Trinkwasserhygiene

Moderne Verfahren der Rohrinnensanierung

Mittwoch, 23.11.2016

Derzeit sind Hauseigentümer, Eigentümergemeinschaften, institutionelle Anleger und Verwalter von einem oftmals hohen Renovationsstau im Bereich von Trinkwasserleitungssystemen betroffen. Ein generell steigendes Preisniveau im Bereich SHK verschärft vor dem Hintergrund sinkender Rücklagen die derzeitige Situation.

Ein Blick in die Statistik vermag wenig Hoffnung aufkommen zu lassen: der Großteil der Wohnungen ist deutlich älter als 35 Jahre, und mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit einer nachhaltigen Schädigung des Trinkwasserleitungssystems.

Starke Inkrustation in Trinkwasserleitung.
Quelle: Berkefeld Veolia
Hier hilft eine Rohrinnensanierung.

Was ist also zu tun und welche Alternativen stehen zur Verfügung?

Neben dem konventionellen Austausch des Leitungssystems bieten sich moderne Verfahren der Sanierung als Ergänzung oder Alternative zum Austausch an. Die konventionelle Sanierung verursacht hohe Kosten, starke Verschmutzungen und Beschädigungen der Wohnungen und ist sehr zeitaufwändig. Insbesondere bei vermieteten Objekten ist ein konventioneller Austausch vor diesem Hintergrund nur schwer vorstellbar. Hier sind zusätzlich die Kosten bei von Mietern durchgeführten Ein- und Umbauten (zum Beispiel Küche, Bad, etc.) zu berücksichtigen.

Die Vorteile der modernen Sanierungsform liegen auf der Hand. Hier wird repariert und nicht ausgetauscht! Neben dem Herstellungsaufwand für Material und Einbauteile wird der Aufwand für das Aufstemmen der Wände und den Abtransport des Bauschutts eingespart. Branchenschätzungen zufolge liegt das Volumen des eingesparten Bauschutts bei etwa 1 bis 1,5 Tonnen pro Wohneinheit. Auch der ökologische Fußabdruck ist bei der modernen, alternativen Technik des Rohrinnensanierungsverfahrens selbstverständlich geringer.

Was ist zu beachten?

Rohrinnensanierungsverfahren bedürfen spezieller Kenntnisse, Erfahrungen und Geräte, die nur wenige spezialisierte Betriebe wirklich besitzen. Die meisten dieser Betriebe haben sich zu dem Verband der Rohrinnensanierer zusammengeschlossen und unterwerfen sich den technischen Regeln dieses Verbandes, welche sich in der täglichen Sanierungspraxis seit 25 Jahren vielfach bewähren. Die Befolgung des Regelwerks stellt eine qualitativ hochstehende Renovierung sicher – Gewährleistungszusagen von bis zu zehn Jahren unterstreichen diesen Aspekt.

Wie wird eine Trinkwasserrohrsanierung durchgeführt?

Das Verfahren der Rohrinnensanierung von Trinkwasserleitungssystemen gliedert sich nach dem Regelwerk des VdRi in die Phasen Objektaufnahme, Trocknung des Rohrsystems, Entfernung der Verschmutzungen/Inkrustierungen, Beschichtung mittels speziellem Epoxidharz, Spülung des Leitungssystems mit Wasser und einer abschließenden, vollständigen Dokumentation der Einzelschritte des Verfahrens.

Der grundsätzliche Ablauf sieht so aus: Zunächst wird der Rohrleitungsstrang vom restlichen Leitungsnetz getrennt und vollständig entleert. Die am Strang befindlichen Armaturen, Eckventile, Wasseruhren und UP/AP Ventile werden demontiert und durch spezielle Anschlüsse mit Schlauchkupplungen ersetzt. Durch jede dieser Kupplungen wird nun kältegetrocknete und wieder erwärmte Luft in den Strang geblasen. Nach dem Ausblasen und Trocknen der Leitung werden die Inkrustationen entfernt. Dies geschieht durch einen Prozess vergleichbar mit bekannten Sandstrahlverfahren. Mit einer Strahlmaschine werden die Leitungen durch ein spezielles Granulat von innen gereinigt und Korrosionsprodukte zuverlässig entfernt. Nach dem Reinigen wird die Innenwandung des Leitungssystems mit einem speziellen Kunststoff ausgekleidet – so entsteht eine neue Rohroberfläche im alten Rohr. Abschließend wird eine vollständige Dokumentation der Einzelschritte inkl. Bildnachweisen erstellt und dem Kunden übergeben. Den Abschluss bildet die regelmäßige Untersuchung des Trinkwassers durch unabhängige Prüfinstitute.

Warum gibt es Gegenmeinungen?

Nicht immer ist sichergestellt, dass das anbietende Unternehmen dem Verband der Rohrinnensanierer angehört und nach dessen technischem Reglement arbeitet. Schlecht ausgeführte Sanierungen mit zweifelhaftem Erfolg können die Folge sein. Zusätzlich können Verfahrensgegner oftmals auch aus eigenen wirtschaftlichen Interessen eher an konventionellen Sanierungsverfahren interessiert sein.

Sind Gesundheitsgefahren zu befürchten?

Die Rohrinnensanierung durch Beschichtung mit einem Epoxidharz führt entgegen der oftmals erhobenen Vorwürfe nicht zu einer Gesundheitsgefährdung. Die Anforderungen, die die Trinkwasserverordnung an die Trinkwasserqualität stellt, werden nach Rohrinnensanierungen regelmäßig eingehalten. Wichtig ist: Die von den Mitgliedern des Verbandes der Rohrinnensanierer (VdRi) eingesetzten Harze bestehen nur aus Rohstoffen, die das Umweltbundesamt als im Kontakt mit Trinkwasser zulässig angesehen hat. Zu diesen Rohstoffen gehört auch Bisphenol-A als kritisch diskutierter Stoff. Bei ordnungsgemäßer Sanierung wird dieser Stoff ebenso wenig an das Trinkwasser abgegeben wie unerwünschte Stoffe aus Stahl-, Kupfer- oder Kunststoffleitungen.

