SHK-Systemtechnik

Die Dämmung Styropor fliegt uns noch um die Ohren

Dienstag, 27.12.2016

In den letzten Wochen hatte es sich was mit der „stillen und heiligen Nacht“; zumindest in Dachdeckerkreisen. Denn die sind vom vorauseilenden Gehorsam mancher Bundesländer, HBCD-haltiges Polystyrol (vulgo: Styropor) als gefährlichen Stoff einzustufen, ausgesprochen kalt erwischt worden.

Das Bild zeigt einen Handwerker, der seinem Kollegen auf dem Gerüst eine Styropor-Platte anreicht.
Quelle: Eckhard Martin
Mit Styropor ist schnell gedämmt. Die Frage ist: Was kommt danach, in einigen Jahrzehnten, wenn das dauerhaft verklebte Material auch wieder vom Baukörper gelöst und dann irgendwie entsorgt werden muss…

Die beliebte billige Massendämmung war als entsprechender Baustellenabfall im Zuge einer Sanierung nämlich ab sofort kaum noch zu entsorgen. Transportieren durften ihn die Handwerker ohne entsprechende „Gefahrgutlösung“ eigentlich auch nicht, lagern ebenfalls nicht, die meisten „thermischen Verwertungsanlagen“ konnten ihn außerdem mangels Zulassung noch nicht einmal verbrennen. Insgesamt also eine echte politische Meisterleistung des Weiterdenkens, wenn über bestimmten Entscheidungen nur die Stichworte „Umweltschutz“ und „EU-Richtlinie“ stehen…

Der erste Druck ist jetzt aber seit ein paar Tagen vom Kessel. Erst die Länderkammer, dann das Bundeskabinett haben den Beschluss erstmal ausgesetzt. „Erstmal“, weil es meines Erachtens nur eine Frage der Zeit ist, bis das Thema wieder aufkocht.

Warum? Weil Polysterol erstens generell tatsächlich problematisch ist. Unter Lichtausschluss baut es biologisch beispielsweise nicht ab. Stattdessen kommt es – wenn nicht verbrannt wird – mechanisch kleinst zerrieben irgendwann eventuell in die Nahrungskette. Außerdem ist das in flammgeschütztem EPS enthaltene Hexabromcyclododecan (HBCD) als „sehr giftig für Wasserorganismen“ eingestuft, mit langfristiger Wirkung. Zum anderen kommen in zehn oder zwanzig Jahren Mengen von Polysterol aus dann schon wieder überholten Sanierungsfällen auf uns zu – beispielsweise zehntausende Quadratmeter Ex-Fassade aus Plattenbauten in den neuen Bundesländern. Und ob dann die Kapazitäten in den „thermischen Verwertungsanstalten“ dafür ausreichen, die Filteranlagen entsprechend den dann auch wieder neusten Erkenntnissen nach ausgelegt sind – ich wage es zu bezweifeln.

Denn ein jetzt ausgesetzter Beschluss heißt ja erfahrungsgemäß noch lange nicht, dass dann im politischen Raum auch das Problem als solches strukturiert angegangen wird. Stattdessen, steht zu befürchten, wird die Styropordämmung das Asbestproblem des kommenden Jahrhunderts. Aber jetzt, zum Jahreswechsel 2016/2017, haben wir es ja erstmal angepackt, und dann wieder weggelegt…

Von Eckhard Martin
Chefredaktion SanitärJournal

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