SHK-Systemtechnik

Nachweis des bestimmungsgemäßen Betriebs einer Trinkwasser-Installation

Montag, 21.01.2019

Jeder Verbraucher kann davon ausgehen, dass am Hausanschluss Trinkwasser von bester Qualität zur Verfügung steht. Aber es besteht auch die Gefahr, dass sich in schlecht ausgeführten oder schlecht gewarteten Leitungsnetzen Mikroorganismen vermehren und die Gesundheit der Menschen beeinträchtigen oder gar gefährden.

Bei Planung und Bau einer Trinkwasseranlage muss durch konstruktive Maßnahmen sichergestellt werden, dass Ansiedlung und Vermehrung der Mikroorganismen nicht begünstigt und der bestimmungsgemäße Betrieb sichergestellt werden kann. Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) legt hier besonderen Wert auf die Vorbeugung.

Quelle: ABA BEUL GmbH
Bild 1: "ABA-flow" Spülstation für PWC beziehungsweise PWH.

Die DIN EN 806-5 [1] definiert einen bestimmungsgemäßen Betrieb so, dass innerhalb von sieben Tagen ein Wasseraustausch durch Wasserentnahme im jeweiligen Leitungsabschnitt oder der gesamten Trinkwasser-Installation (TRWI) durchgeführt wird. Unter hygienischen Gesichtspunkten wird jedoch ein täglicher Wasseraustausch in allen Teilstrecken der Trinkwasser-Installation empfohlen. Dabei sind kurze Nutzungsunterbrechungen bis zu 72 Stunden – bezugnehmend auf VDI/DVGW 6023 [2] – als unkritisch einzustufen.

Temperatur ist aus trinkwasserhygienischer Sicht eine Größe, auf die es sehr zu achten gilt. Man sollte den für zahlreiche pathogene Mikroorganismen besonders günstigen Temperaturbereich von 25 bis 50 °C vermeiden, um nicht deren Vermehrung zu begünstigen. Die TrinkwV liefert hierzu keine eigenen Angaben oder Grenzwerte. Es findet sich jedoch in den technischen Regelwerken [3] Kap 8.3 und [2] Kap. 5.1 eine Angabe von maximal 25 °C für Kaltwasser. Generell gilt allerdings, dass Kaltwasser möglichst kühl sein soll, um mikrobielles Wachstum nicht zu begünstigen [4].

Angaben zur Warmwassertemperatur finden sich in [5] Kap. 6: Am Austritt des Trinkwassererwärmers werden für Großan
lagen (Speichervolumen > 400 l und/oder > 3 l in jeder Rohrleitung zwischen Trinkwassererwärmer und Entnahmestelle) mindestens 60 °C, für Kleinanlagen (Speichervolumen ≤ 400 l und ≤ 3 l in jeder Rohrleitung) mindestens 50 °C gefordert. Dazu muss aber im Betrieb ein Wasseraustausch innerhalb von drei Tagen sichergestellt sein [3] Kap. 9.7.2.3. Andernfalls müssen auch Kleinanlagen mit 60 °C am Austritt des Trinkwassererwärmers betrieben werden. Kurzzeitige Temperaturabsenkungen im Minutenbereich sind tolerierbar, systematische Unterschreitungen jedoch nicht akzeptabel.

Temperaturverlauf einer Messstelle
Quelle: ABA BEUL GmbH
Bild 2: Temperaturverlauf einer Messstelle

Auf Wasseraustausch achten

Eine weitere, aus trinkwasserhygienischer Sicht wichtige Größe ist die Durchströmung (Strömungsgeschwindigkeit) der Rohrleitung, denn auch bei besten hygienischen Bedingungen kann sich langsames mikrobielles Wachstum zeigen, wenn genügend Zeit zur Verfügung steht, also die Wasserbewegung sehr gering ist oder Stagnation auftritt. Besonders kritisch wird es, wenn in der Rohrmitte nur ein laminarer Stromfaden strömt und damit kein Wasseraustausch an den Rohrwandungen stattfinden kann. Man spricht hier von einer laminaren Strömung. Üblicherweise herrscht in der Trinkwasser-Installation die Form einer turbulenten Strömung, die bei Überdimensionierung der Rohrleitungen im schlimmsten Fall laminar werden kann. Charakterisieren lässt sich die Strömungsform über die sogenannte Reynoldszahl Re. Ab Re ≥ 2300 bildet sich mit großer Wahrscheinlichkeit eine turbulente Strömung aus. Ein Anstieg der Strömungsgeschwindigkeit erhöht den Turbulenzgrad und reduziert die Dicke der laminaren Grenzschicht an der Rohrinnenwand. Außerdem erhöhen sich die Scherkräfte, die Ablösung bzw. Nichtanhaftung von Biofilm begünstigen.

Die auf Bauteil- und Rohrleitungsinnenseiten anhaftenden Biofilme und deren Mikroorganismen können zu mikrobiologisch induzierter Korrosion (MIC) führen. MIC wird durch Stoffwechselprodukte dieser Organismen ausgelöst, die zum Beispiel Schwefelwasserstoff, Schwefelsäure und Salpetersäure bilden. Bei metallenen Werkstoffen führt MIC hauptsächlich zu Flächen-, Spalt-, Lochfraß-, Mulden- und auch Spannungsrisskorrosion.

