Mit intelligenter Gebäudetechnologie nutzerorientiert planen und bauen

Seit vier Jahren beschäftigen sich Professoren und Mitarbeiter auf dem Campus Minden der Fachhochschule (FH) Bielefeld mit Intelligenten Gebäudetechnologien und haben diese zu einem fachlichen Schwerpunkt am Hochschulstandort Minden gemacht.

„Intelligente Gebäudetechnologien sind ein ideales Thema für den Campus, weil wir hier den perfekten Fächermix vor Ort haben, von Architektur und Bauingenieurwesen über Elektrotechnik und Informatik bis hin zur Pflege“, weiß Professor Dr. Oliver Wetter, Vorsitzender des Vereins Intelligente Gebäudetechnologien, kurz InteG e.V.

Aus dem Fächermix hat sich mit Zustimmung des Wissenschaftsministeriums inzwischen der interdisziplinäre Forschungsschwerpunkt „InteG-F: Intelligente Gebäudetechnologien unter einem Dach“ entwickelt, in dem Informatiker, Architekten, Bauingenieure, Elektrotechniker, Pflegewissenschaftler und auch Wirtschaftspsychologen gemeinsam verschiedene Fragestellungen bearbeiten. Zu den Mitgliedern im InteG e.V zählen unter anderem auch Institutionen wie beispielsweise die FH Bielefeld, die Handwerkskammer OWL und Energieimpuls OWL.

Symposium: Intelligente Gebäudetechnologien

Das Kompetenzzentrum für Intelligente Gebäudetechnologien im neuen Kammer-Gebäude in Bielefeld sieht sich zum einen selbst als Forschungsobjekt, will aber unter anderem auch Handwerksunternehmen gewerkeübergreifend schulen und durch Veranstaltungen wie beispielsweise jüngst das vierte Symposium informieren, an dem Experten des Forschungsschwerpunktes InteG-F und anderer Forschungsprojekte gemeinsam mit der Handwerkskammer und Vertretern aus dem „Regionalen Innovations-Netzwerk Intelligente Gebäudetechnologien OWL“ teilnahmen.

Das Symposium bietet einen regen und komplexen Austausch etwa zum Thema „Wohlergehen und Akzeptanz im intelligenten Gebäude“. Hier waren sich die Teilnehmer schnell einig darüber, dass die Nutzer so früh wie möglich in die Planungen eingebunden werden müssen und dass eine Art Gebrauchsanweisung benötigt werde. „Wie das Serviceheft beim Auto“, lautete ein Vorschlag. An einer App, die genau diesen Zweck erfüllen soll, arbeiten derzeit Architekt Prof. Dr. Ulrich Schramm und der Informatiker Jan Budke.

Auch Skepsis gegenüber der Daten­sicherheit und Angst vor Verlust der Selbstbestimmung im Gebäude wurden geäußert, was bestätigt, wie sensibel die Frage nach der Akzeptanz der neuen Technologien ist. Grundsätzlich müsse man sich aber immer vor Augen halten, dass es nicht darum gehe, „mit seinem iPhone die Kaffeemaschine zu bedienen“, was ein Teilnehmer beispielhaft als Klischee für Intelligente Gebäude oder Smart Home nannte. „Aber wenn es um Sicherheit geht und eine Brandmeldeanlage bei einem Alarm mit der Steuerung der Jalousien kommuniziert und dafür sorgt, dass sich alle Jalousien automatisch öffnen, wird das niemand für Unsinn halten.“

Dass aber genau diese Schnittstellen noch nicht durch entsprechende Normen definiert seien, zeigte sich in der Diskussion zum Thema Brandschutz. Der Stahlbetonbauprofessor Dr. Uwe Weitkemper und der Informatikprofessor Dr. Martin Hoffmann erforschen, wie man die baulichen Anforderungen mit der Informationstechnik in Bestandsbauten zusammenbringen kann. Beim Teilprojekt zur Optimierung von Erdwärmesonden arbeitet der Geotechniker Professor Dr. Hans-Georg Gülzow mit einem Strömungsmechaniker und einem Regelungstechniker zusammen. In einem Feldversuch auf dem Campus wollen sie herausfinden, wie sich die Sonden effizient dämmen lassen.

Auch bei den Handwerksunternehmen wird noch Schulungsbedarf in puncto Aufklärung und Beratung der Nutzer und bei der integralen, also gewerkeübergreifenden Planung und Ausführung gesehen. Während bei der Planung größerer Zweckbauten in der Regel ein Fachplaner beteiligt ist, sei beim Umbau einer privaten Wohnung meist ein Handwerksbetrieb der erste Ansprechpartner. Zwar sei die Beratung in die Prüfungsordnung der Meister mit aufgenommen worden und die „jungen Meister“ hätten sogar häufig zwei Ausbildungen. Doch bereits etablierte Betriebe hätten noch Nachholbedarf.

„Der typische Single ist über 80“

Mit der Frage, wie man Gebäudetechnik in einer alternden Gesellschaft sinnvoll einsetzen kann, befasst sich Professorin Dr. Irene Müller. „Der typische Single ist über 80, weiblich und lebt alleine“, so Müller. „Sicherheit spielt für ältere Menschen eine große Rolle, da gibt es sinnvolle technische Unterstützung. Aber noch wichtiger ist eigentlich die soziale Anbindung. Es gibt viele interessante Beispiele für sozial vernetzte Quartiere und Wohnmodelle, die auch in Minden umzusetzen wären.“

Zu Gast beim Symposium war außerdem Dr. Felix Meckmann von Meckmann Partner, um über den Nutzen, Aufwand und Mehraufwand des nachhaltigen Planens und Bauens zu referieren. „Der Energieausweis wurde anfangs oft belächelt. Inzwischen ist es aber so, dass manche Käufer keine Finanzierung mehr bekommen für Wohnhäuser, weil der Energie­ausweis so schlecht aussieht und einen Sanierungsstau aufzeigt. Nachhaltigkeitszertifikate sind deshalb wichtig für die Wertsteigerung von Immobilien.“

Donnerstag, 28.05.2015