Trinkwasserhygiene

Fremderwärmung von kaltem Trinkwasser gefährdet Hygiene

Montag, 01.05.2017

Bei der Planung von Trinkwasser-Installationen lag der Fokus bisher vor allem auf Verteilleitungen für Trinkwasser warm (PWH). Neueste Untersuchungen von Viega bestätigen aber auch zunehmende Risiken durch Fremderwärmung für Trinkwasser kalt (PWC). Wirkungsvoll verhindern lässt sich das durch eine hygienebewusste Leitungsführung.

Die Fremderwärmung von Trinkwasser kalt in Trinkwasser-Installationen liegt in den modernen Bautechniken begründet. In abgehängten Decken, zum Beispiel in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen, können horizontal weitläufige Verteilsysteme einfach installiert werden. Durch vielfältige wärmeführende Medienleitungen, aber beispielsweise auch Einbaustrahler, werden dabei jedoch hohe Wärmelasten in die Hohlräume eingetragen. Diese Wärme geht dann – wenn auch durch die vorgeschriebenen Dämmschichtdicken der Rohrleitungen verzögert ‒ auf das Trinkwasser kalt über.

In Trockenbauwänden sind davon besonders die Anschlussleitungen von Entnahmearmaturen betroffen, die warmwasserseitig in den Zirkulationskreis (PWH-C) einbezogen wurden. Während der üblichen Stagnationszeiten führt das in den Rohrleitungen für Trinkwasser kalt zu einem hygienekritischen Temperaturanstieg.

Die Grafik zeigt unterschiedliche Temperaturen in den Wandscheiben.
Quelle: Viega
Unterschätztes Risiko: Durch die dauerhaft über die PWH-Zirkulation durchströmte Wandscheibe erwärmt sich die Entnahmearmatur, es kommt im Kaltwasser-Bereich zu hygienekritischen Temperaturen.

Aber auch in den Entnahmearmaturen selbst werden dadurch hygienische Risiken für die Trinkwassergüte generiert. Die kontinuierlich mit ca. 60 °C durchströmte Doppelwandscheibe erzeugt dann über die Armatur einen massiven Wärmeübertrag auf die "stehende" Kaltwasser-Seite. So entstehen dort nach kurzen Stagnationszeiten schnell Temperaturen von mehr als 30 °C, die Verkeimungen begünstigen. Das hat Viega durch umfangreiche Untersuchungen sowohl messtechnisch als auch rechnerisch nachgewiesen.

Die Grafik zeigt den hygienekritischen Temperaturanstieg in Kaltwasser führenden Leitungen.
Quelle: Viega
Über umfassende Untersuchungen hat Viega unter anderem diesen hygienekritischen Temperaturanstieg in Kaltwasser führenden Leitungen nach nur gut zwei Stunden Dauer nachgewiesen.

Dämmen und Spülen

Um die Hygienerisiken durch Wärmeübergang in Schachtinstallationen zu vermeiden, genügen bei bestimmungsgemäßem Betrieb in aller Regel Dämmschichtdicken gemäß DIN 1988-200. Das bestätigen entsprechende Berechnungen nach der Finite Elemente Methode (FEM). In abgehängten Decken mit hohen Wärmelasten ist erfahrungsgemäß eine verlässliche Temperaturhaltung nur durch einen gesicherten Wasseraustausch beispielsweise über ein Spülsystem sicherzustellen.

Keine Doppelwandscheiben in PWH-Zirkulation

Um den hygienekritischen Wärmeübergang an den Entnahmearmaturen in Trinkwasser-Installationen auszuschließen, sollten diese warmwasserseitig generell nicht über eine Doppelwandscheibe in den Zirkulationskreis eingebunden werden. Stattdessen ist eine hinreichend lange Abkühlstrecke von 10xDN mit Wärmestrom von oben nach unten vorzusehen. In Trockenbauwänden kann es für den Erhalt der Trinkwassergüte sinnvoll sein, bereits aus der abgehängten Decke kommend die Armatur ohne Zirkulation anzuschließen.

Die Grafik zeigt ein Installationsbeispiel aus einer Pflegeeinrichtung.
Quelle: Viega
Installationsbeispiel aus einer Pflegeeinrichtung mit Verteilleitungen in der abgehängten Decke und ebenfalls horizontal endendem PWH-C-System.

Dadurch ergeben sich zwar Anschlussleitungen von 2 bis 3 Meter Länge und Ausstoßzeiten von wenigen Sekunden, aber es werden keine unnötigen Wärmelasten in die für den Schallschutz mit Mineralwolle ausgestopften Wände getragen. Bei parallel verlegten Anschlussleitungen zu PWC kommt es andernfalls schnell zu kritischen Erwärmungen > 25 °C.

Ein erhöhtes hygienisches Risiko durch Stagnation gegenüber den Mindestlängen der Abkühlstrecke ist dadurch nicht zu erwarten.

Dämmung beachten

Vom Grundsatz her vergleichbar stellt sich die Auslegung von Trinkwasser-Installationen in Sportstätten oder den Sozialräumen eines Gewerbebetriebes mit typischen Reihenanlagen dar, auch wenn hier eine in die Zirkulation PWH-C eingebundene Warmwasserleitung in der Vorwand geführt wird.

Die Grafik zeigt ein Installationsbeispiel einer Reihenanlage.
Quelle: Viega
Installationsbeispiel einer Reihenanlage, wie sie für Sportstätten oder Gewerbebetriebe typisch ist. Die Dämmung der Trinkwasserleitung PWH sorgt in Kombination mit den Absorptionsflächen für die geringen Wärmelasten dafür, dass der Temperaturanstieg in der Vorwand unkritisch bleibt.

Bei fachgerechter Dämmung ist diese Rohrleitung hygienisch unkritisch, da sie den Hohlraum in der Vorwand nur geringfügig erwärmt. Es findet also kein nennenswerter Wärmeübergang auf die Rohrleitungen für Trinkwasser kalt statt.

Doppelwandscheiben in der Wohnung

Doppelwandscheiben zum Schutz vor Stagnation können wie gewohnt in Reihen- oder Ringleitungen PWH eingesetzt werden, die nicht in den Zirkulationskreis PWH-C einbezogen sind. Dazu zählt beispielsweise eine typische Etageninstallation ‒ auch mit dezentraler Trinkwassererwärmung oder Versorgung über Wohnungswasserzähler. In beiden Fällen ist ein PWH-System mit Zirkulation ohnehin nicht möglich beziehungsweise nicht sinnvoll, so dass auch keine Risiken für die Erwärmung der Rohrleitungen für PWC bestehen. Außerdem fallen diese Installationen unter die 3-Liter-Regel mit hygienisch als unkritisch zu betrachtenden Wasservolumina.

Die Grafik zeigt ein Installationsbeispiel einer Trinkwasser-Anlage.
Quelle: Viega
Installationsbeispiel einer Trinkwasser-Anlage zum Beispiel in einer Wohnung. Hier ist das Erwärmungsrisiko für PWC in der Regel auch in einer ungedämmten Vorwand absolut vernachlässigbar.

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