SHK-Systemtechnik

Verbrühung – eine Näherung an ein unterschätztes Thema

Dienstag, 10.12.2019

Für Betreiber, Planer und Fachhandwerker ist es daher von entscheidender Bedeutung, ob und gegebenenfalls was die Technischen Regelwerke zum Verbrühungsschutz vorsehen.

Beispiel für einen Sicherheitsanschlag zur Temperaturbegrenzung in einer Selbstschlussarmatur (Petit SC-M, Schell).
Quelle: Schell
Bild 3: Beispiel für einen Sicherheitsanschlag zur Temperaturbegrenzung in einer Selbstschlussarmatur (Petit SC-M, Schell).

Technische Regeln zum Thema Verbrühungen

Das DVGW W 551 fordert im Kapitel 5.5.1 „Entnahmearmaturen“: „Es sollen nur Entnahmearmaturen mit Einzelsicherungen und, wo gefordert, Verbrühungsschutz eingesetzt werden.“ Weitere Bezüge zum Verbrühungsschutz finden sich in der DIN EN 806-2, Punkt 9.3.2 und in der DIN 1988-200 9.3.2 sowie in den „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ ASR A 4.1 „Sanitärräume“.

In der DIN EN 806-2 wird das Thema „Verbrühungsschutz“ folgendermaßen beschrieben: „Anlagen für erwärmtes Trinkwasser sind so zu gestalten, dass das Risiko der Verbrühung gering ist“. Im Folgenden erläutert die Norm, wie das Risiko verringert werden kann: „An Entnahmestellen mit besonderer Beachtung der Auslauftemperaturen, wie in Krankenhäusern, Schulen, Seniorenheimen usw., sollten zur Vermeidung des Risikos von Verbrühungen thermostatische Mischventile oder Batterien mit Begrenzung der oberen Temperatur eingesetzt werden. Empfohlen wird eine höchste Temperatur von 43 °C. Bei Duschanlagen usw. in Kindergärten und in speziellen Bereichen von Pflegeheimen sollte sichergestellt werden, dass die Temperatur 38 °C nicht überschreiten kann.“

Es geht also dem Regelwerkssetzer um eine Risikominimierung. Daher macht die Norm Vorschläge, wie dies zu erreichen ist. Was das juristisch bedeutet, erläutert Rechtsanwältin Felicitas Flossdorf vom Fachverband Sanitär Heizung Klima NRW: „Auffällig ist, dass die Normen zum Verbrühungsschutz mit der Formulierung ‚soll‘ arbeiten (‚sollten … eingesetzt werden‘, ‚empfohlen wird‘, ‚soll sichergestellt werden‘). Zunächst ist daher zu klären, welche Bedeutung die Formulierung ‚soll‘ hat. Grundsätzlich gilt im Recht, dass eine ‚Soll-Vorschrift‘ ein Tun oder Unterlassen für den Regelfall festlegt, aber nicht zwingend vorschreibt. Anders als bei einer ‚Muss-Vorschrift‘, bei der ein Tun oder Unterlassen abschließend bestimmt ist, lässt eine Soll-Vorschrift eine wertende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles zu und ermöglicht so, dass das jeweilige Ziel der Norm auch auf anderem Wege erreicht wird.

Ähnliche Ansätze werden auch in der Normungsarbeit zugrunde gelegt: So führt die DIN 820-2 in Tabelle H zu Sprachregelungen in Normen aus, dass das Verb ‚soll’ dann angewendet wird, wenn bei mehreren Möglichkeiten eine besonders empfohlen wird.

Im Umkehrschluss bedeutet dies auf den Verbrühungsschutz bezogen, dass eine mechanische Temperaturbegrenzung (z. B. Thermostatventil) eine Empfehlung und keine zwingende Anforderung ist. Das Schutzziel „Verbrühungsschutz“ kann auch durch andere Maßnahmen erreicht werden. Zu denken ist dabei bei besonders zu schützenden Personengruppen beispielsweise an abgeschlossene Sanitärräume, die nur gemeinsam mit Fachpersonal/Pflegekräften genutzt werden können, oder zusätzliche Absperreinrichtungen. Dieses Ergebnis wird bislang auch von der einschlägigen Rechtsprechung bestätigt (BGH vom 22.08.2019, Aktenzeichen: III ZR 113/18; OLG Hamm vom 16.10.2013, Aktenzeichen: I-12 U 3/13).

Wenn nicht bereits Maßnahmen zum Verbrühungsschutz vertraglich festgelegt wurden, kann ich unseren Betrieben und Fachplanern nur empfehlen, den Auftraggeber auf die Gefahr von Verbrühungen schriftlich hinzuweisen und ihm die unterschiedlichen Maßnahmen zur Auswahl vorzustellen. Am Ende werden dann die Maßnahmen schriftlich fixiert und auf dieser Basis die einzelnen Entnahmestellen geplant.“

In der DIN 1988-200, Kapitel 9.3.2, wird zusätzlich zur DIN EN 806-2 erläutert, welche produktseitigen Möglichkeiten es gibt, um das Risiko von Verbrühungen zu minimieren, und die Aussagen auf Wohngebäude ausgeweitet: „Thermostatische Mischer zur Temperaturbegrenzung müssen DIN EN 1111 und DVGW W 574 entsprechen. In Wohngebäuden und vergleichbaren Einrichtungen dürfen Einhebelmischer nach DIN EN 817 eingesetzt werden, bei denen eine Zwangsbeimischung von Trinkwasser kalt eingestellt werden kann und diese durch einen Sicherheitsanschlag fixiert wird.“

Autoren dieses Artikels

Roland Suchenwirth
Niedersächsisches Landesgesundheitsamt
Peter Arens
Leiter Produktmanagement, Schell GmbH & Co.KG
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