SHK Essen – ein Nachbericht

SHK Essen: Da ist noch eine Menge Luft nach oben

Es war die erste Regionalmesse in diesem Jahr, es war Grippewelle, und nach wochenlangem Frost war „das Wetter aufgegangen“, so dass die Installateure wieder auf die Baustellen konnten. Das sind alles Erklärungsversuche, aber nicht wirklich Gründe – Gründe dafür, warum die SHK Essen in diesem Jahr so „überschaubar“ war.

Insgesamt 570 Aussteller aus 15 Nationen und eine Besucher-Benchmark von 48.500 aus 2016, mit diesen Eckdaten ist die SHK Essen 2018 an den Start gegangen. Erstmals aber nicht mehr mit dem Samstag als Messetag, dafür schon am Dienstag beginnend, um mehr Fachbesucher zu erreichen. So war der Plan. Er ist nicht aufgegangen. Zumindest nicht aus Sicht der meisten Aussteller. Dass es die Messe-Gesellschaft als Veranstalter anders bewertet, ist natürlich nachvollziehbar…

Aber: qualitativ, ergab eine nicht repräsentative Befragung der Redaktion unter den Ausstellern, war man es dennoch mit der Besucher-Resonanz auf der SHK Essen zumindest halbwegs zufrieden. Auch wenn da bisweilen schon fast ein wenig Galgenhumor mitklang. Beispielsweise bei dem Markenhersteller, der zudem einen suboptimalen Standort in seiner Halle zugewiesen bekommen hatte: „Bekanntermaßen verkaufen wir nur wenig an die ‚Laufkundschaft´ unter den Installateuren, sondern überwiegend an die im Objektgeschäft tätigen. Deswegen macht es auch nichts, wenn außer den von uns speziell eingeladenen hier sonst keiner vorbeikommt…!“ Andere wiederum lobten die Möglichkeiten zur persönlichen Kontaktpflege. Stimmt, denn neben Platz war dafür Zeit genug – und insofern schloss sich wieder der Kreis: Es waren dieses Mal deutlich mehr qualitativ gehaltvolle Gespräche möglich als im Gedränge der Vorjahre.

Was waren die Themen?

Ein zentrales, alles beherrschendes Thema in der Form gab es diesmal in Essen nicht. Stattdessen beherrschten zwei, drei wesentliche Stichworte die Gespräche.

Eines davon: Fachkräftemangel. Sinnigerweise hatte ausgerechnet die Grippewelle hier noch einmal den Finger in die Wunde gelegt. Draußen, an der „Installationsfront vor Ort“, herrscht der Mangel bei blendend gefüllten Auftragsbüchern heute schon.

Wenn jetzt noch zehn, zwanzig Prozent einer Belegschaft ausfallen, ist Holland in Not. Dann kommen die restlichen Mitarbeiter nicht zur Fachmesse, und statt auf sechs Kollegen wird der Wartungsservice auf eine Fachkraft konzentriert, wie aktuell bei einem Heizungsbauer aus der Eifel – das geht auf Strecke nicht gut. Die Fachverbände rühren zwar die Werbetrommel für mehr Ausbildung. Allein: Nur mit mäßigem Erfolg. Das Berufsbild scheint nicht „sexy“ genug. Die erhoffte Entlastung durch Zuwanderung ist ebenfalls nur eine theoretische. Es bleiben Sprachbarrieren, und die Unkenntnis der maßgeblichen Regelwerke.

Entsprechend intensiv suchen die Hersteller nach Lösungsansätzen. Produkte werden so zu Plug´n Play-Systemen, um den Installationsaufwand drastisch zu verringern. Und der klassische Service wird spezifiziert ausgeweitet, damit sich das Fachhandwerk auf seine individuellen Stärken konzentrieren kann: Der eine Handwerksbetrieb benötigt Planungsunterstützung, der zweite gibt lieber die Inbetriebnahme (beispielsweise einer Trinkwasser-Anlage) an die Kollegen vom Hersteller ab, der dritte wiederum die turnusmäßige Wartung. Hier sind ganz neuer Formen der Zusammenarbeit – und der Abrechnung! – gefragt, die im offenen und konstruktiven Dialog ausgehandelt werden müssen.

Ein anderes Thema: die Digitalisierung. Nicht BIM (Building Information Modeling); das wäre viel zu weit geworfen. Sondern elektronisch „intelligente“ Installationskomponenten, die einfach zu vernetzen sind, und Auslaufarmaturen, die man mit möglichst geringem Aufwand auf Hygienefunktionen programmieren kann. Oder komplett vorgerüstete Systeme, die sich gewissermaßen steckerfertig in die Gebäudeautomation einbinden und dann darüber parametrieren lassen. Also alles Dinge, die letztlich zwar den Kundennutzen, aber nicht die Arbeitsbelastung für den Installateur erhöhen.

Der Wunsch ist als Trend in der Breite angekommen; kaum ein Hersteller konnte es sich noch leisten, in Essen zur SHK nicht entsprechende Lösungen zu zeigen. Wobei sich eine Botschaft durchgängig herauskristallisierte: „Happy engineering“ ist nicht angesagt, benötigt werden praxisgerechte „einfache“ Lösungen. Einfach im Sinne der Installation, Inbetriebnahme und Nutzung – aber durchaus umfassend in den notwendigen (!) Funktionalitäten.

Das läuft, da wird nach und nach eine Menge Potenzial gehoben – und der Installateur ohne Tablet oder Smartphone und ohne die Fähigkeit, Apps zu nutzen und zu verwalten, wird sich sukzessive ins Abseits schießen.

