Während sich das allgemeine Zahlungsverhalten stetig verbessert, lässt das der öffentlichen Hand doch sehr zu wünschen übrig – obwohl das seit nunmehr drei Jahren geltende „Gesetz zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs“ die behördliche Zahl-Moral verbessern sollte…
Gib dem Amtsschimmel die Sporen…
Laxe Zahlungsmoral der öffentlichen Hand
Mittwoch, 04.07.2018
„Trotz sprudelnder Steuereinnahmen lassen sich Behörden mancherorts besonders lange Zeit, fällige Forderungen zu bedienen. Unter anderem Handwerker und andere Dienstleister haben dann oft das Nachsehen“, kritisiert Kirsten Pedd, Präsidentin des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU). Das „Nachsehen haben“ ist dabei noch recht höflich formuliert: Jede vierte Firma geht inzwischen in die Insolvenz durch das miserable Zahlungsverhalten ihrer Kunden, schätzen Experten. Besonders das Zahlungsverhalten der öffentlichen Hand verschlechtert sich besorgniserregend. Und zudem völlig konträr zum allgemeinen Trend – die allgemeine Zahlungsmoral hat sich nämlich enorm verbessert.
Handwerk nach wie vor besonders stark von Insolvenz bedroht
90 Prozent der privaten Bauherren begleichen ihre Handwerkerrechnungen innerhalb von 30 Tagen. Knappe acht Prozent dieser Klientel lassen sich bis zu drei Monaten Zeit mit der Zahlung.
Die öffentliche Hand hingegen scheut vor dem „Igel in der Tasche“: 17 Prozent der Rechnungen, also mehr als doppelt so viele, werden mit nahezu 90 Tagen Verzug beglichen. Das suboptimale Zahlungsverhalten der öffentlichen Auftraggeber könnte also durchaus die überdurchschnittlich hohe Insolvenzquote der Unternehmen im Baugewerbe mit verursachen. Die liegt laut Creditreform im ersten Halbjahr 2018 mit 79 Firmen je 10.000 Bestandsunternehmen deutlich über dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt von 61 je 10.000 Unternehmen.
Allerdings ist auch festzuhalten, dass die Insolvenzquoten aller Branchen in den letzten zehn Jahren kontinuierlich sanken (siehe Grafik). Eine weitere Folge der laxen Zahlungsmoral: Immer mehr Handwerksbetriebe nehmen erst gar keine Aufträge der öffentlichen Hand mehr an…
„Kultur der unverzüglichen Zahlung“…
Seit nunmehr knappen drei Jahren ist das „Gesetz zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs“ in Kraft. Danach gilt für öffentliche Auftraggeber als Schuldner eine Zahlungsfrist von 30 Tagen. Aufgrund besonderer Umstände kann eine Frist bis zu maximal 60 Tagen vereinbart werden. Darüber hinaus gehende Vereinbarungen sind schlicht unwirksam. Dem Gesetz liegt die EU-Richtlinie 2011/7/EU zugrunde. Darin heißt es leicht gekürzt: „Zahlungsverzug stellt einen Vertragsbruch dar, der für die Schuldner durch niedrige oder nicht vorhandene Verzugszinsen und/oder langsame Beitreibungsverfahren finanzielle Vorteile bringt. Ein durchgreifender Wandel hin zu einer Kultur der unverzüglichen Zahlung ist erforderlich, um diese Entwicklung umzukehren und von der Überschreitung der Zahlungsfristen abzuschrecken.“ Kultur der unverzüglichen Zahlung - das klingt ja sehr gut!
Und weiter: „Lange Zahlungsfristen und Zahlungsverzug öffentlicher Stellen für Waren und Dienstleistungen verursachen ungerechtfertigte Kosten für Unternehmen.“ Ganz genau!
Dazu ein Vorschlag: Die Regierung erlässt umgehend eine Verordnung zur verpflichtenden Lektüre einer für das bessere Verständnis ins „amtsschimmelige“ übersetzten Version der „Richtlinie zur Förderung einer Kultur der unverzüglichen Zahlung“ per Aushang in allen Amtsstuben…