Trinkwasserhygiene

Praxisbericht: Versteckte Gefahr

Legionellen im Trinkwasser

Montag, 11.03.2019

Eine Nachricht, die in den letzten Wochen und Monaten vermehrt in den Medien zu lesen war: Turnhallen oder Schwimmbäder geschlossen – wegen Legionellenbefalls.

Das Bild zeigt einen Duschkopf.
Quelle: Beulco
Nach Schätzungen des Umweltbundesamtes erkranken jedes Jahr allein in Deutschland ca. 30.000 Menschen an einer Lungenentzündung, die durch Legionellen hervorgerufen wird.

So zeigt es auch das Beispiel einer Sporthalle in Deutschland. Die Heizungsanlage und weitere Installationen einer Sporthalle sollten erneuert werden. In diesem Zusammenhang wurde eine Beprobung des Trinkwassers durch das Planungsbüro in Auftrag gegeben. Es stellt sich heraus, dass es die erste Trinkwasserbeprobung nach dem Bau der Sporthalle vor 29 Jahren ist – obwohl eine regelmäßige Überprüfung gesetzlich gefordert ist. Ergebnis: Eine extrem hoch kontaminierte Trinkwasserinstallation mit Werten von mehr als 175-fach über Normalwert.

Wie gefährlich sind Legionellen?

Legionellen bergen eine große Gefahr für die menschliche Gesundheit. Nach Schätzungen des Umweltbundesamtes erkranken jedes Jahr allein in Deutschland ca. 30.000 Menschen an einer Lungenentzündung, die durch Legionellen hervorgerufen wird. Die Sterberate von Legionellose in Deutschland liegt derzeit bei etwa sieben Prozent.

Die Bakterien vermehren sich in der Trinkwasserinstallation dort, wo Wasser stagniert und kein Wasseraustausch stattfindet. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn selten oder gar nicht genutzte Leitungen noch am Versorgungsnetz hängen oder andere technische Mängel vorliegen. So können Mietwohnungen, die über einen längeren Zeitraum nicht genutzt worden sind, zu einem Risikofaktor werden, denn im schlimmsten Fall kann das Trinkwassersystem des ganzen Hauses kontaminiert werden.

Legionellen können sich aber auch durch Bildung von Biofilmen lange Zeit an Oberflächen halten, wenn hierfür günstige Bedingungen vorhanden sind. Legionellen vermehren sich maßgeblich dann, wenn die Temperaturen im Warmwassersystem zwischen 25 und 50 °C liegen. Eine Übertragung ist im Prinzip durch Kontakt mit Leitungswasser möglich, wenn die Legionellen in Form von Aerosolen (Tröpfchen) in tiefere Lungenabschnitte gelangen. Vor allem Duschen, Systeme wie Klimaanlagen, Luftbefeuchter, Whirlpools, Nebelerzeuger, Brunnen, etc. bergen die Gefahr einer Infektion.

Was passiert bei einem Legionellenbefall?

Die Duschen in der Sporthalle wurden umgehend gesperrt. Wie es in Sporthallen üblich ist, werden die Duschen in den Umkleideräumen sehr unterschiedlich oft benutzt. Tagsüber findet meist Schulsport statt, abends der Vereinssport – der in den Sommermonaten vermehrt draußen stattfindet. Die ganze Kapazität der Duschen wird nur einmal im Jahr bei einem größeren Turnier genutzt. Daher steht das Wasser oft in den Leitungen und fließt zu selten und zu wenig. Zudem existieren auch Stagnationsleitungen.

Die Trinkwasserbeprobung wurde, wie nach Norm vorgeschrieben, von einem zertifizierten Unternehmen ordnungsgemäß durchgeführt. Die Installation der Sporthalle besteht aus einem 2.000 Liter Pufferspeicher, 14 Duschplätze und weitere diverse Zapfstellen wie WC-Waschbecken, die Küche oder Technikräume.

Aus der Beprobung ergaben sich Werte von bis zu 17.600 KBE (kolonienbildende Einheiten) an Duschen und Waschbecken. Auf Grund des hohen Gesundheitsrisikos enthält die Trinkwasserverordnung einen technischen Maßnahmenwert von 100 KBE pro 100 ml. Bei Überschreitung dieses Wertes müssen Maßnahmen zur hygienisch-technischen Überprüfung der Trinkwasserinstallation im Sinne einer Gefährdungsanalyse durch den Betreiber eingeleitet werden.

In diesem Falle waren unverzüglich Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen durzuführen. Diese beinhalten eine Ortsbegehung und Prüfung der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Weiterhin ist eine Gefährdungsanalyse zu erstellen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten, um den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten. Die ergriffenen Maßnahmen müssen unverzüglich an das Gesundheitsamt gemeldet werden.

Die Maßnahmen in diesem akuten Fall beinhalteten unter anderem zunächst die Schließung der Duschen und Waschanlagen sowie die Beauftragung der Desinfektion der kompletten Installation.

