Trinkwasserhygiene

Gesund und legionellenfrei aus dem Urlaub

Freitag, 16.09.2022

In Kürze geht es endlich wieder für viele Menschen auch aus der SHK-Branche in den Urlaub – oder manche haben ihn gerade hinter sich…

Das Bild zeigt eine Sensorarmatur.
Quelle: Schell GmbH & Co. KG
Abb. 1: Trinkwasser ist ein verderbliches Lebensmittel. In Deutschland muss es spätestens nach 72 Stunden durch Nutzung oder Spülungen ausgetauscht werden. In Europa erst nach 7 Tagen (EN 806-5).

Die Hotels und Pensionen sind nahezu ausgebucht und die Leerstände der letzten beiden Jahre gehören der Vergangenheit an. Doch der fehlende Wasserwechsel könnte Folgen haben, da auch das Trinkwasser in Gebäuden ein Haltbarkeitsdatum hat. Deswegen sollten für einen gelungenen Urlaub einige wenige Dinge beachtet werden, um sich gegen eine atypische Lungenentzündung durch Legionellen zu schützten.

Noch immer ist nicht ausreichend bekannt, dass auch Trinkwasser ein Haltbarkeitsdatum hat. In Gebäuden beträgt es lediglich 72 Stunden (Abb. 1). Danach muss es in jedem Hotel und jeder Wohnung gegen frisches Trinkwasser aus den Leitungen des Wasserversorgers ausgetauscht werden. Ansonsten können sich Legionellen im Trinkwasser warm und kalt von Gebäuden übermäßig vermehren, wenn das Trinkwasser kalt (PWC) über eine längere Zeit mehr als 25 °C aufweist und Trinkwasser warm (PWH) weniger als 55 °C, bzw. 50 °C in Ein- und Zweifamilienhäusern. Auch der Infektionsweg ist gut bekannt. Legionellen werden vor allem beim Duschen mit dem Wassernebel (Aerosol) eingeatmet und können dann eine atypische Lungenentzündung verursachen. An dieser sterben 10 bis 15 Prozent der Erkrankten. Das sind immerhin rund 3.000 Menschen pro Jahr in Deutschland (Quelle: RKI). Eine Übertragung von Mensch zu Mensch findet grundsätzlich nicht statt.

Doch es gibt auch europäische Daten, die vom Europäischen Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ecdc) erhoben und im Falle von Legionellen jährlich veröffentlicht werden. Der aktuellste Bericht ist im Mai 2022 erschienen und enthält die Daten aus dem Jahr 2020 (Abb. 2).

Die Grafik zeigt die Anzahl der Legionellen-Erkrankungen pro 100.000 Einwohner.
Quelle: Schell GmbH & Co. KG
Abb. 2: Anzahl der Legionellen-Erkrankungen pro 100.000 Einwohner (Quelle: European Center For Disease Prevention and Control (ecdc))

Männer und Sportler besonders gefährdet

Der Abbildung 3 ist zu entnehmen, dass zwei Drittel der gemeldeten Fälle auf Männer ab einem Alter von 45 Jahren entfallen. Weitere Risikogruppen sind Raucher, Immunsupprimierte und Leistungssportler. Letzteres mag viele verwundern, doch Hochleistungssportler gehen oftmals gerade kurz vor einem Wettbewerb an ihre Leistungsgrenzen. Daher sind sie gegenüber der Normalbevölkerung infektanfälliger. Und im Wettkampf erleiden sie zudem häufiger kleinere und größere offene Verletzung, die zwar bei Legionellen kaum eine Rolle spielen, aber für Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa eine erhöhte Bedeutung haben.

Weiterhin nutzen vor allem Sportler in Sportstätten trinkwasserführende Einrichtungen, wie Duschen, Whirlpools und Entmüdungsbecken, die für die Übertragung von Legionella- und Pseudomonas-Infektionen bedeutsam sind.

Die Grafik zeigt den Zusammenhang zwischen Männern und Legionellose.
Quelle: Schell GmbH & Co. KG
Abb. 3: Männer ab 45 Jahren haben das höchste Risiko, an einer Legionellose zu erkranken.

Wie minimiert man als Hotelgast sein Risiko?

Einer Dusche in Hotels, Pensionen und SPA-Bereichen sieht man nicht an, ob das Wasser mehr als 72 Stunden in den Leitungen gestanden hat. Also empfiehlt sich als Gast folgende Vorgehensweise, wenn die altbekannte Wiederinbetriebnahme gemäß VDI 3810 Blatt 2 / VDI 6023 Blatt 3 vorher stattgefunden hat: Vor der ersten Nutzung spült man jede Entnahmestelle für Trinkwasser kalt und warm einmal. Wenn das Kaltwasser sich am Handrücken nicht mehr erwärmt anfühlt, wurde ausreichend gespült. Danach wiederholt man diese Vorgehensweise in der Stellung warm und wartet, bis heißes Wasser kommt – doch Vorsicht, Verbrühungsgefahr!

