SHK-Systemtechnik

Trinkwasserhygiene nach VDI/BTGA/ZVSHK 6023-Blatt 1

Dienstag, 19.11.2019

In Trinkwasser-Installationen können sich Mikroorganismen, unter Umständen auch Krankheitserreger, vermehren.

Durch Stagnation, falsche Werkstoffauswahl und ungeeignete Betriebsweise kann die Trinkwasserbeschaffenheit in den Leitungen durch Vermehrung von Mikroorganismen oder durch erhöhte Konzentration von in Lösung gehenden Anteilen der Werkstoffe beeinträchtigt werden, sodass die an das Trinkwasser gestellten Anforderungen nicht mehr erfüllt sind.

Mikrobiologische Beeinträchtigungen entstehen im Allgemeinen dadurch, dass Trinkwasser nicht steril ist. Es enthält Organismen, die sich selbst bei sehr geringen Nährstoffangeboten vermehren können. Zu unterscheiden ist dabei einerseits das Trinkwasser selbst und andererseits die mit Mikroorganismen besiedelten Oberflächen, die in Kontakt mit Trinkwasser stehen, dem Biofilm. Entstehung und Wachstum von Biofilmen werden schon durch geringe Mengen verwertbaren organischen Materials ermöglicht. Sie sind unvermeidbar und müssen berücksichtigt werden. Es gibt in Trinkwasser-Installationen auch Keime, die nicht pathogen1 sind. Sie befinden sich in einem konkurrierenden System um Lebensraum und Nährstoffe mit den pathogenen Keimen. Desinfektionsmaßnahmen können kontraproduktiv sein und diesen Gleichgewichtszustand zerstören.

BILD 1  Die
Quelle: ABA BEUL GmbH
BILD 1 Die "ABA-flow"-Spülstation für PWC beziehungsweise PWH.

Unabhängig von der gelieferten Trinkwasserbeschaffenheit muss der Biofilm in Trinkwasser-Installationen durch technische Maßnahmen beherrscht werden. Die Maßnahmen fokussieren auf drei Einflussgrößen, die zusammenhängend zu betrachten sind, da sie immer gemeinschaftlich wirken:

  • Vermeidung von Temperaturen, die die Vermehrung von pathogenen Keimen, insbesondere Legionellen, begünstigen.

  • Minimierung von Stagnationszeiten durch Wasserentnahmen und Verhinderung von Totleitungen.

  • Minimierung des Nährstoffgehalts des Trinkwassers.

Der VDI-Entwurf [6023]2 schreibt einen regelmäßigen Wasseraustausch an allen Entnahmestellen vor, um die Konzentration von Bakterien im Trinkwasser durch Verdünnung zu reduzieren.

Nährstoffgehalt

Verschmutzungen auf wasserberührten Oberflächen, die beispielsweise während der Herstellung oder Errichtung der Trinkwasser - Installation durch unsachgemäße Lagerung und Handhabung entstehen, können eine wesentliche Nährstoffquelle sein. Es dürfen grundsätzlich nur Bauteile mit mikrobiologisch einwandfreien wasserberührten Oberflächen eingesetzt werden. Dies ist nur bei zugelassenen Bauteilen der Fall, die trocken geprüft und in geeigneter Weise bis zum Einbau gegen Verunreinigungen geschützt werden. Desinfektionsmaßnahmen können ebenfalls zu einem erhöhten Nährstoffgehalt durch die zurückgebliebene Biomasse führen.

BILD 2  ABA-Temperatursensor zum Nachrüsten in einer Entleerungsbohrung.
Quelle: ABA BEUL GmbH
BILD 2 ABA-Temperatursensor zum Nachrüsten in einer Entleerungsbohrung.

Temperatur

Der für zahlreiche pathogene Mikroorganismen besonders günstige Temperaturbereich von 20 bis 55 °C ist zu vermeiden, um nicht deren Vermehrung zu begünstigen. Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) liefert hierzu keine eigenen Angaben oder Grenzwerte.

Kaltes Trinkwasser (PWC) sollte aus hygienischen Gesichtspunkten so kalt wie möglich sein, fordern [6023] und das Robert-Koch-Institut. [6023] erlaubt eine Maximaltemperatur von 25 °C, empfiehlt allerdings ebenfalls eine Maximaltemperatur von 20 °C.

VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 1, Kap. 5.1.2.1: „Es ist möglich, dass die Temperatur des Trinkwassers z. B. aufgrund der hohen Außentemperaturen bereits am Hauseingang mehr als 20 °C beträgt. Für solche Fälle müssen andere Lösungen gefunden werden, um das Risiko der Legionellenvermehrung zu mindern (z. B. häufiges Spülen).“

Warmes Trinkwasser (PWH) darf nicht weniger als 55 °C haben. Trinkwasserspeicher dürfen nicht als Energiespeicher für Nichttrinkwasserzwecke zweckentfremdet werden.

Stagnation

Eine weitere, aus trinkwasserhygienischer Sicht wichtige Größe ist die Durchströmung (Strömungsgeschwindigkeit) der Rohrleitung, denn auch bei besten hygienischen Bedingungen kann sich langsames mikrobielles Wachstum zeigen, wenn genügend Zeit zur Verfügung steht, also die Wasserbewegung sehr gering ist oder Stagnation auftritt. Besonders kritisch wird es, wenn in der Rohrmitte nur ein laminarer Stromfaden strömt und damit kein Wasseraustausch an den Rohrwandungen stattfinden kann. Man spricht hier von einer laminaren Strömung. Üblicherweise herrscht in der Trinkwasser-Installation die Form einer turbulenten Strömung, die bei Überdimensionierung der Rohrleitungen im schlimmsten Fall laminar werden kann. Charakterisieren lässt sich die Strömungsform über die sogenannte Reynoldszahl Re3. Ab Re ≥ 2300 bildet sich mit großer Wahrscheinlichkeit eine turbulente Strömung aus. Ein Anstieg der Strömungsgeschwindigkeit erhöht den Turbulenzgrad und reduziert die Dicke der laminaren Grenzschicht an der Rohrinnenwand. Außerdem erhöhen sich die Scherkräfte, die Ablösung beziehungsweise Nichtanhaftung von Biofilm begünstigen.

Von Sascha Breuer
Leitung Produktentwicklung, ABA Beul GmbH
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