Überraschend häufig: Multiresistente Keime in Flüssen und Seen

Noch keine Gefahr für das Trinkwasser?

Der übermäßige Einsatz von Antibiotika in Massentierhaltung und Humanmedizin fördert die Verbreitung gefährlicher Keime in Oberflächengewässern. Entspricht das aus diesen Rohwässern gewonnene Trinkwasser noch allen hygienischen Anforderungen?

Nicht erst seit der aufsehenerregenden Reportage des NDR über die hohe Anzahl gefährlicher Keime in Badeseen, Flüssen und Bächen von Anfang Februar ist bekannt, dass antibiotikaresistente Erreger in der Umwelt vorkommen und sich von dort aus gefährlich ausbreiten können. So wurde 2017 über eine Person berichtet, die länger in einem Bach gelegen hatte und fast ertrunken wäre. Aus diesem Bachwasser hatte der Patient offenbar resistente Keime aufgenommen und in das Frankfurter Uniklinikum eingeschleppt!

Auch das Resistenzgen mcr1 kommt schon häufig in der Umwelt vor, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) mitteilt. „Dieses Resistenzgen ist seit einigen Jahren bekannt, es wurde jedoch in Deutschland selten bei vom Menschen isolierten Erregern nachgewiesen. Bakterien, die mcr1 in sich tragen, sind resistent gegen das wichtige Reserve-Antibiotikum Colistin, das in der Nutztierhaltung häufig verwendet wird“, so das RKI. In erster Linie bringen Abläufe von Kläranlagen, Abwässer aus Kliniken und die Ausbringung von Gülle auf Felder und Wiesen die Erreger in die Gewässer.

Safety first!

Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e.V (DVGW) fordert jetzt vor diesem Hintergrund die konsequente Anwendung des Vorsorge- und Verursacherprinzips – oberste Priorität habe die Sicherheit der Trinkwasserressourcen: „Daher sind Vorsorgemaßnahmen, die darauf abzielen, dass multiresistente Bakterien gar nicht erst flächig in den Wasserkreislauf eintreten, sondern bereits an der Quelle eingedämmt werden, von zentraler Bedeutung für die Sicherheit der Trinkwasserversorgung“, verdeutlicht der Vorstandsvorsitzende des DVGW, Prof.Dr. Gerald Linke anlässlich einer aktuellen Bundestagsdebatte. Die Wasserwirtschaft fordere seit langem einen verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung und in der Humanmedizin. „Zudem ist die Separation und Behandlung von belasteten Krankenhausabwässern vor der Einleitung in die öffentliche Kanalisation ein zentraler Baustein des Vorsorge- und Verursacherprinzips. Wir müssen beim Verursacher an der Quelle der Verschmutzung ansetzen. Denn Stoffe, die erst gar nicht in die Gewässer gelangen, müssen auch nicht mit hohem Kostenaufwand entfernt werden“, so Linke weiter.

Beruhigend sei, dass derzeit bewährte Aufbereitungs- und Desinfektionsverfahren der Versorger wie Filtration und Chlor noch zur Entfernung sämtlicher Bakterien aus dem Trinkwasser führten. Die Betonung liegt auf: „Noch“!

Wirksame Gegenstrategien

Das Verbundprojekt „HyReKa“ prüft und entwickelt jetzt Strategien gegen die zunehmende Belastung: „In diesem Vorhaben soll die Ausbreitung antibiotikaresistenter Erreger aus Krankenhäusern, Tiermast- und Schlachtbetrieben sowie Flughäfen über die Abwässer und Kläranlagen in die Oberflächengewässer nachverfolgt werden. Darüber hinaus werden in einer Großkläranlage neue Abwasserbehandlungstechniken getestet, mit denen resistente Erreger zurückgehalten werden können“, umreißt HyReKa die eigenen Ziele.

Weiter wird die wichtige Frage nach der Konzentration von Antibiotika im Abwasser und im Oberflächenwasser untersucht. Reicht die aus, um resistenten Erregern einen evolutionären Vorteil zu verschaffen? Das würde deren Ausbreitung enorm begünstigen…

Dienstag, 20.03.2018