Was gab es Neues?

Die Frage ist schnell beantwortet: wenig bis Nichts. Und das war gut so. Denn schon vor Jahren wurde an dieser Stelle bereits gefragt: Wenn wir zu jeder Fachmesse eine neue Sau durch´s Dorf jagen – wann wollen wir die eigentlich draußen (im Markt) mal „erlegen“ und die fette Beute dann verteilen? Oder einfacher: Wann hat der Installateur eigentlich noch die Chance, dass eine Innovation bei ihm ankommt und über Angebot oder Ausschreibung auch mal eingebaut wird – bevor die Hersteller schon die nächste Entwicklungsstufe zünden?

Da scheint endlich ein wenig der Druck aus dem Kessel genommen. Stattdessen bestimmte Feintuning das Bild, wurden vor allem – sic! – Montage- und Installationserleichterungen an bereits vorhandenen Systemen und Anlagenkomponenten vorgenommen.

Bei dickwandigen Stahlrohrleitungen Pressen statt Schweißen war ein Beispiel dafür, die „gesteckte“ und dadurch automatisch dichte Duschwand anstelle aufwändiger Montage ein anderes. Denn wer sagt eigentlich, dass sich wahrer Fortschritt immer nur in großen Schritten vollziehen kann?

Auffällig: Der sich weiter fortsetzende Trend, über den Tellerrand der eigenen Produktgruppe hinaus zu denken und den benachbarten Leistungsbildern etwas abzunehmen. Das Dusch-WC gibt es nun mit dem abgestimmten Vorwandelement vom Keramik-Hersteller, der profilierte Duschrinnen-Anbieter ergänzt sein Portfolio um hochwertigstes Meublement aus einer Manufaktur. Zwei Beispiele von diversen; es bleibt abzuwarten, ob es mehr ist als nur ein Marketingargument und sich auch in entsprechenden Umsatzzuwächsen niederschlägt.

Was es auf jeden Fall Neues gab: eine neue Stufe der Beratungsqualität. Die Hardware auf dem Messestand und die digitale Kommunikation sind immer enger verzahnt, intelligente Verknüpfungen auf dem Touchscreen in metergroßen Dimensionen an der Wand liefern blitzartig Zusatzinfos, die früher aufwändig aus Prospekten und technischen Broschüren gezogen werden mussten. Anwendungsbeispiele, Installationsvarianten und Systemalternativen sind nur einen Lidschlag lang voneinander entfernt – aber das persönliche Gespräch, der direkt Kontakt mit dem Kunden und nicht zuletzt die haptische Erfahrung des zur Rede stehenden Produktes bleiben in jeder Hinsicht erhalten. Beeindruckend!

Wie geht es weiter?

Die Zukunft der Regionalmessen jetzt gleich wieder infrage zu stellen, wäre mehr als fahrlässig. Denn: Der persönliche Kontakt mit der Standardfrage „Wo ist denn mein Verkaufsberater??“ ist durch nichts zu ersetzen. Auch nicht durch die beliebten flankierenden Roadshows oder Vortragsreihen, mit denen einige Hersteller auch aktuell über Land ziehen. Stattdessen sind das alles mittlerweile Elemente in der Kundenansprache, die symbiotisch vernetzt eingesetzt werden müssen, wenn man optimal eine immer inhomogenere Zielgruppe erreichen möchte.

Insofern war auch die SHK in Essen einmal mehr die Reise wert. Und jetzt geht es weiter nach Nürnberg…

Ach so, noch „true facts“…

Ein kleiner Zwischenstopp auf dem Weg dahin ist allerdings doch noch nötig, denn zwischenzeitlich hat die Messe-Gesellschaft Essen ihre Bilanz zur SHK 2018 vorgelegt. Wir zitieren, auszugsweise: Vom 6. bis 9. März 2018 strömten über 44.000 Besucher auf die erste Fachmesse des Jahres für Sanitär, Heizung, Klima und erneuerbare Energien in Deutschland. „Das war eine erfolgreiche SHK Essen. … Die Stärke der SHK Essen ist ihre kompakte und praxisbezogene Ausrichtung“, so das Fazit von Oliver P. Kuhrt, Geschäftsführer der Messe Essen. … Hans-Peter Sproten, Hauptgeschäftsführer im Fachverband SHK NRW: „Das Handwerk zieht eine überaus positive Bilanz. … Insbesondere die Nachwuchsveranstaltungen … und die hervorragend frequentierte Azubi-Lounge mit über 1.100 Jugendlichen, sind ein Garant für die Begeisterung und Qualifizierung des Nachwuchses.“

Die SHK Essen 2018 verzeichnete 567 (2016: 556) Aussteller aus 15 (15) Nationen. Die Hochrechnung des letzten Messetages mit einbezogen kamen rund 35.500 (FKM-)registrierte Fachbesucher.

2020 öffnet die SHK Essen vom 10. bis 13. März – und strahlt in neuem Glanz. Nach der Modernisierung der Messe Essen erwartet Aussteller und Besucher eines der technisch modernsten Messegelände in Deutschland mit fünf neuen Hallen im nördlichen Areal, die noch größer, besser angebunden und klarer strukturiert sind. Außerdem wird das digitale Gebäudemanagement eine Stärkung als weiterer Schwerpunkt im Angebot der SHK Essen erfahren.

Zitat Ende. Inklusive der Rechenaufgabe, wer sich alles zwischen den 35.500 registrierten Fachbesuchern und den eingangs postulierten 44.000 Besuchern an den Drehkreuzen am Eingang schwindelig gelaufen hat.

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Mittwoch, 18.04.2018