Sozial, asozial, ganz egal – das ist Wohnungsbaupolitik

Montag, 27.08.2018

Die Wohnungsnot in den Ballungszentren nimmt dramatische Züge an. Selbst Bezieher mittlerer Einkommen können sich in Hamburg, Berlin oder München kaum mehr als 2 Zimmer-Küche-Bad auf „Tinyhouse“-Niveau leisten. Das ist nicht neu, das ist thematisch nicht originell – das ist eigentlich einfach nur zum Heulen. Aus Sicht der Betroffenen. Und derer, die ihnen mitfühlen…

Wirklich zum Heulen ist aber im Grunde die Position der Politik zu diesem Thema. Es wird beispielsweise über die Mietpreisbremse schwadroniert – als wenn es dann mehr Wohnungen gäbe und nicht nur mehr Bewerber um eine Wohnung. Oder die Investoren in Geschosswohnungsbau auf einmal Schlange stünden wegen der schlechteren Renditeaussichten… „Luxussanierungen“ wiederum sollen als „Ordnungswidrigkeit“ geahndet werden – das Investitionsvolumen von über 10.000 Euro (das kaum für ein besser ausgestattetes Bad ausreicht) steht also in demselben intellektuellen Erfassungsrahmen wie ein Parkknöllchen… Und der „Gentrifizierung“ möchte man mit der Einrichtung von Milieuschutzgebieten begegnen. Zwei Drittel von Berlin-Kreuzberg sind deswegen schon das soziologische Pendant zum Fauna-Flora-Habitat. Nur dass hier statt des Blauschillernden Feuerfalters und der Knoblauchkröte die Vergangenheit von Zille und die Gegenwart der Späties im glänzenden Lichte abblätternder Stuckfassaden und lack-rissiger Fensterrahmen konserviert wird.

Das soll wirklich die Zukunft des Wohnungsbaus im Allgemeinen und des sozialen Wohnungsbaus im Speziellen sein? Einschränkungen, Begrenzungen und beamtete Restriktionen sollen einen schon seit Jahren von extremer Knappheit gezeichneten Markt regulieren?

Wer daran glaubt, der glaubt auch daran, dass Zitronenfalter Zitronen falten. Oder aber er hat ein Weltbild, nach dem die alles regelnde Staatsmacht dem am allgemeinen Sozialtropf hängenden Volke die Mühen des täglichen Seins über eine hinreichende Zahl von Wohltaten so weit erleichtert, dass eben dieses Volk erst jegliche Eigeninitiative und dann auch noch den letzten Rest individuellen Denkens aufgibt.

Der soziale Mietwohnungsbau sollte am besten noch weiter reguliert werden als bisher. Denn nach wie vor gibt es Reste zäher Investoren (hier links im Bild), die sich gegen alle bürokratischen Widerstände in diesem augenscheinlich noch nicht tot genug regulierten Marktsegment tummeln… *sarkasmusmode aus*
Quelle: Martin
Der soziale Mietwohnungsbau sollte am besten noch weiter reguliert werden als bisher. Denn nach wie vor gibt es Reste zäher Investoren (hier links im Bild), die sich gegen alle bürokratischen Widerstände in diesem augenscheinlich noch nicht tot genug regulierten Marktsegment tummeln… *sarkasmusmode aus*

Doch das, was aktuell an sozialer Wohnungsbaupolitik betrieben wird, hat nichts, aber auch rein gar nichts mit Sozialfürsorge zu tun. Es ist vielmehr das krampfhafte Verdrängen des jahrelangen Versagens, perspektivisch den Bau einer hinreichenden Zahl von Sozialwohnungen in durchmischten Milieus zu entwickeln und so zugleich komplette Quartiere aufzuwerten. Stattdessen steht selbst heute noch beispielsweise in München zu befürchten, dass der Grund und Boden von aktuell über 500 Wohneinheiten (WE) in Eisenbahnersiedlungen auf Erbpachtgrundstücken vom Bundeseisenbahnvermögen (BEV) meistbietend versilbert wird. Bis zu 7.000 Euro soll das pro Quadratmeter bringen. Die kleine Baugenossenschaft hinter diesen 500 Eisenbahner-WE kann die dann 126 Millionen Grundstückspreis zwar nicht stemmen. Aber das ist dann eben im politischen Raum ein hinzunehmender Kollateralschaden, solange nur die eigene Kasse stimmt…

Selten war Heinrich Heine mit dem Wasser predigen und Wein trinken so präsent – und damit selten so nahe die Analogie zu Deutschland als Wintermärchen.

Von Eckhard Martin
Chefredaktion SanitärJournal
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