Nachruf auf Max Mustermann

Blick durchs „Schlüsselloch": Wie werden wir künftig wohnen?

Familie Mustermann ist tot. Ganz tot. Denn neue Megatrends formen die Gesellschaft und verändern das Wohnen, und damit auch die Ansprüche der „Muster-Familie“: Privates wird öffentlicher und das Öffentliche wird privater. Und das Bad wird zum geschmackvollen Boudoir.

Die „traurige“ Nachricht zuerst: Max Mustermann ist tot. Und mit ihm die ganze Familie Mustermann. Sie standen für das Berechenbare, das Normale in allen Lebenssituationen. Die Familie lieferte die Standards für das Massengeschäft, sie setzte und etablierte Trends. Danach ließ sich am Fließband produzieren, ließen sich Geschäftsmodelle ausrichten. Max Mustermann repräsentierte eben den typischen Konsumenten der Industriegesellschaft. Dass er jetzt ausgemustert ist, heißt aber nicht, dass er gänzlich verschwunden ist. Denn am Horizont der nahen Zukunft zeigen sich neue Trends, die das Wohnen, Leben und Arbeiten in der nächsten Zukunft prägen werden. Das legt eine aktuelle Studie des Zukunftsinstituts in Frankfurt nahe.

Megatrends verändern die Welt

Die Zukunfts-Forscher identifizieren zwölf sogenannte Mega-Trends. Deren markantes Merkmal ist weniger die zeitliche Dauer von 30 oder mehr Jahren. Vielmehr ist das ihr „Impact“, ihr formender Einfluss auf ganze Gesellschaften. Sie bestimmen die Art und Weise, wie wir wohnen, arbeiten und zusammenleben werden.

„Kaum etwas bestimmt unser Leben so sehr wie die Räume, die uns umgeben. Beim Thema Wohnen manifestiert sich die ganze Tragweite der Megatrends. Hier wird ihre Wirkung sichtbar und spürbar”, erläutert Harry Gatterer, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts, die Bedeutung der Studie. Wohnen werde deutlich flexibler. Von festen Raumfunktionen und Konstellationen gelte es sich zu verabschieden. „Es geht darum, Lebensräume zu schaffen, die eine Anpassung an sich stetig wandelnde Bedürfnisse ermöglichen. In Zukunft bestimmt nicht nur die räumliche Privatsphäre die Lebensqualität. Der Schwerpunkt verschiebt sich von ‚square meters’ hin zu ‚shared meters’. Das stellt das traditionelle Verständnis der eigenen vier Wände auf den Kopf”, erklärt Oona Horx-Strathern, eine der Autorinnen.

Die Öffnung des Zuhauses hin zu gemeinschaftlichem Erleben lasse beispielsweise die Küche zum Ort gemeinsamen Kochens, zum sozialen Treffpunkt werden. Das Bad wiederum werde zum persönlichen Refugium, zum geradezu spirituellen Boudoir.

Agora-Prinzip: Welt als Wohnraum

Andererseits werde die Welt zum Wohnraum: Durch die gemeinschaftliche Nutzung öffentlicher Flächen und durch mehr öffentlichen Raum in Gebäuden. Geschickt umgesetzt wurde dieses Agora-Prinzip beispielsweise schon am Kings Cross in London. Das Viertel sei eine gelungene Kombination aus öffentlicher und privater Stadtentwicklung, durch die der einstige Rotlicht- und Drogenbezirk Londons zu einem der begehrtesten Wohnviertel wurde, so die Studie.

Weitere Einsichten der Studie: Die jungen Alten werden nicht mehr in Altersheimen leben und Möbelhersteller sollten sich fragen, welchen Lebensstil sie mit ihrem Design unterstützen wollen.

Das SanitärJournal wird in loser Folge die wichtigsten dieser spannenden Megatrends vorstellen.

Donnerstag, 29.06.2017