Erfolg durch Veränderung – in der Kontinuität eines Familienbetriebes

Im Interview: Kemper-Geschäftsführer Rupprecht Kemper

Ein 150-jähriges Firmenjubiläum – das ist eine „Hausnummer“, die wahrlich nicht alltäglich ist. Armaturenhersteller Kemper (Olpe) kann dieses Jubiläum feiern. Herzlichen Glückwunsch! Und „Danke schön“ zugleich an den geschäftsführenden Gesellschafter Rupprecht Kemper, dass er sich die Zeit nahm für ein Gespräch mit der Redaktion des SanitärJournals.

1864 – ist zwar schon eine Weile her, aber bis heute noch unglaublich präsent: Damals wurde, beispielsweise, die Heineken-Brauerei gegründet! Der US-Kongress wiederum formulierte den legendären Satz „In God we trust“, der seitdem auf jeder amerikanischen Münze steht. Im Juni 1864 wird außerdem der Psychiater Alois Alzheimer geboren, im August der Altphilologe Paul Wendland, und im November zudem der Maler Henri de Toulouse-Lautrec. Es war also ein ereignisreiches Jahr. Im Übrigen auch, vom Globalen ins Lokale – das dann doch wieder global werden wird – im südwestfälischen Olpe: Familie Kemper gründete damals und daselbst das gleichnamige Unternehmen, das heute in der SHK-Branche gewissermaßen synonym steht für hochwertige Ventile u.ä. aus Rotguss, vor allem aber (seit 2007) mit dem Kemper Hygienesystem KHS für ebenso ausgetüftelte wie komplexe Lösungen zum Erhalt der Trinkwasserhygiene. Was, als ein Baustein in der Reihe diverser weiterer Innovationen im Laufe der Unternehmenshistorie, auch ein Grund für das Motto des Jubiläumsjahres ist: „150 Jahre Kemper – Erfolg durch Veränderung“.

Herr Kemper, „Erfolg durch Veränderung“ hört sich richtig gut an, zugleich aber steht ja kaum mehr für „Kontinuität“, für „Bleibendes“ als ein 150-jähriges Firmenjubiläum…

…und beides an sich ist ja auch kein Widerspruch, sondern hängt vielleicht sogar ganz entscheidend miteinander zusammen! Vor 150 Jahren haben die Unternehmensgründer mit Scharnieren angefangen, seit den 60er Jahren produziert Kemper Armaturen, und dem schloss sich eben folgerichtig die Weiterentwicklung hin zu kompletten Systemen an. Insofern hat es den `Erfolg durch Veränderungen´ schon immer gegeben – nur die Schnelligkeit und Dynamik der Entwicklung hat sich in den zurückliegenden zwei, drei Jahrzehnten zweifellos fast schon dramatisch beschleunigt.

Wenn Sie auf diese dynamische Zeit zurückblicken, was waren denn für Kemper in den Jahren die entscheidenden Meilensteine?

Ein zentraler, weil viele weitere Entwicklungen anstoßender Meilenstein war zweifellos in den 70er Jahren die Verlagerung des Unternehmens vom Stammsitz mitten in der Stadt in das Industriegebiet an der Harkortstraße (Anm. d. Redaktion: die mittlerweile komplett „Kemper Betriebsgelände“ ist). Denn ab dann konnten wir in der Gießerei – übrigens eine der modernsten in Europa – Großserien fertigen und dadurch neue Märkte, beispielsweise in der Wassertechnik, eröffnen. Der Geschäftsbereich Gusstechnik bedient hieraus unsere Kunden u. a. mit hochkomplexen Rotgussbauteilen nach deren spezifischen Vorgaben und Zeichnungen.

Mit dem Schub, den die deutsche Wiedervereinigung brachte, packte Kemper als nächstes unter dem Motto „Sichern, Absperren, Regeln“ die wasserführende Technik hinter der Wand in ihrer Gesamtheit an – der Systemgedanke war geboren.

Der produktgesteuerte Systemgedanke ist aber etwas anderes als das Besetzen eines Kompetenzthemas, hier: Erhalt der Trinkwasserhygiene, mit dem sich Kemper heute am Markt positioniert…

Ja, aber es hängt entscheidend zusammen: Erst aus der Systemtechnik, aus der ganzheitlichen Betrachtung von Trinkwasser-Installationen heraus konnten wir unseren Leitgedanken „Wasser muss fließen“ entwickeln, der schließlich im KHS-System mündete und seitdem erfolgreich weiter ausgebaut worden ist. Für Kemper brachte das gleichzeitig wiederum einen enormen Kompetenzzuwachs bis hin zur Steuer- und Regelungstechnik. Heute kann man sagen: „Im SHK-Markt haben wir die intellektuelle Position zur Wasserhygiene besetzt.“ Unterstrichen wird das nicht zuletzt durch die Seminare, die wir unter anderem in unserem neuen Technikum anbieten und an denen pro Jahr rund 14.500 Fachleute aus ganz Deutschland teilnehmen.

Das KHS-System war zweifellos ein sehr großer Wurf. Die Frage, die sich gerade angesichts der hohen Entwicklungsdynamik anschließt, ist aber doch sofort: Was kommt danach?