Danach macht man dasselbe kurz in der Dusche. Um dabei ein möglicherweise gefährliches Wasser-Luft-Legionellen-Gemisch (Aerosol) erst gar nicht entstehen zu lassen oder gar einzuatmen, nimmt man die Brause in die Hand und lässt das Wasser auf kurzem Weg direkt in die Duschtasse ablaufen – dann ist auch das kritische Wasser im Brauseschlauch ausgetauscht. Dies ist lediglich am ersten Tag im Hotel und bei der Rückkehr zu Hause notwendig, weil anschließend wieder ein regelmäßiger Wasserwechsel stattfindet. So gelingt die Balance zwischen Wassersparen und Gesundheitsschutz. Wenn aber ohnehin elektronische Armaturen eingebaut sind, die automatisiert nach spätestens 72 Stunden ohne Nutzung einen Wasserwechsel herabeiführen, sind diese manuellen Spülmaßnahmen natürlich nicht notwendig (Abb. 1).

Gefahr in den Urlaubsregionen

Die Grafik zeigt jahreszeitliche Schwankungen der Anzahl reiseassoziierter gemeldeter Legionellenfälle.
Quelle: Schell GmbH & Co. KG
Abb. 4: Jahreszeitliche Schwankungen der Anzahl reiseassoziierter gemeldeter Legionellenfälle. Die verringerte Reisetätigkeit im Jahr 2020 führte wahrscheinlich zu der Unterbrechung der kontinuierlich ansteigenden Zahlen von 2016 bis 2019.

Die höchste Gefahr für eine Legionellose besteht in den Sommermonaten und bis in den Herbst hinein (Abb. 4). Bei der Bewertung dieser Daten sind jedoch vier Faktoren zu beachten:

1.) Es handelt sich um Durchschnittswerte aller an dieser Erfassung teilnehmenden Länder, unabhängig davon, ob sie in Südeuropa oder Nordeuropa liegen. 2.) Weiterhin darf das Trinkwasser in nahezu allen Ländern Europas bis zu 7 Tage in der Installation stagnieren (EN 806-5), in Österreich 96 Stunden (ÖNORM B 5019) und in Deutschland 72 Stunden. 3.) In dieser Erfassung sind alle gemeldeten Legionellenfälle erfasst, unabhängig davon, ob sie über das Trinkwasser, Kühltürme oder Klimageräte verursacht wurden. 4.) Es gibt eine drastische Untererfassung der Fälle, nicht nur der reiseassoziierten: Im Durchschnitt müssten es 18 bis 36 Fälle pro 100.000 Einwohner sein – es sind aber europaweit durchschnittlich lediglich 1,9 im Jahr 2020. Auch von Deutschland wurden lediglich 1.263 Fälle gemeldet (Faktor 1,5), obwohl es rund 30.000 sein müssten.

Abbildung 5 zeigt die Fälle von reiseassoziierter Legionellose, die nach der Rückkehr eines Reisenden diagnostiziert wurden und somit einem Urlaubsland zugeordnet werden konnte. Auch hier zeigte sich anhand der Kreisgrößen der Rückgang der Reisetätigkeit im ersten Corona-Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 (Abb. 4).

Die Grafik zeigt in welchen Ländern sich weltweit Reisenden am häufigsten infiziert haben.
Quelle: Schell GmbH & Co. KG
Abb. 5: Die Größe der Kreise zeigt, in welchen Ländern sich weltweit Reisenden am häufigsten infiziert haben. Diese wurden bei ihrer Rückkehr positiv auf eine Legionellose getestet.

Was tun bei Unwohlsein?

Von der Infektion bis zur Erkrankung dauert es 2 bis 10 Tage. Bei grippeähnlichen Symptomen und insbesondere bei Husten und Kurzatmigkeit sollte man einen Arzt aufsuchen und mit ihm über die Möglichkeit einer Legionellose sprechen (Abb. 6). Denn noch immer werden in Europa lediglich 5 bis 10 Prozent aller Legionellosen erkannt und gemeldet. Das kann Folgen haben, denn gegen eine Lungenentzündung durch Legionellen helfen lediglich spezifische und teure Antibiotika. Die üblichen Antibiotika sind deutlich günstiger und werden daher oftmals zuerst bei einer Lungenentzündung verschrieben. Sie sind jedoch bei einer Legionellose unwirksam. Daher ist es so wichtig, dass Ärzte diese Art der Lungenentzündung mit in Erwägung zu ziehen.

Die Grafik zeigt Symptome der atypischen Lungenentzündung Legionellose.
Quelle: Schell GmbH & Co. KG
Abb. 6: Symptome der atypischen Lungenentzündung Legionellose

Fazit

Erkrankungen durch Legionellen sind ein weltweites Phänomen mit einer dramatisch hohen Untererfassung selbst in Europa. Gerade zu Beginn einer Reisesaison und bei der Rückkehr nach Hause besteht für die Nutzer ein erhöhtes Risiko, wenn mehr als 72 Stunden kein Wasserwechsel stattgefunden hat und das Trinkwasser kalt deutlich mehr als 25 °C aufweist. Vor diesem Hintergrund und den verstärkt laufenden Klimaanlagen steigt gerade in den Sommermonaten die Gefahr einer Erkrankung. Um dieses Risiko zu minimieren, helfen die beschriebenen Vorgehensweisen in Hotels und bei der Rückkehr nach Hause.

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