Erst Corona, dann kein Material, jetzt ganz hohe Preise...

Mittwoch, 25.08.2021

Wir haben es ohnehin schwer genug, uns im dreistufigen Vertriebsweg zu behaupten. Wir kämpfen jeden Tag darum, Kunden nicht an den Onlinehandel zu verlieren. Die völlig außer Kontrolle geratene Preisspirale beschert uns da zur Unzeit einen wachsenden Vertrauensverlust der Endkunden. Wenn Materialpreissteigerungen sich im üblichen zeitlichen Rahmen bewegen, können wir damit kalkulieren. Aber doch nicht wenn – wie jetzt geschehen – kurzfristig Steigerung auf Steigerung erfolgt. Die Preise galoppieren; die Medien sprechen schon von einer ,„Bauflation‘. Der Preis ist heiss – zu heiss!

Ich appelliere deshalb an alle Hersteller und Großhändler unserer Branche: Reicht Eure Preiserhöhungen ,verträglich‘ weiter. Begründet sie. Macht sie transparent. Konfrontiert uns nicht mit so kurzen Fristen, dass unsere Materialkalkulationen das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen. Massive und überraschende Preissprünge können wir eben nicht an unsere Kunden weiterreichen. Wir sind die Gelackmeierten. Vertrauen in unsere Liefer- und Kundenbeziehungen ist ein hohes Gut. Und es wird immer wichtiger für den Erfolg am Markt. Ich kann nur warnen: Verspielt dieses Vertrauen nicht.

Meinen Kolleginnen und Kollegen in den Innungsbetrieben empfehle ich: Befristet Eure Angebote! Oder verseht sie zumindest mit einem Preissteigerungsvorbehalt. Eine weitere Option, kurzfristigen Preissteigerungen nicht tatenlos zusehen zu müssen, besteht darin, sich angebotsbezogen angefragte Einkaufspreise bis Projektabschluss zusichern zu lassen. Ein Merkblatt des ZVSHK gibt hierzu weitere Hinweise und Tipps.“

Auf Begeisterung gestoßen ist dieser – verständlicherweise flammende – Appell bei den Herstellern – ebenso verständlicherweise – allerdings nicht wirklich... Und beim Großhandel? Da faszinierte beispielsweise an einer Abholtheke ein großes Banner, auf dem der Händler im Zeitstrahl zu den „Schnelldrehern“ beim Installationsmaterial (hier: Rohrleitungssysteme) fein säuberlich untereinander auflistete, welcher Hersteller wann in welcher Größenordnung in den vergangenen Wochen die Preise angehoben hat – und dahinter stand die (täglich aktualisierte) Preissteigerung in Summe. Die klare Botschaft: 1. Nicht wir sind die Bösen; und 2. Schaut genau hin, welche Produkte ihr, wie, substituieren könnt. Wenn denn der Lieferant auch liefern kann; aber die Frage stellt sich ja erst im nächsten Schritt...

Wo bleibt´s hängen, aus Sicht des Endkunden? Am Handwerk! Trotzdem sollten Werkstoffe, beispielsweise bei Rohrleitungssystemen, nicht „einfach so“ substituiert werden, warnt das Deutsche Kupferinstitut.
Quelle: Martin
Wo bleibt´s hängen, aus Sicht des Endkunden? Am Handwerk! Trotzdem sollten Werkstoffe, beispielsweise bei Rohrleitungssystemen, nicht „einfach so“ substituiert werden, warnt das Deutsche Kupferinstitut.

„Nicht einfach substituieren!“

Genau vor diesem „reflexhaften Substituieren“ warnt, wenn auch aus anderen Gründen, ebenso Michael Sander, Geschäftsführer des Deutschen Kupferinstituts: „Natürlich ist die Lage angesichts der teilweise deutlichen Preissteigerungen der vergangenen Wochen speziell für das Fachhandwerk schwierig. Heizungs- und Trinkwasser-Installationen vor diesem Hintergrund aber von Kupfer beispielsweise auf Kunststoff umzustellen, ist problematisch. Zum einen reagieren vor allem junge, ressourcenbewusste Bauherren auf den Werkstoff sehr sensibel, da er im Gegensatz zu Kupfer kaum recycelbar ist. Zum anderen muss in größeren Objekten vor der Umstellung auf jeden Fall die Auslegung neu gerechnet werden, weil sich aufgrund der unterschiedlichen Widerstandsbeiwerte von metallenen zu Kunststoff-Systemen Nennweiten teilweise signifikant ändern können, wenn der Versorgungskomfort erhalten bleiben soll.“

Dass metallene Rohrleitungssysteme unter Preisdruck geraten, sei generell zunächst einmal nicht ungewöhnlich, so Michael Sander weiter: „Grundsätzlich gibt es schon immer die Substitution von einem Werkstoff X, wie beispielsweise Kupfer, durch andere Werkstoffe. Das ist regelmäßig in der Folge von Preisveränderungen am Weltmarkt zu beobachten, wie aktuell. ... .“ Aufgrund der einzigartigen Eigenschaften von Kupfer sei der Werkstoff aber letztlich auch hier nur bedingt zu ersetzen, da seine hervorragende Langzeitstabilität, die 100-prozentige Wiederverwertbarkeit nach dem Ende der Gebäude-Nutzungsdauer oder die herstellerunabhängige Kompatibilität der Rohre auf der Baustelle wesentlich stärker den Wünschen der Bauherrn und den Anforderungen des Fachhandwerks entgegenkommen.

Von Eckhard Martin
Chefredaktion SanitärJournal
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