Desinfektion der Sporthalle

Die Desinfektion der Trinkwasserinstallation erfolgte durch die Firma BEULCO aus Attendorn. Die neuartige Desinfektionsanlage und das Verfahren des Unternehmens überzeugte die Verantwortlichen auf Grund ihrer Kompaktheit und der Möglichkeit des mobilen Einsatzes. Das dazugehörige Desinfektionsmittel „BEULCO Clean“ ist schnell, effektiv und umweltfreundlich, sodass es risikofrei eingesetzt werden kann, heißt es seitens des Herstellers.

Auf Grund der hohen Kontamination vor Ort wurde das Desinfektionsmittel im Rahmen einer Stoßdesinfektion im Mischverhältnis fünf Prozent zentral nach dem Wasserzähler in den Trinkwasserkreislauf eingeführt. Die Desinfektion erfolgt sowohl im Kalt- als auch Warmwasserbereich. In Fällen mit geringerer Kontamination reicht eine Dosierung mit drei Prozent vollkommen aus, da das Mittel auch in geringer Konzentration effektiv wirkt. Bei der Desinfektion einer kompletten Anlage ist darauf zu achten, dass das Desinfektionsmittel auch den letzten Punkt der Installation erreicht, um eine Rückverkeimung zu vermeiden.

Die desinfizierende Wirkung von „BEULCO Clean“ kann über den Redox-Wert ermittelt und nachverfolgt werden. Der Redox-Wert (oder Redox-Spannung) wird in Milli-Volt gemessen und ist ein Maß für die keimtötende und oxidative Wirkung von Desinfektionsmitteln in Wasser. Je höher der Redox-Wert, desto niedriger ist die Verunreinigung des Wassers und der Anlagenteile.

Während des Desinfektionsvorgangs wurde der Redox-Wert an jeder Zapfstelle (Duschköpfe, Auslaufventile, Waschtischarmaturen, etc.) gemessen, um zu prüfen, ob das Desinfektionsmittel wirkt und ob der benötigte Redox-Wert erreicht wird. Wird bei einer fünfprozentigen Dosierung ein Wert von 750 mV an jeder Zapfstelle erreicht, ist die Anlage zu dem Zeitpunkt keimfrei, was bedeutet, dass die weichen Biofilmablagerungen abgebaut und zersetzt sind. Dies wird anhand der Trübung der Wasserproben am Zapfhahn sichtbar.

Da sich aber auch noch ältere Biofilmablagerungen im Leitungsnetz befinden, welche eine härtere und festere Substanz aufweisen, sind sinkt die mV-Spannung mit der Zeit wieder ab.

Das Bild zeigt einen gefüllten Messbecher.
Quelle: Beulco
Nach Einsatz des Desinfektionsmittels "BEULCO Clean" werden die Biofilmablagerungen der Installation nach und nach herausgespült.

Nach dem ersten Desinfektionsvorgang wurde die Installation für einen Zeitraum von 1,5 Stunden stillgelegt und eine erneute Probe genommen. Der Redox-Wert ist nach der Stilllegung wieder gesunken, da sich die harten Biofilmablagerungen noch in der Installation befanden. Daher wurde ein erneuter Desinfektionsvorgang mit Fünf-Prozent-Dosierung durchgeführt. Der Redox-Wert [mV] war über Nacht wieder auf einen relativ niedrigen Wert zurückgefallen. Anschließend wurde nochmals mit einer Drei-Prozent-Dosierung nachdesinfiziert, bis der Redox-Wert sich wieder auf 700 mV an allen Zapfhähnen eingependelt hat. Dieser Wert wurde relativ schnell erreicht, was bedeutet, dass die am Vortag durchgeführten Vorgänge erfolgreich waren. Eine Probenahme nach vier Tagen ergab durchweg positive Ergebnisse.

In diesem Fall wurde nach der Stoßdesinfektion eine Anlage in den Wasserkreislauf eingebaut, die das Desinfektionsmittel „BEULCO Clean“ im Verhältnis von 1:1000 in das Leitungsnetz einspeist. Diese Maßnahme sollte sicherstellen, dass alle Verkeimungen definitiv und nachhaltig entfernt werden und keine neuen Keime in das Leitungsnetz eindringen können. Selbst in dieser geringen Konzentration werden Biofilm und Keime abgetötet – dabei ist die Konzentration für den Menschen völlig ungefährlich. Die Kaltwasserversorgung war weiterhin in Betrieb, sodass Toiletten und Waschbecken genutzt werden konnten.

Somit konnte die Sporthalle ihren vollen Betrieb wieder aufnehmen. Nach sechs Wochen wurde nach Genehmigung des zuständigen Kreisgesundheitsamtes eine dauerhafte Unterhaltsdesinfektion zur Legionellenvorbeugung installiert.

Eine dauerhafte Desinfektion in der Trinkwasserinstallation ohne Beseitigung der technischen und betrieblichen Mängel ist nach Trinkwasserverordnung nicht zulässig und so auch keine langfristige Lösung. Hier ist eine Absprache und Genehmigung des Gesundheitsamtes Pflicht. Die Unterhaltsdesinfektion kann zur Überbrückung eingesetzt werden, während alle Mängel in der Installation beseitigt werden.

Das Bild zeigt ein Messgerät an einer Badewanne.
Quelle: Beulco
Mit Hilfe des "Redox"-Messgerätes wird festgestellt, ob das Wasser und somit auch die Installation keimfrei ist.

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