Durch die Rohrleitungsführung und die Anordnung der Entnahmestellen sollte aus den vorher genannten Gründen ein kontinuierlicher, höchstmöglicher Wasseraustausch angestrebt werden. Einzelanschlussleitungen zu selten genutzten Entnahmestellen sollten so kurz wie möglich beziehungsweise das Wasservolumen so klein wie möglich sein. Als Obergrenze gelten hierbei 3 l ( [2] Kap 4.3.1, [3] Kap 8.1). Gemeinsam bilden diese Kriterien die drei Säulen der Trinkwasserhygiene.

Spülprotokoll
Quelle: ABA BEUL GmbH
Bild 3: Spülprotokoll

Dezentral spülen

Nicht immer lassen sich in TRWI kritische Abschnitte vermeiden, in denen der Wasseraustausch, wenn auch nur zeitweise, unzureichend ist, in denen also ein bestimmungsgemäßer Betrieb nicht dauerhaft gegeben ist. Solche Nutzungsbereiche, in denen aufgrund von Stagnation ein durchgehender hygienegerechter Betrieb nicht gewährleistet ist, sollten über geeignete technische Maßnahmen abgesichert werden. Für Trinkwasser kalt/warm stellt eine dezentrale Spülstation eine praktikable Lösung dar [Abb. 1].

Die Einheit wird am Ende einer Reihenleitungs- oder in einer Ringleitungs-Installation an beliebiger Stelle eingebaut. Die Spülmenge und Betriebsart (zeit-, temperatur-, nutzungsgesteuert) können bedarfsgerecht angepasst programmiert werden. Gegenüber zentralen bieten dezentrale Spülsysteme dabei den Vorteil, dass der ausgelöste Wasseraustausch sehr gezielt und gerade in dem Umfang erfolgt, der für einen hygienischen Anlagenbetrieb erforderlich ist. Damit wird der Forderung von [6] nach Berücksichtigung des Wasser- und Energiebedarfs bei der Auslegung von Trinkwasser-Installationen entsprochen. Durch den Einsatz von intelligenter Spültechnik ergibt sich die Möglichkeit, im Nachhinein den bestimmungsgemäßen Betrieb nachweisen zu können, indem die Anlage ein Spülprotokoll aufzeichnet. [Abb. 3]

Sensoren vorsehen

Weiterhin lässt es sich nicht immer vermeiden, gerade im Bestand, dass Temperaturen an bestimmten Stellen der TRWI immer in hygienisch unbedenklichen Bereichen gehalten werden können. So kann es vorkommen, dass sich Heizungsleitungen und Kaltwasserleitungen zum Beispiel kreuzen oder zu nah kommen. Oftmals können solche baulichen Gegebenheiten nur mit erheblichem bautechnischem Aufwand korrigiert werden. Damit diese neuralgischen Stellen ebenfalls abgesichert werden, empfiehlt es sich, durch die Kombination von externen Temperatursensoren mit einer dezentralen Spülstation ein Spülszenario zu installieren, das bei Unter- oder Überschreitungen der hygienegerechten Temperaturen Spülungen auslöst und so sichergestellt wird, dass es hier nicht zu sogenannten Hotspots kommt, von denen aus der Rest der TRWI kontaminiert wird. Diese Temperatursensoren gibt es als Einschraubtemperatursensoren [Abb. 4] für den Einsatz in Entleerungsbohrungen an Absperrventilen oder als eigenständige Bauteile zum Einbau in die Rohrleitung. Ein weiterer Vorteil, der sich durch den Einsatz von Temperatursensoren in der TRWI ergibt, ist die Nachweismöglichkeit der Temperatureinhaltung [Abb. 2] über die Lebensdauer eines Objektes.

Temperatursensor zum Nachrüsten in einer Entleerungsbohrung.
Quelle: ABA BEUL GmbH
Bild 4: Temperatursensor zum Nachrüsten in einer Entleerungsbohrung.

Fazit:

Die Sicherstellung des bestimmungsgemäßen Betriebs zu jeder Zeit hat sich dank der Weiterentwicklung in der Armaturentechnik und des Einsatzes intelligenter Spüllösungen zum Stand der Technik etabliert. Temperatursensoren erfassen den thermischen Zustand einer Installation und Volumensensoren die tatsächliche Bewegung des Wasserkörpers im realen Betrieb. Basierend auf diesen Werten entscheiden moderne Spülsysteme, ob ein Wasseraustausch durchgeführt werden muss oder nicht. Während einer Risikoabschätzung durch zum Beispiel eine Gefährdungsanalyse kann die elektronisch gespeicherte Dokumentation des Betriebs und der Temperaturverläufe maßgeblich dazu beitragen, Schwachstellen zu erkennen oder den gesunden Status einer TRWI zu unterstreichen.

Literatur

[1] DIN EN 806-5: Technische Regeln für Trinkwasserinstallationen – Teil 5: Betrieb und Wartung, 2012.

[2] VDI/DVGW 6023: Hygiene in Trinkwasser-Installationen; Anforderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung, 2013.

[3] DIN 1988-200: Technische Regeln für Trinkwasserinstallationen – Installation Typ A (geschlossenes System) – Planung, Bauteile, Apparate, Werkstoffe, 2012.

[4] WHO Guidelines for Drinking Water Quality, 2004.

[5] DVGW W551: Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen.

[6] DIN EN 806-2: Technische Regeln für Trinkwasserinstallationen – Teil 2: Planung, 2005.

Von Sascha Breuer
Leitung Produktentwicklung, ABA Beul GmbH
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