Inhaltsverzeichnis

Baulicher Brandschutz als Rückgrat der Gebäudesicherheit

Freitag, 29.05.2020

Bedarf an qualifizierter Fachbauleitung

Neben der Notwendigkeit, dass zum Beispiel zwischen Architekten, TGA-Planern und auch Errichtern von Anlagen die Gestaltung von Technikräumen, Leitungsschächten und sonstigen Leitungstrassierungen abgestimmt und die jeweiligen Planungen aufeinander abgestimmt werden, bedürfen größere Bauvorhaben erfahrungsgemäß auch einer qualifizierte Fachbauleitung.

Eine genau Größe, ab wann diese notwendig ist, lässt sich nicht ohne Weiteres festlegen. Zuweilen wird diese Fachbauleitung bereits heute in Baugenehmigungen vorgeschrieben. Erfahrungsgemäß kommt es aber selbst bei Mehrfamilienhäusern mit mehr als 8 Wohneinheiten häufig schon zu Fragestellungen, die die Hochbauleitung fachlich oder quantitativ nicht mehr vollumfassend und in der gebotenen zeitlichen Kürze klären kann.

Hinzu kommt, dass erfahrungsgemäß die im Bauantragsverfahren eingebundenen Brandschutzplaner nach Erteilung der Baugenehmigung entweder gar nicht mehr oder nur noch zur Fortschreibung der Brandschutzplanung eingebunden sind. Beachtet man zusätzlich, dass ein Brandschutzkonzept schon aufgrund seiner Aufgabenstellung nicht bis auf die Ebene der ausführungsbezogenen Detailplanung auflöst, sind die Ausführenden und auch die Hochbauleitung häufig allein gelassen. Eine qualifizierte Fachbauleitung Brandschutz kann diese Lücke zwischen dem Brandschutzkonzept und der Bauausführung helfen zu schließen. Neben grundsätzlichen Aufgaben, zu denen auch die Einweisung der einzelnen Gewerke in die für ihren Bereich spezifischen Brandschutzbelange zwingend zählt, gehören auch die Überwachung der Umsetzung zu den Anforderungen eines Fachbauleiters.

So muss ein Fachbauleiter frühzeitig mögliche Kollisionen zwischen Gewerken erkennen und daraus entstehenden Problemen in Zusammenarbeit mit anderen Projektbeteiligten entgegenwirken. Weiterhin muss für den ausschließlichen Einsatz zugelassener und passender Systeme gesorgt und der Umgang mit Abweichungen vom Verwendbarkeitsnachweis überwacht werden. Die Aufgaben der Fachbauleitung Brandschutz sind vielfältig |3. Ihr kommt insbesondere eine Schlüsselrolle bezüglich der Sicherstellung eines funktionierenden baulichen Brandschutzes zu. Dazu muss sie allerdings auch ausreichend häufig vor Ort sein, da viele relevante Installationen bereits kurz nach ihrer Ausführung durch Bauteile oder Verkleidungen verdeckt werden.

Gerade beim Bauen im Bestand kommt einer örtlichen Fachbauleitung große Bedeutung zu. Egal wie umfassend im Vorhinein geplant wurde, können bei Bestandsmaßnahmen nicht alle auftretenden Situationen im Voraus mit hinreichender Sicherheit vorhergesagt werden. Daher ist es gerade in diesen Fällen notwendig, dass die Fachbauleitung hier rechtzeitig richtige Entscheidungen anhand der jeweils konkreten Situation trifft. Der Ruf nach immer mehr Fachingenieuren auf den Baustellen geht an dieser Stelle aber fehl. Gerade erfahrene Baupraktiker, die eine fundierte Ausbildung im Bereich der Bauhauptgewerke und eine langjährige praktische Erfahrung in der Bauausführung haben, können nach entsprechender Qualifizierung und Einarbeitung gerade die vielen ausführungspraktischen Probleme rechtskonform lösen. Eine Möglichkeit des Rückgriffs auf die verantwortlichen Brandschutzplaner wird hier natürlich vorausgesetzt.

Funktionsweise der Abschottung bei einer Brandschutzmanschette.
Quelle: Doyma GmbH & Co
Funktionsweise der Abschottung bei einer Brandschutzmanschette.

Dokumentation und Instandhaltung

Kennzeichnungs- und Dokumentationspflichten ergeben sich insbesondere aus den Verwendbarkeitsnachweisen der eingesetzten Bauprodukte beziehungsweise -arten. Allerdings ist die Dokumentation außer für die Erfüllung der vorgenannten Anforderungen insbesondere auch für den sicheren und wirtschaftlichen Gebäudebetrieb und spätere Änderungen von erheblicher Bedeutung.

