Schulungen und Services wie ‚Viega Building Intelligence’ dieses Wissen in die Breite zu tragen und die Projektbeteiligten zur Integralen Planung mit der Arbeitsmethodik Building Information Modeling individuell da abzuholen, wo sie aktuell stehen. Das Expertenforum „Energie.Digital“ war dazu ein ausgesprochen erfolgreicher Auftakt.“

Das Bild zeigt die Weiterbildungsangebote von Viega auf großen Bildschirmen.
Quelle: Eckhard Martin
Es versteht sich fast von selbst, dass die Schulungen im interaktiven Viega-Weiterbildungszentrum genauso entsprechend durchdigitalisiert sind …

Sie haben eine Frage zu diesem Artikel? Dann stellen Sie der Redaktion hier Ihre Fachfrage!

Montag, 06.05.2024

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Möchten Sie die aktuellen Artikel per E-Mail erhalten?