Bad

„Stadtluft macht frei“

Freitag, 04.12.2015

Die Stadt: Seit Jahrtausenden der Brennpunkt von Kultur und Fortschritt. Erstmals in der Geschichte leben heute mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Der mündige Bürger steht im Mittelpunkt künftiger städtischer Entwicklungen.

Das Bild zeigt ein futuristisches Hochhaus in der Stadt.
Quelle: Eckhard Martin
Motor der Wissensgesellschaft: die moderne Stadt.

Unsere Kultur ist eine städtische. Zunehmenden Wohlstand, bürgerliche und individuelle Freiheiten, das „Streben nach Glück“, all das verdanken wir der Stadt. Die „Barbaren“ der Antike wurden von der städtischen Kultur des Römischen Imperiums angelockt und zivilisiert. Das „Dunkle Zeitalter“ endete in den stolzen Städten des Hochmittelalters mit ihrem regen Handel, Gewerbe und ihren gotischen Kathedralen. In den freien italienischen Städten wie Mailand und Florenz entwickelten sich die modernen Formen des Wirtschaftens und der Wissenschaften. Endgültig triumphierte die Stadt als wegweisender Lebensraum mit der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts.

Seit 2009 leben global mehr Menschen in Städten als auf dem Lande. Und diese Tendenz hält wohl weiterhin an: Ab 2050 werden zwei Drittel aller Menschen auf diesem Planeten in Städten leben; in hochentwickelten Ländern wie Deutschland leben heute schon 75 Prozent der Menschen in urbanen Ballungsräumen. Die Stadt ist Motor der Wissens-Gesellschaft, und deren Antrieb ist die sich rasant entwickelnde und alles vernetzende Informationstechnologie. Sie ist aber auch ein äußerst komplexes System, die zum einen den Wünschen der Bürger nach Mobilität, lebenswertem Wohnraum und bester Versorgung mit Wasser, Energie und Nahrung gerecht werden muss. Zum anderen sieht sie sich konfrontiert mit der demografischen Entwicklung, den Migrationsströmen und den Herausforderungen der Energiewende.

Wie sieht sie nun aus, die Stadt der (nahen) Zukunft, die „Smart City“? Und was bedeutet das für die konkrete Entwicklung eines Quartiers?

Das Bild zeigt moderne Wohnformen im Bestand. Im Vordergrund befindet sich eine moderne Metallkonstruktion als Zugangstreppe zu einem Bestandsgebäude.
Quelle: Eckhard Martin
Neues Leben im alten Bestand: Alternative Wohnformen wie Mehrgenerationen-Projekte und Wohngemeinschaften werden zunehmend nachgefragt.

Der mündige Mensch im Mittelpunkt

Der gut informierte und mündige Bürger des digitalen Zeitalters sieht sich nicht mehr als nur passiven Konsumenten von (Wohn-)Produkten und Dienstleistungen. Er versteht sich zunehmend als ak­tiver Gestalter seines Lebens und seines Umfeldes. Das gilt gerade auch für das Wohnquartier. Die Unternehmen, Gesellschaften und Genossenschaften der Wohn­branche tun gut daran, ihre Kunden weder als Könige noch als Konsumenten zu sehen. Vielmehr gilt es, eine Beteiligungskultur zu entwickeln, die den Trend zu mehr Selbstbestimmung und auch ökologisch motivierter Selbstverantwortung unterstützt. Geplante Sanierungen, Renovierungen und neue Projekte erfordern kommunikative Konzepte, die alle Beteiligten und Betroffenen als Akteure mit einbeziehen. Das mag anfangs schwieriger erscheinen, kann aber zu besseren Ergebnissen, zu höherer Akzeptanz und zur Identifikation mit dem Quartier führen.

Das Quartier wird grüner und kommunikativer

Barrierefreie Bewegung nicht nur im Wohnbereich, sondern im gesamten Quartier für Alte und Junge wird verstärkt nachgefragt werden. Neue Wohnformen, jenseits von klassischer Familie und Single, werden das künftige Quartier prägen, genannt seien Mehrgenerationenprojekte und Wohngemeinschaften. An die je­weilige Wohnform angepasste Raumaufteilung und -erweiterung beispielsweise durch flexible Trennwände und gemeinschaftlich und kommunikativ genutzte Bereiche wie Nachbarschafts-Cafés kommen diesen Bedürfnissen entgegen. Auch der urbane Gartenbau jenseits des klassischen Schrebergartens, neudeutsch auch „Urban Gardening“ genannt, verändert womöglich das Quartier der Zukunft. Die Aufzucht von Nutz- oder Zierpflanzen auf dem Dach, auf Brachflächen oder sogar in speziellen Räumen und auf Terrassen als vertikaler Anbau kommt dem verbreiteten Bedürfnis nach Naturnähe und Selbst­versorgung entgegen.

Das Bild zeigt Holzpellets vor einem Ofen.
Heizen mit Holz ist zwar klimaneutral, emittiert aber auch Feinstaub.

Vom Smart Home zur Smart City

Die Wärme verbraucht 71 Prozent der Energie eines Haushaltes. Gleichzeitig kann die Effizienz der Wärmeversorgung im Bestand noch erheblich verbessert werden, sei es durch Dämmung oder optimalere Wärmeerzeugung. Das geht nicht ohne die mitwirkenden und effizienzbewussten Bewohner. Die Bundesregierung verfolgt das etwas ehrgeizige Ziel, bis 2050 einen klimaneutralen Wohnbestand zu erreichen.

Es ist aber eher davon auszugehen, dass Öl und vor allem Gas noch länger die dominierenden Energieträger der Wärmeerzeugung sind. Allenfalls die Wärmepumpe mit einem Anteil von knapp 10 Prozent an den Wärmeerzeugern in 2011 und die thermisch genutzte Solarenergie machen den beiden klassischen Energieträgern Konkurrenz. Der zwar klimaneutrale Einsatz von nachwachsendem Holz für die Wärmeerzeugung ist aber wegen der damit verbundenen Feinstaub-Emission gerade in Ballungsräumen eher kritisch zu sehen. Mehr CO2 – Einsparungen werden sich wohl in erster Linie mit effizienteren Heizsystemen erzielen lassen.

Vom Smart Home über Smart Grid in die Smart City: Ein ganz klarer Trend geht zur digitalisierten, vernetzten, dezen­t­ralen und intelligenten Steuerung und Regelung der Energieströme. Wachsender Wohnkomfort und steigende Effizienz der Energienutzung gehen hier Hand in Hand. Aber nicht nur die energetische, auch die logistische Versorgung und die Entsorgung der Abfälle werden sich in Richtung einer smarten Kreislaufwirtschaft entwickeln. 2012 wurden 70 Prozent des gesamten Abfallaufkommens recycelt.

Einen umfassenden Blick auf diese Tendenzen wirft die Publikation der VDI-Initiative „Stadt : Denken – Bausteine für die Stadt der Zukunft“.

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