Ohne eine umfassende Dokumentation ist es nicht nur sehr schwer, später zu erkennen, wie und ob eine Bauart richtig ausgeführt wurde. Darüber hinaus kann, bei fehlender Dokumentation, nicht sicher festgestellt werden, ob für eine konkrete Situation Bestandsschutz besteht. So kann es zum Beispiel sein, dass eine Leitungsabschottung zwar zum Zeitpunkt ihrer Errichtung korrekt ausgeführt wurde, aber dieser Zeitpunkt sich im Nachhinein nicht mehr genau feststellen lässt. Damit lassen sich auch nicht die bauzeitlich geltenden Anforderungen feststellen. Hierdurch ist die Inanspruchnahme eines Bestandsschutzes bereits an dieser Stelle ausgeschlossen.

Status quo und notwendige Entwicklung

Gegenwärtig werden eine Detailplanung des Brandschutzes und insbesondere die Maßnahmen des baulichen Brandschutzes in der Praxis häufig vernachlässigt. Dies ist kein Verschulden der Ersteller von Brandschutzkonzepten, da diese Tätigkeit regelmäßig nicht in ihren Aufgabenbereich fällt |4. Sie definieren nur die Anforderungen an Bauteile und damit das vergleichsweise grobe Skelett des Brandschutzes. Im Grunde ist das von ihnen geschuldete Werk eine funktionale Beschreibung des gebäudebezogenen Brandschutzes für das konkrete Bauwerk. Vielfach zeigt sich leider, dass im Rahmen der Ausführungsplanung keine hinreichende Detaillierung der konkreten Ausführung des Brandschutzes erfolgt. Diese muss zukünftig sichergestellt werden, um das volle Potential des Brandschutzes zu nutzen. Fraglich ist, ob eine herstellerneutrale Ausschreibung dann noch ohne weiteres möglich ist, da aufgrund der Zulassungsumfänge eine Festlegung auf konkrete Produkte gerade im Hinblick auf die gewerkeübergreifende Planung notwendig ist.

Weiterhin muss ein System der brandschutztechnischen Fachbauleitung beziehungsweise Bauüberwachung in Deutschland etabliert werden. Dies gewährleistet, dass die norma­tiven Anforderungen auf einem risikoadäquaten Niveau mit passenden und korrekt ausgeführten brandschutztechnischen Maßnahmen erfüllt werden. Vielleicht kann hier ein Blick in die Schweiz und auf das dort eta­blierte System der Qualitätssicherung im Brandschutz helfen.

|1 Statistisches Bundesamt, GENESIS Online, Tabelle 23211-0001 – Abgerufen 03.11.2019, 17:45.

|2 Center of Fire Statistics CTIF, 2018, No. 23, Tabelle 7; www.ctif.org.

|3 Siehe hierzu ausführlich: Michael Juch, Praxishandbuch Fachbauleitung Brandschutz, Köln 2018.

|4 Zu den Leistungsbereichen siehe: AHO-Fachkommission „Brandschutz“, Nr. 17, Leistungen für den Brandschutz, 3. Auflage, Berlin 2015.

Von Carsten Janiec
Leiter Vertriebsmanagement Brandschutzsysteme bei Doyma
Aktuelle Bewertung
Noch keine Bewertungen vorhanden
Ihre Bewertung
Vielen Dank für Ihre Bewertung.

Sie haben eine Frage zu diesem Artikel? Dann stellen Sie der Redaktion hier Ihre Fachfrage!

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Möchten Sie die aktuellen Artikel per E-Mail erhalten?

Einloggen

Login / Benutzername ungültig oder nicht bestätigt

Passwort vergessen?

Registrieren

Sie haben noch kein Konto?
Dann registrieren Sie sich jetzt kostenfrei!
Jetzt registrieren

 

Expertenfragen

„Frag‘ doch einfach mal – einen Experten!": Nach diesem Motto können Sie als Nutzer der TGA contentbase hier ganz unkompliziert Fachleute aus der Gebäudetechnik-Branche sowie die Redaktion der Fachzeitschriften HeizungsJournal, SanitärJournal, KlimaJournal, Integrale Planung und @work zu Ihren Praxisproblemen befragen.

Sie wollen unseren Experten eine Frage stellen und sind schon Nutzer der TGA contentbase?
Dann loggen Sie sich hier einfach ein!

Einloggen
Sie haben noch kein Konto?
Dann registrieren Sie sich jetzt kostenfrei!
Registrieren