Der derzeit gültige, übereinstimmend von Umweltbundesamt, dem Bundes­institut für Risikobewertung und der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA festgelegte Vorsorgewert von 12 µg Bisphenol-A/l liegt um ein Vielfaches über den – wenn überhaupt – messbaren Konzentrationen nach Rohrinnensanierungen (vgl. Studie: Zusammenfassung, Auswertung und Interpretation von Bisphenol A (und Epichlorhydrin) Messungen im Trinkwasser nach Rohrinnensanierung mit Epoxidharzen, VdRi 2015). Auf den Vorsorgewert des Umweltbundesamtes bezogen müsste ein Erwachsener jeden Tag bis an sein Lebensende bis zu 240 Liter Wasser trinken, um sich einem auch dann nur möglichen Risiko einer Gesundheitsbeeinträchtigung durch Bisphenol-A auszusetzen.

Ist eine Keimbelastung nach Rohr­innensanierungen wahrscheinlich?

In der Berichterstattung wird oft eine Verbindung zwischen Legionellenbelastung und Rohrinnensanierung hergestellt. Das stimmt nicht. Die Rohrinnensanierung trägt nicht zu einer Legionellenbelastung bei – im Gegenteil – sondern wird in deren Folge eingesetzt. Durch die durch Inkrustationen (Rost etc.) vergrößerte Oberfläche in unsanierten Trinkwasserleitungen und die daraus resultierende geringere Fließgeschwindigkeit nimmt die Wahrscheinlichkeit für Keimbelastungen zu. Rohrinnensanierungsverfahren können hier wirkungsvoll für Abhilfe sorgen.

Unstreitig ist, dass unabhängig vom eingesetzten Material (Kupfer, Stahl, Kunststoff, Sanierungsbeschichtung) die einschlägigen Regeln zum Betreiben von Trinkwasseranlagen wie zum Beispiel DIN 1988 und DIN 806 eingehalten werden müssen, um einer Keim- beziehungsweise Legionellenbelastung vorzubeugen. Übrigens: der von Verbandsmitgliedern eingesetzte Beschichtungsstoff entspricht den Kriterien der einschlägigen DVGW-Regel W 270 „Vermehrung von Mikro­organismen auf Werkstoffen für den Trinkwasserbereich – Prüfung und Bewertung“.

Ist der Austausch der Trinkwasserleitungen wirklich alternativlos?

Als wirkliche Alternative kommt der Leitungstausch oft aus Kosten- oder Zeitgründen nicht in Frage. Dies betrifft nicht nur kleinere Wohnobjekte (ETW, EFH), sondern gerade auch größere Vermieter, genossenschaftlich organisierte Eigentümer und Wohnungseigentumsanlagen. Die Rückstellungen reichen für einen Austausch des Trinkwasserleitungssystems meist nicht aus.

Häufig wird zudem übersehen, dass das sanierte Trinkwassersystem zudem Bestandsschutz hinsichtlich einschlägiger Brandschutzvorschriften genießt, welche bei einem Leitungsaustausch zu erheblichen zusätzlichen Kosten führen können. Die wirkliche Alternative zur Rohrinnensanierung lautet also oft, die Leitungen nur dort zu flicken, wo die Not am größten ist, und im Übrigen zu belassen. Diese flickwerkhafte Vorgehensweise wirkt sich negativ auf die Qualität des Trinkwassers aus und bietet damit den eigentlichen Anlass zur Besorgnis.

Ist die Trinkwasserleitungssanierung erlaubt?

Immer wieder wird von Verfahrensgegnern auf ein Urteil des Amtsgerichts Köln (Az. 201 C 546/10) hingewiesen, das die Rohrinnensanierung für unzulässig angesehen hatte. Diese Entscheidung, die in juristischen Fachkreisen als Fehlurteil angesehen wird, ist durch ein späteres Urteil des Amtsgerichts Köln (Az. 208 C 99/09) überholt. Dort hatte das Gericht den Nachweis verlangt, dass das Wasser der Trinkwasserverordnung entspricht. Und das war nach der Rohrinnensanierung der Fall.

Auch das Verwaltungsgericht Würzburg hat in einem nicht rechtskräftigen Urteil (Az. W 6 K 14.434) festgestellt, dass dort das Wasser den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Ob gleichwohl die Rohrinnensanierung unzulässig ist, weil es für sie kein technisches Regelwerk des DVGW gibt, wird der Bayerische Verwaltungsgerichtshof klären müssen. Und der Bundesgerichtshof erhält Gelegenheit, zu Warnungen einiger Wasserversorger vor der Rohrinnensanierung Stellung zu nehmen, nachdem das OLG Karlsruhe sie – ohne sich damit zu befassen, ob denn Gesundheitsgefahren überhaupt bestehen – für zulässig gehalten hatte.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Verfahren der Rohrinnensanierung mit Epoxidharz – richtig ausgeführt – eine sichere, kosteneffiziente und umweltschonende, moderne Sanierungstechnologie ist, die – langjährig erprobt – ihren Beitrag zur Lösung der vielfältigen Problemstellungen im Bereich Trinkwasser-Installation leistet.

Von Christian Sprute
Mitglied des Vorstands des Verbands der Rohrinnensanierer e.V.
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