Natürlich haben wir uns diese Frage auch gestellt – mit dem Kemper ThermoSystem KTS bereits die nächste programmatische Systemlösung, diesmal für Trink-Warmwasser, „nachgelegt“ und freuen uns, dass sich das mittlerweile genauso prächtig entwickelt wie das KHS. In beiden Bereichen, der hygienischen Absicherung von Trinkwasser kalt wie Trinkwasser warm, ist außerdem im Markt noch so viel Potential vorhanden, dass wir uns um die Zukunft keine Sorgen machen müssen.

Besteht, bei dieser Geschwindigkeit in der Entwicklung und der Komplexität der Systeme, eigentlich nicht die Gefahr, die Kunden – Planer und installierendes Fachhand-werk – zu überfordern?

Eine solche Gefahr besteht zweifellos. Deswegen versuchen wir beispielsweise auch, neben unserem Schulungsprogramm durch ein immer breiter gespanntes Netz an qualifizierten Ingenieuren und Beratern unsere Kunden in ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen.

Und die 2010 zugekaufte Softwareschmiede Dendrit, welche Rolle spielt die mit ihren Haustechnik-Programmen dabei?

Dendrit ist mit der eigen entwickelten Haustechnik-Software eine entscheidende Klammer, die KHS und KTS zusammenhält, denn damit können Planer und planende Fachhandwerker im Land unsere Systeme strömungsseitig simulieren und so schon in der Projektierungsphase ganz präzise überprüfen, wie beispielsweise unsere Strömungsteiler im Kemper HygieneSystem den Erhalt der Trinkwasserhygiene gewährleisten. Das gibt ihnen das entscheidende Quäntchen Sicherheit, das umgekehrt wir wiederum für den Markterfolg von KHS und KTS brauchen. Bestätigt wird diese Win-win-Wechselwirkung nicht zuletzt durch die beacht­lichen Zuwächse, die Dendrit in den vergangenen vier Jahren in der Marktdurchdringung zu verzeichnen hat: mehr als die Hälfte aller für Kemper relevanten Planungsbüros arbeiten heute schon mit dieser Software.

Bei aller Begeisterung für die SHK-Branche und die wasserführende Haustechnik muss man bei „150 Jahre Kemper“ aber zumindest ein paar Worte auch über ein weiteres wirtschaftliches Standbein des Unternehmens, das Kemper Walzwerk, verlieren.

In der Tat, denn mit dem Fokus auf hoch präzise, weltweit eingesetzte Bleche für die Elektro- und die Elektronikindustrie steuert es etwa 50 Prozent zum Umsatz bei – und das seit zwanzig Jahren mit Zuwachsraten von jährlich 5 bis 7 Prozent! Insgesamt produzieren wir, auch hier am Standort in Olpe in direkter Nachbarschaft zum Armaturenwerk, rund 22.000 Tonnen Kupfer-Bandmaterial jährlich. Die werden zum großen Teil in die USA exportiert, zunehmend außerdem nach Asien im Allgemeinen und China im Besonderen. Das gleiche gilt natürlich für Deutschland und Europa.

Das Kemper Armaturenwerk wird dauerhaft in Olpe bleiben, wie die aktuelle Neubaumaßnahme mit 12.300 m² Fläche am Standort zeigt. Für das Walzwerk haben Sie ein benachbartes Betriebsgebäude zusätzlich gekauft. Wie passt diese Standorttreue zu „Erfolg durch Veränderungen“, wenn sich zeitgleich vor dem Hintergrund einer globalisierten Wirtschaft andere Unternehmen weltweit aufstellen oder aufstellen müssen?

Die Standortfaktoren, die wir in Deutschland und speziell in Südwestfalen vor­finden, sind in ihrer Gesamtheit betrachtet hervorragend. Deswegen haben wir auch in den vergangenen zehn Jahren rund 90 Millionen in eben diesen Standort investiert – und schaffen es so, selbst bei dem Bandmaterial, das aus unserem Walzwerk nach China geliefert wird, 90 Prozent der Wertschöpfung hier am Ort zu halten. Entsprechend sehen wir keine Veranlassung, die Kernkompetenzen aus Forschung, Entwicklung und Fertigung, die Kemper groß gemacht haben, um geringfügiger Kostenvorteile willen zu exportieren.

Tatsache ist aber auch, dass wir gleichzeitig ebenso in die Vermarktungshoheit unserer Produkte und Systeme weltweit investieren, in der Schweiz und in Großbritannien, in EU-Ländern und ebenso in China oder den USA. Das sichert uns die dringend notwendige Nähe zu den Märkten, über die wir letztlich wiederum die Initialzündungen für neue, marktgerechte und damit Erfolg versprechende Projekte ziehen.

Und wenn Sie, im Rückblick auf 150 Jahre Firmengeschichte und auf 17 Jahre Geschäftsführer-Tätigkeit, die weiteren Erfolgsfaktoren beschreiben sollten, die Kemper stark machen – was käme dann noch?

Dann kommt mit Sicherheit der Hinweis auf die Stärken eines konservativ geführten Familienunternehmens! Das bringt eine Unternehmenskultur mit sich, vor deren Hintergrund Ziele und Visionen sehr bedacht und gründlich entwickelt, um dann ebenso konsequent wie zielstrebig verfolgt zu werden. In Kombination mit dem finanziellen Background, für den die Familiengesellschafter stehen, und den flachen Hierarchien entwickeln sich dann letztlich die Entscheidungen, die auch das weitere kontinuierliche Wachstum von Kemper absichern.

Herr Kemper, wir bedanken uns herzlich für dieses Gespräch..

Weiterführende Informationen: http://www.kemper-olpe.de/home/

Mittwoch, 12.11.2014