SHK-Systemtechnik

Ökonomische Temperaturhaltung durch Kaltwasser-Zirkulation

Dienstag, 03.12.2019

Eine Vielzahl von nationalen und internationalen Regelwerken machen Vorgaben für den Erhalt der Trinkwasserhygiene. Beobachtungen aus der Praxis...

...zeigen aber immer noch, dass in der Gesamtkette Planung, Ausführung und Betrieb massive Verletzungen grundlegender Anforderungen der Trinkwasserhygiene vorkommen, die Ursache für die Schaffung optimaler Wachstumsbedingungen für Mikroorganismen insbesondere auch im Trinkwasser Kalt sind. Dieser Beitrag geht zunächst auf die Folgen durch erhöhte Umgebungslufttemperaturen ein und beschreibt im Anschluss die daraus resultierenden Maßnahmen zur technischen Umsetzung.

Grundlagen

Trinkwasser ist nicht steril, sondern enthält auch bei Erfüllung aller gesetzlichen Anforderungen in allen Stufen der Gewinnung bis zur Verteilung an den Nutzer eine Vielzahl von Mikroorganismen, die in der Regel für den Menschen ungefährlich sind. Aber auch fakultative, opportunistische Krankheitserreger wie Legionellen, atypische Mykobakterien, Pseudomonas aeruginosa und eine wachsende Zahl weiterer Bakterien finden speziell im Lebensraum der Trinkwasserinstallation in Gebäuden optimale Lebens- und Vermehrungsbedingungen - sowohl im Warm- als auch im Kaltwasser. Bei Personen mit prädisponierenden Faktoren wie hohes Alter, Immunschwäche, Immunsuppression oder chronischen Grunderkrankungen können diese Erreger sehr schwere Erkrankungen auslösen. Fakultative Krankheitserreger sind perfekt an die Verhältnisse in den Trinkwasserinstallationen PWC und PWH angepasst und können sich dort zu gesundheitsgefährdenden Konzentrationen vermehren. Sie sind hochresistent gegen Desinfektionsmittel, hohe Temperaturen und interagieren perfekt mit dem Mikrobiom „Trinkwasser“ (z.B. Biofilm, Einzeller, VBNC-Stadien). Von besonderer Bedeutung für Konstruktion und Betrieb von Trinkwasserinstallationen ist ihre ausgeprägte Stagnationsresistenz, die ihnen unter den Bedingungen von Wasserstillstand Vermehrungsvorteile gegenüber anderen Bakterien verschafft. Aus vielen Ländern wird über eine kontinuierliche Zunahme von Infektionen durch diese Erreger berichtet. Dies macht deutlich, dass gezielte und wirksame Präventivstrategien dringend weiterentwickelt werden müssen, die insbesondere die Faktoren Nahrung, Temperatur und Stagnation umfassen sollten.

Grafische Darstellung der simulierten Werte für den Volumenstrom Induktion sowie der Austrittstemperaturen des Trinkwassers kalt in der Ringleitung mit Strömungsteiler bei einer Impulsspülung alle 4 Stunden.
Quelle: Dr. Lars Rickmann
Bild 1: Grafische Darstellung der simulierten Werte für den Volumenstrom Induktion sowie der Austrittstemperaturen des Trinkwassers kalt in der Ringleitung mit Strömungsteiler bei einer Impulsspülung alle 4 Stunden.

Die Praxis zeigt, dass in der Gesamtkette Planung, Ausführung und Betrieb immer noch massive Verletzungen grundlegender Anforderungen der a.a.R.d.T. und damit der Trinkwasserhygiene vorkommen. Das ist u.a. darauf zurückzuführen, dass in den vergangenen Jahrzehnten die Komfortansprüche gestiegenen sind und Trinkwasser heute über eine Vielzahl von Entnahmestellen als kaltes oder warmes Trinkwasser für den Verbraucher bereitgestellt wird. Die Bedarfsdeckung konzentriert sich dadurch nicht mehr nur auf wenige Entnahmestellen mit kurzen Fließwegen im Gebäude, sondern erfolgt über ein weitverzweigtes Rohrleitungssystem. Bedingt durch die große Anzahl von Entnahmestellen ist die Benutzungsfrequenz der einzelnen Armaturen eher gering. Dabei liegt die Benutzungsfrequenz der Entnahmearmaturen in Wohngebäuden tendenziell höher als z.B. in öffentlichen Gebäuden oder Krankenhausinstallationen. Gleichzeitig hat sich der durchschnittliche Wasserverbrauch, insbesondere bei Trinkwasser Kalt in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich verringert. Die daraus resultierenden längeren Verweilzeiten von Trinkwasser Kalt in der Anlage bei erhöhten Umgebungslufttemperaturen sind hier die Ursache für die Schaffung optimaler Wachstumsbedingungen für Mikroorganismen.

Temperaturerhöhung des kalten Trinkwassers in einer stagnierenden Leitung DN 15 (Werkstoff: Kupfer oder Edelstahl), gedämmt nach DIN 1988-200/EnEV.
Quelle: Prof. Dipl.-Ing. Bernd Rickmann
Bild 2: Temperaturerhöhung des kalten Trinkwassers in einer stagnierenden Leitung DN 15 (Werkstoff: Kupfer oder Edelstahl), gedämmt nach DIN 1988-200/EnEV.

Einfluss innerer und äußerer Wärmelasten

In Installationsbereichen sorgen neben warmgehenden Leitungen der Sanitär- und Heizungstechnik weitere Wärmequellen – etwa aus der Elektro- und Klimatechnik –für Umgebungslufttemperaturen, die erfahrungsgemäß deutlich höher liegen als 25° C.

Der Wasserinhalt einer hier installierten kalten Trinkwasserleitung würde selbst bei hochwertiger Dämmung gemäß DIN 1988-200 in einer kurzen Stagnationsphase bis auf Umgebungstemperatur erwärmt werden. Die Folge: Bei Wasserentnahme tritt kurzzeitig übererwärmtes Kaltwasser mit Temperaturen > 25° C aus der Entnahmearmatur aus.

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